Widersacher-Zyklus 04 - Erweckung
diesem Moment zersplitterte eines der bleigefassten Glasfenster im Wohnzimmer unter der Wucht eines Axthiebs.
6.
Jonah hörte sich Carols Jammern an.
Er musste sich höllisch zusammenreißen, um nicht nach hinten zu langen und sie bewusstlos zu schlagen. Sie hatte es mehr als verdient, nachdem sie den Einen so in Gefahr gebracht hatte, aber er durfte ihr Vertrauen nicht verspielen. Wenn er sie beschützen sollte, musste sie auf ihn zählen, sich auf ihn verlassen.
»Ich bekomme das Kind des Teufels, nicht wahr? Ist es nicht das, was hier vorgeht? Das ist doch so, oder? Wie sonst könnte man erklären, was da geschehen ist?«
»Zum zehnten Mal, Carol.« Er sprach zwischen zusammengebissenen Zähnen hindurch. »Du trägst Jims Baby in dir – meinen Enkel. Ich weiß nicht, wo du diese hirnverbrannte Idee mit dem Teufel herhast. Der Teufel hat mit diesem Baby nichts zu tun.«
Er hoffte, dass die Wahrheit dieser Aussage seiner Stimme die nötige Eindringlichkeit verlieh. Natürlich war das nicht die ganze Wahrheit – dann hätte sie sich nicht besser gefühlt, vielleicht sogar schlechter. Aber er musste sie beruhigen. In ihrem aufgewühlten Zustand war eine Fehlgeburt nicht auszuschließen.
Sie plärrte wieder los: »Wie erklärst du dir dann, dass die Christusfigur zum Leben erwacht ist? Und die Jungfrau Maria – und die Schlange! Man könnte fast glauben, sie wollten mich so weit bringen, bis ich eine Fehlgeburt habe!«
Damit könntest du sogar recht haben, dachte Jonah.
Die andere Seite hätte heute beinahe Erfolg gehabt, indem sie Carols religiösen Aberglauben eingesetzt hatte, um ihre Schuldgefühle anzuheizen und sie in Panik zu versetzen. Dieses Mal war sie gescheitert, aber sie würde es erneut versuchen. Jonah würde vor dem nächsten Versuch stets auf der Hut sein müssen. Aber im Augenblick, für den Einen, musste er diese panische junge Frau beruhigen.
»Ich habe nichts davon gesehen, Carol.« Die Lüge kam ihm glatt über die Lippen. »Die Statuen sahen für mich so aus wie immer.«
»Aber die Schlange! Du hast sie von meinem Bein weggerissen.«
»Es tut mir leid, Carol, aber ich habe nirgendwo in der Kirche eine Schlange gesehen. Ich bin nur zufällig hereingekommen, um Schutz vor dem Hagel zu suchen, und fand dich da mitten im Gang. Du hast gekreischt wie eine Furie.«
Sie raffte sich zu einer sitzenden Haltung auf und starrte ihn über die Rücklehne mit gejagtem Blick an.
»Aber das kann doch nicht nur meine Einbildung gewesen sein! Es war so real!«
»Du hast in letzter Zeit Schreckliches durchgemacht, das was mit Jim passiert ist und die Beerdigung und das alles, und dann hast du fast das Baby verloren und diese ganzen Blutungen« – er sah sie direkt an, um die nächsten Worte zu betonen –, »und jetzt hast du die Anweisungen deines Arztes nicht befolgt, du bist nicht im Bett geblieben. Da ist es kein Wunder, wenn du anfängst, Dinge zu sehen! Du hast Glück, dass es nicht schlimmer gekommen ist. Du hättest das Baby endgültig verlieren können.«
Die Flüssigkeit seiner improvisierten Erklärungen befriedigte Jonah. Es klang sogar für ihn beinahe überzeugend.
»Ich weiß«, sagte sie und ließ sich in eine halbliegende Position zurückfallen. »Ich habe mich dumm verhalten. Aber ich glaube, dem Baby geht es gut. Ich meine, es tut nicht mehr weh und die Blutung hat auch aufgehört.«
Dein Glück, dachte er. Wenn sie den Einen verlor, würde er sie umbringen. Ganz langsam.
»Aber was ist mit dem brennenden Kreuz, das uns beinahe getötet hätte! Du kannst mir nicht erzählen, dass ich mir das eingebildet habe!«
»Natürlich nicht. Die Kirche wurde von Blitz getroffen, das Kreuz knickte weg und ist dann durch das Dach und die Kirchendecke gekracht, das ist passiert. Wir haben Glück gehabt.«
»Aber das glühende Licht –!«
»Elmsfeuer. Früher, als ich noch ein Junge war, habe ich das bei Gewitter auf den Feldern häufig gesehen. Es sieht gruselig aus, ist aber harmlos.«
»Du und Bill – ihr habt immer für alles eine Erklärung!«
»Du meinst diesen Priester?«
»Ja. Er sagt, ich soll diesen ganzen Blödsinn mit dem Teufel vergessen und mich darauf konzentrieren, ein gesundes Baby zu bekommen.«
Jonah lächelte kläglich. Er hätte nie gedacht, dass er sich einmal mit einem Mann Gottes auf der gleichen Seite wiederfinden würde.
»Ich kann dem nur zustimmen, junge Dame. Wir alle wollen, dass es dem Jungen gut geht.«
»Junge? Du glaubst, es wird ein
Weitere Kostenlose Bücher