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Wie angelt man sich einen Daemon

Titel: Wie angelt man sich einen Daemon Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Julie Kenner
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sich so langsam wie möglich auf die kleine Pflanzkelle aus Metall zuzubewegen, die neben mir auf dem Tisch lag.
    »Schlampe. Glaubst du etwa, dass du unsterblich bist, Jägerin? Glaubst du, dass wir ihn nur finden, wenn du am Leben bleibst?«
    »Ich würde eher vermuten«, erwiderte ich, als sich meine Finger um den Griff der Kelle schlossen, »dass du nicht mehr lange am Leben bleibst.«
    Mit dieser Äußerung trat ich nach ihm aus, auch wenn das nicht leicht war. Doch meine Absicht war vor allem, ihn abzulenken. Während ich trat, zielte ich mit der Kelle auf sein Gesicht und versuchte, sein Auge zu treffen. Natürlich hatte ich das Messer an meinem Auge nicht vergessen. Ich riss den Kopf zur Seite. So riskierte ich zwar, durch seinen Griff um meinen Hals erwürgt zu werden, aber das nahm ich lieber in Kauf, als ein Auge zu verlieren.
    Sein Schmerzensschrei entsprach in etwa dem, was ich empfand. Ich verspürte ein unangenehmes Brennen, als die Messerspitze über die weiche Haut zwischen meinem Augenwinkel und meinem Haaransatz kratzte.
    Doch zumindest hatte ich mein Augenlicht nicht verloren. Und atmen konnte ich auch noch.
    Leider hatte die Spitze der Kelle ihr Ziel verfehlt. Ich hatte den Dämon an seinem Wangenknochen und nicht mitten ins Auge getroffen. Er war also noch am Leben, aber zumindest hatte sich sein tödlicher Griff um meinen Hals ein wenig gelockert.
    Ich beeilte mich, meinen Vorteil zu nutzen, und warf mich auf ihn. Dadurch kam der Tisch endgültig ins Wanken und brach mit lautem Gepolter zusammen. Mir jedoch fiel das kaum auf. Ich war viel zu sehr damit beschäftigt, die silberne Spitze der Kelle erneut auf das Auge des Dämons zu richten, um zuzustoßen.
    »Kate!«
    Fran. Für den Bruchteil einer Sekunde erstarrte ich – und das reichte. Der Dämon wand sich zur Seite, entriss mir die Kelle und benutzte seine fünfzig Kilo an Extramuskelkraft, um mich nach unten zu drücken, sich auf mich zu setzen und mir die Kelle an die Kehle zu setzen.
    »Kate?«, fragte Fran erneut. »Was ist das für ein Lärm? Ist bei dir alles in Ordnung?«
    Ich sah den Dämon an. Er nickte und verringerte den Druck der Kelle.
    »Ja, alles in Ordnung!«, rief ich. »Ich habe nur ein paar Sachen umgeworfen.«
    »Brauchst du Hilfe?«
    »Nein, nein!«, antwortete ich wahrscheinlich zu hastig. »Es geht schon.«
    In Wahrheit brauchte ich dringend Hilfe. Ich konnte noch immer nicht glauben, dass ich derart unvorsichtig gewesen war und mich von Frans Stimme hatte ablenken lassen. Aber es ist nun mal eine Tatsache, dass ich mich nie daran gewöhnen konnte, in Anwesenheit von Unbeteiligten Dämonen zu jagen. Ich hätte es auch niemals zugelassen, dass Fran irgendwie involviert worden wäre. Für mein eigenes Leben konnte ich die Verantwortung übernehmen. Aber für den Rest der Spielgruppe meines Sohnes? Auf keinen Fall.
    »Also gut«, sagte sie, wobei ein gewisser Zweifel in ihrer Stimme anklang.
    »Die anderen sollten jeden Augenblick eintreffen«, sagte ich. »Bitte öffne für mich die Tür, ja? Ich brauche nur noch ein paar Minuten.« Ich bemühte mich darum, so fröhlich wie möglich zu wirken, während ich meine Augen nicht von meinem Angreifer abwandte.
    Er verschwendete keine Zeit. Sobald Fran die Verandatür wieder hinter sich geschlossen hatte, kam er mir wieder mit seinem Gesicht bedrohlich nahe. »Der Stein«, krächzte er. »Rück den Stein heraus!«
    »Ich habe keine Ahnung, wovon du sprichst«, entgegnete ich, was sogar der Wahrheit entsprach. Wenn man zudem bedachte, dass er die Kelle noch immer an meinen Hals presste, war ich auch kaum in der Lage, mit ihm zu verhandeln. Trotzdem konnte ich natürlich nicht widerstehen. »Und selbst wenn ich es wüsste, würde ich ihn dir bestimmt nicht geben.«
    Ich hielt den Atem an, was nicht schwer war, da er mir sowieso beinahe die Luftröhre abpresste, und fragte mich, ob ich diesmal nicht einen Schritt zu weit gegangen war. Offenbar glaubte er, dass ich etwas besaß, was er brauchte. Ich rechnete allerdings damit, dass er es dringend genug benötigte, um mich nicht umzubringen.
    »Dumme Jägerin«, zischte er, wobei mich der Gestank seines Atems beinahe noch mehr außer Gefecht setzte als die Kelle. »Seine Gefolgschaft versammelt sich. Wir werden ihn aus den Fesseln der Gefangenschaft befreien. Wir werden ihn wieder ganz machen.«
    Ihn befreien? Mein Herz setzte für einen Moment beinahe aus, als ich mich an Tomlinsons Worte erinnerte. »Wen befreien?

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