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Widersacher-Zyklus 04 - Erweckung

Widersacher-Zyklus 04 - Erweckung

Titel: Widersacher-Zyklus 04 - Erweckung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: F. Paul Wilson
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ihre Nichte kam, und streckte die Arme aus, um ihr einen Kuss zu geben und sie zu umarmen. »Es ist schön, dich zu sehen.«
    Sie war ein gutes Vierteljahrhundert älter und mindestens einen halben Kopf kleiner als ihre Nichte, wog aber wahrscheinlich doppelt so viel. Manchmal sorgte sich Grace schon um ihr Gewicht, und sie hatte sogar dieser neuen Gruppierung – Weight Watchers – beitreten wollen, hatte dann aber beschlossen, dass es diesen Aufwand nicht wert war. Wen wollte sie denn beeindrucken? In ihrem Leben gab es keinen Mann und den Herrgott würde es sicherlich nicht kümmern, wie viel jemand beim Jüngsten Gericht auf die Waage brachte.
    Sie fand Trost darin, dass sie sich einredete, das Strahlen der Seele sei wichtiger als der Umfang der Taille. Es war sogar sehr viel wichtiger, auf die Seele achtzugeben.
    Das war eigentlich ein guter Name für eine gottgefällige Selbsthilfegruppe – Soul Watchers. Das hatte was.
    »Wie geht es dir, Tante Grace?«, fragte Carol. »Ich hoffe, wir stören nicht. Wir waren in der Stadt, und …«
    »Wir?«
    »Ja, Jim ist auch da.«
    Graces Begeisterung über den Überraschungsbesuch ließ merklich nach, als sie Jim bemerkte, der hinter Carol gestanden hatte, aber nichts konnte sie ganz eindämmen.
    Außer vielleicht diese unbestimmbare Beklommenheit, die immer schlimmer wurde.
    Sie unterdrückte das Gefühl.
    »Hallo, Tante Grace«, sagte er und streckte ihr die Hand entgegen.
    Grace schüttelte sie kurz. »Hallo, Jim. Ich bin überrascht, dass du – dass ihr beide gekommen seid.«
    »Ach, Jim ist der Grund, warum wir überhaupt in der Stadt sind«, sagte Carol vergnügt.
    Grace geleitete sie in die Wohnung. Als sie ihnen die Mäntel abnahm, hielt sie die Luft an und wartete darauf, dass Jim eine seiner üblichen Bemerkungen über den religiösen Zierrat machen würde. Es dauerte einen Augenblick, aber dann kam, was zu erwarten war.
    »Hast du deine Sammlung wieder vergrößert, Tante Grace?«
    »Ja, einige Stücke sind neu.«
    »Das ist nett.«
    Sie wartete auf eine ätzende Bemerkung, aber er stand einfach nur mit hinter dem Rücken verschränkten Händen da und lächelte freundlich.
    Dies war nicht der übliche Jim. Vielleicht hatte Carol ihn aufgefordert, sich von seiner besten Seite zu zeigen. Carol war so ein Schatz. Ja, so war es wahrscheinlich gewesen. Sonst hätte sich ihr Ehemann sicher so benommen wie beim letzten Mal, als er hier gewesen war. Da hatte er sich über den modischen Geschmack des Prager Jesuleins mokiert und dumme Sprüche über die Gefahr von Wohnungsbränden durch trockene Palmzweige gemacht.
    Sie holte tief Luft. Dieser Druck auf der Brust begann sie zu ersticken. Sie brauchte Hilfe. Sie ging zu der verschnörkelten gläsernen Vitrine und holte ihren allerneuesten Schatz heraus: Ein winziger Splitter dunkelbraunen Holzes in einem Satinfutteral in einer durchsichtigen Plastikschachtel. Sie betete, dass dieses würgende Unbehagen nachlassen möge, wenn sie das Kästchen in Händen hielt, aber nichts geschah. Sie reichte es Carol.
    »Sieh mal. Es ist eine Reliquie. Ein Splitter vom Kreuz Jesu.«
    Carol nickte. »Sehr schön.« Sie reichte es weiter an Jim.
    Grace sah, dass Jims Gesicht rot anlief und er sich auf die Unterlippe biss. Sie sah auch, dass Carol ihm einen warnenden Blick zuwarf. Schließlich atmete er vernehmlich aus und nickte.
    »Ja. Sehr schön.«
    »Ich weiß, was du denkst«, sagte Grace, als er ihr die Schachtel zurückgab. »Wenn man das ganze Holz, das als Splitter des einen wahren Kreuzes verkauft worden ist, auf einen Haufen kippen würde, dann käme wahrscheinlich so viel Holz zusammen wie im ganzen Schwarzwald in Deutschland.« Sie stellte die Reliquie wieder in die Vitrine zurück. »Viele kirchliche Autoritäten glauben auch nicht an die Echtheit dieser Reliquien. Vielleicht haben sie recht. Aber ich vergleiche das gern mit einem der Wunder, die Jesus gewirkt hat. Du erinnerst dich doch an die Speisung der Fünftausend, oder?«
    »Natürlich«, sagte Jim.
    »Genauso ist es hier.«
    Das war alles, was es zu dem Thema zu sagen gab. Sie bot ihnen Tee an, aber sie lehnten ab. Nachdem alle einen Sitzplatz gefunden hatten, sagte sie: »Was bringt euch aus der Einsamkeit von Long Island in die große Stadt?«
    Grace bemerkte, dass Carol Jim fragend ansah.
    Er zuckte die Achseln und sagte: »Erzähl es ihr. Nächste Woche weiß sowieso jeder davon.«
    Also hörte Grace abwesend zu, wie ihre Nichte ihr von Dr. Roderick Hanleys

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