Widersacher-Zyklus 01 - Das Kastell
Buchstaben lassen sich nur noch in alten Dokumenten finden.«
Magda starrte an die Wand und bestätigte die Auskunft ihres Vaters mit einem knappen Nicken. Sie begriff plötzlich, daß die Botschaft dadurch noch eine zweite Bedeutung gewann, die ihr nicht sonderlich benagte.
»Ihr Mörder, meine Herren«, fügte Theodor Cuza hinzu, »ist entweder ein außerordentlich belesener Gelehrter – oder er stammt aus einer Epoche, von der uns mindestens ein halbes Jahrtausend trennt.«
14. Kapitel
»Auf diese Weise kommen wir nicht weiter«, sagte Sturmbannführer Kämpffer und blies Zigarettenrauch aus, während er mit langen Schritten auf und ab ging. Sie befanden sich nun wieder in der ersten Etage des Wachturms.
Magda stand in der Mitte des Zimmers und stützte sich müde auf die Rückenlehne des Rollstuhls. Sie spürte die Spannungen zwischen Wörmann und dem SS-Offizier, kannte jedoch den Grund dafür nicht. Nur in einem Punkt war sie ganz sicher: Ihr Leben und auch das ihres Vaters hingen davon ab, wer von den beiden Deutschen sich durchsetzte und die Oberhand gewann.
»Da bin ich anderer Meinung«, widersprach Wörmann. Er blieb an der Tür stehen und verschränkte die Arme. »Wir wissen mehr als heute morgen. Es ist nicht viel, aber wenigstens machen wir Fortschritte.«
»Es genügt nicht, verdammt!« knurrte Kämpffer.
»Na schön. Wie Sie meinen. Da uns abgesehen von Professor Cuza und seiner Tochter keine anderen Informationsquellen zur Verfügung stehen, schlage ich vor, die Feste unverzüglich zu räumen.«
Der Sturmbannführer gab keine Antwort. Nachdenklich rauchte er seine Zigarette und setzte die Wanderung durchs Zimmer fort.
Der alte Mann im Rollstuhl räusperte sich.
»Halten Sie sich da raus, Jude!«
»Warum hören wir uns nicht an, was er zu sagen hat?« warf der Wehrmacht-Major ein. »Deshalb haben wir ihn schließlich hierherbringen lassen.«
Immer deutlicher fühlte Magda die Feindseligkeit zwi schen den beiden Männern, und sie spürte, daß auch ihr Va ter darauf aufmerksam geworden war. Wahrscheinlich versuchte er, diesen Umstand für sich und seine Tochter zu nutzen.
»Möglicherweise kann ich Ihnen helfen.« Der Professor deutete auf die Bücher. »Wie ich vorhin schon sagte: Vielleicht enthalten die Bände irgend etwas, was uns in die Lage versetzt, Ihr Problem zu lösen. Wenn das tatsächlich der Fall sein sollte … Ich bin weit und breit die einzige Person, die mit den Angaben in jenen alten Werken etwas anfangen kann. Mit Magdas Hilfe finde ich vielleicht etwas, das Sie weiterbringt.«
Kämpffer blieb stehen und sah Wörmann an.
»Es wäre einen Versuch wert«, sagte der Major. »Ich ha be keine besseren Vorschläge. Und Sie?«
Der Sturmbannführer ließ den Zigarettenstummel zu Boden fallen und trat ihn aus. »Drei Tage, Jude. Sie haben drei Tage Zeit, um das Rätsel der Todesfälle zu lösen.« Er marschierte an ihnen vorbei und trat auf den Korridor. Die Tür ließ er offen.
Wörmann stieß sich von der Wand ab und machte ebenfalls Anstalten, den Raum zu verlassen. »Ich werde meinen Feldwebel anweisen, Ihnen Bettzeug zu bringen.« Er musterte kurz den alten, gebrechlichen Mann im Rollstuhl. »Leider stehen uns keine weichen Matratzen zur Verfügung.«
»Ich komme schon zurecht, Herr Major. Vielen Dank.«
»Holz«, sagte Magda. »Wir brauchen Holz für ein Feuer.«
»So kalt sind die Nächte nicht«, erwiderte Wörmann und schüttelte den Kopf.
»Die Hände meines Vaters … Wenn er das Gefühl in ihnen verliert, kann er nicht mehr arbeiten.«
Der deutsche Offizier seufzte. »Nun gut. Mal sehen, was sich machen läßt.« Er holte tief Luft. »Bevor ich gehe, möchte ich Sie noch auf etwas hinweisen. Der Sturmbannführer würde nicht zögern, Sie beide zu erschießen. Er hat seine Gründe, warum er eine rasche Lösung des hiesigen Problems anstrebt. Und ich habe meine: Ich möchte nicht, daß meine Truppe weiter dezimiert wird. Wenn Sie es fertigbringen, daß es zu keinem weiteren Todesfall kommt, haben Sie Ihren Nutzen bewiesen. Finden Sie eine Möglichkeit, das Etwas zu besiegen. Dann bin ich vielleicht in der Lage, Sie nach Bukarest zu bringen.«
»Aber vielleicht auch nicht«, sagte Magda langsam. Sie musterte den Gesichtsausdruck des Majors. Bot er Ihnen wirklich Hoffnung an?
Wörmanns Züge verhärteten sich, als er antwortete: »Ja, Sie haben recht. Vielleicht auch nicht.«
Wörmann wies Oster an, Brennholz in die erste Etage des Turms zu bringen, und
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