Wickelblues & Wimperntusche (German Edition)
abfangen.“
Ich war zwar nicht ganz so schnell wie meine Tochter, bekam die Nachricht aber auch so zusammen: „Svenja und Kim geht es gut, sie vermissen dich“, stand wenig später auf dem Display.
Lotta schaute mir über die Schultern und schüttelte den Kopf. „Das reicht nicht.“
Nach kurzem Überlegen setzte ich hinzu: „Bring eine Rose mit, dann bist du ihr Held. Kopf hoch, es wird schon werden. Yvi“
Ich war gerade dabei, die Erstlingswäsche und ein paar Sachen für Svenja in meiner Sporttasche zu verstauen, da klingelte es an der Tür. Hoffentlich nicht Mareike, so weit war ich noch nicht!
Ich schlurfte zur Tür und öffnete mit einem müden Lächeln, das beim Anblick des unerwarteten Besuches gefror.
„Du?“
„Ich freue mich auch, dich zu sehen, Yvi. Wo ist sie?“, fragte der adrett gekleidete, etwas untersetze Mann mit schwarzen Locken, weichen Gesichtszügen und den blauesten Augen der Welt. „Svenja, mein Herzblatt“, rief er theatralisch und drängte an mir vorbei in den Flur.
„Robert? Ich dachte, du bist in London und verhandelst über ein neues Engagement!“
„Na hör mal! Da bringt meine Tochter ein Kind zur Welt und du fragst, was ich hier will?“
„Deine Tochter?“ Trotz aller guten Vorsätze wurde meine Stimme spitz. „Das fällt dir aber früh ein. Woher weißt du überhaupt davon?“
„Weil mir das Schicksal eine überaus einfühlsame Schwiegermutter beschert hat“, antwortete er und schickte Lotta ein strahlendes Lächeln, für das sie sich mit einer Kusshand bedankte.
„Warum sollte Robert nicht mitkommen, Yvonne?“
Um nicht zu platzen ballte ich abwechselnd beide Hände zur Faust und löste sie wieder. „Weil er kein Recht darauf hat! Und weil Svenja nicht ... ich übrigens auch nicht, und ... außerdem ist kein Platz mehr im Wagen.“
„Kein Problem, dann fahren wir eben in meinem“, strahlte Robert.
„Und wenn Svenja dich nicht sehen will?“ Oh nein, ich gönnte ihm den Großvater nicht, nicht nachdem er uns verlassen hatte.
„Dann werfe ich euch allesamt raus und spreche ein paar persönliche Worte mit ihr. Ein Vater-Tochter-Gespräch sozusagen.“
„Worüber? Über einen unzuverlässigen Hasenfuß, den es nach seinem letzten Lover plötzlich wieder zur längst vergessenen Familie zieht?“
„Kinder, jetzt hört auf zu streiten!“ Lotta bereute wohl schon, ihrem Ex-Schwiegersohn in einem Anfall von Sentimentalität die frohe Botschaft mitgeteilt zu haben. Wer konnte auch ahnen, dass der sich gleich ins Flugzeug setzen und hier aufkreuzen würde?
In der nächsten halben Stunde bemühte Lotta sich redlich, aber erfolglos, das blitzende Kriegsbeil zwischen uns zumindest so weit zu entschärfen, dass niemand auf der Strecke blieb. Sie erinnerte mich an meine Gastgeberpflichten und versuchte Robert in ein unverfängliches Gespräch über seine weiteren beruflichen Pläne zu verwickeln. Dabei erfuhren wir, dass das erhoffte Engagement in London geplatzt war und er wieder in Deutschland nach einem Agenten suchen wollte.
„Schließlich habe ich Verpflichtungen!“, sagte er in meine Richtung und rang in gespielter Verzweiflung die Hände. „Da macht man einmal einen Fehler und bekommt ihn den Rest seines Lebens aufs Butterbrot geschmiert. Hast du denn noch nie eine Entscheidung bereut, Yvi?“
Das saß. Zusammen mit seinem Dackelblick brachte mich dieser rechte Haken vorübergehend aus dem Konzept. Bevor ich mich erholen konnte, klingelte es und Lotta schickte mich aus dem Ring zum Öffnen.
„So wird das nie was, Robert“, hörte ich sie im Hintergrund schimpfen. „Wenn du sie wiederhaben willst, solltest du vorsichtiger sein, du weißt doch, wie sie ist.“
„Mistkerl!“, schimpfte ich und musste mich beherrschen, um meinen Ärger nicht an dem Besucher abzulassen. „Nichts für ungut, Mareike, aber der hat mir gerade noch ...“
Doch statt Saschas hübscher Mutter wartete ein überwältigender Strauß Rosen auf mich, umrahmt von ausgeblichenen Jeans und einer Kappe. Ich war verwirrt.
„Hallo?“, fragte ich vorsichtig, Rosen ohne Gesicht hatte ich noch nie bekommen.
„Blumendienst Arnold“, kam es in lang gezogenem Kaugummi-Deutsch hinter dem Blumenstrauß hervor. Nur das jahrelange Training mit Svenja erlaubte mir, die Botschaft des Blumenboten einigermaßen zu entschlüsseln.
„Ach, die sind bestimmt für meine Tochter, Svenja Becker.“ Neugierig versuchte ich, erst um die eine Seite und dann um die andre herum
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