Wie angelt man sich einen Daemon
Vorfall, der sich nicht wiederholen würde. Aber auch wenn mir die Worte recht problemlos über die Lippen gekommen wären, so wollte ich Allie doch nicht mehr anlügen. Diesmal nicht.
Es war an der Zeit, meiner Tochter die Wahrheit zu sagen – ganz egal, was das für Folgen haben mochte.
»Das haben wir vor«, sagte ich. »Aber das ist nicht alles.«
Sie runzelte die Stirn, und ich glaubte fast zu sehen, wie sich die Rädchen in ihrem Kopf drehten. »Du hast in Wirklichkeit nie aufgehört, nicht wahr? Du und Daddy – ihr habt die ganze Zeit heimlich weitergemacht, und ich wusste nie etwas davon! Mein Gott, Mami!«
»Nein!«, rief ich, um ihre Tirade zu unterbrechen und ehe sie so richtig loslegen konnte. »Nein, so ganz stimmt das nicht.«
Mit finsterer Miene stand sie da und wartete darauf, dass ich weitersprechen würde.
»Wir hatten uns tatsächlich zurückgezogen. Und ich war jahrelang glücklich, nicht mehr als Dämonenjägerin arbeiten zu müssen. Ich habe das Leben mit deinem Vater sehr genossen. Es gab nur noch uns und keine Dämonen mehr. Nur uns drei. Keine Monster, die auf einmal aus dem Nichts auftauchen und alles durcheinanderbringen konnten. Selbst nachdem dein Vater gestorben war«, fügte ich hinzu, »führten wir einfach unser normales Leben weiter – du und ich. Kannst du dich noch daran erinnern?«
»Natürlich kann ich mich noch daran erinnern. Aber?« Sie klang noch immer wütend, obwohl inzwischen die Neugier zu überwiegen schien.
»Aber dann ist letzten Sommer etwas passiert. Und seitdem habe ich wieder zu arbeiten begonnen.«
»Seit letztem Sommer also?«, fragte sie. Sie wusste natürlich, worauf ich mich bezog. Sie erinnerte sich genau an den Tag, an dem sie und Timmy sich in großer Gefahr befunden hatten.
Die Ereignisse dieses Tages ergaben nun auf einmal mehr Sinn für Allie. Soweit Dämonen überhaupt Sinn ergaben.
»Das heißt also, dass du seit vier Monaten dieses Dämonending wieder durchziehst?«
»So in etwa«, antwortete ich.
»Dann hast du mich also angelogen.« Ihre Stimme klang leise, aber ich konnte deutlich hören, wie tief sie das verletzte.
»Allie, Eltern müssen jeden Tag Entscheidungen fällen. Ich bin mir nicht sicher, ob ich mich richtig entschieden habe, indem ich dir damals nichts davon erzählte. Aber ich bin mir auch nicht sicher, ob ich jetzt das Richtige tue, indem ich dir davon erzähle. Ich kann mich nur von Mal zu Mal entscheiden und mache bestimmt viele Fehler, aber ich hoffe, dass du trotz allem immer weißt, wie sehr ich dich liebe und wie wichtig du für mich bist.«
Sie antwortete nicht, sondern setzte sich auf einen der Stühle im Klassenzimmer und legte ihren Kopf auf die Schulbank.
»Allie?«
Nichts.
»Allie?«
»Was?«, murmelte sie kaum hörbar.
»Verstehst du, was ich damit sagen will?«
Sie hob den Kopf und blickte mich an. »Ich habe dich direkt gefragt, und du hast mich direkt angelogen.«
Ich trat einen Schritt auf sie zu und legte meine Hand auf ihre Schulter. Sofort schüttelte Allie sie ab. Ich schnitt eine Grimasse und nahm einen weiteren Anlauf. »Du hast völlig recht«, sagte ich. »Du hast hundertprozentig recht. Absolut recht.«
Das funktionierte. Zumindest funktionierte es ein wenig, denn sie hob den Kopf und sah mich aus schmalen Augen misstrauisch an. »Weiter.«
»An diesem Tag hattest du große Angst«, erklärte ich und kam vor Nervosität beinahe ins Stottern. »Ich wollte dich schützen, deinen Körper und deine Seele. Ich wollte, dass du dich sicher fühlst, dass du vergisst, was da passiert ist, und dich nicht ein Leben lang davon verfolgt fühlst.«
»Also hast du gelogen.«
Ich holte tief Luft. »Ja, Allie, das habe ich. Und wahrscheinlich würde ich es auch wieder tun. Ich habe ehrlich geglaubt, richtig zu handeln.«
Sie legte den Kopf zur Seite. »Aber?«
»Aber ich wusste, dass ich die Wahrheit nicht auf ewig vor dir verheimlichen kann. Zum einen ist es dein gutes Recht, sie zu kennen. Und zum anderen…« Ich brach ab, legte den Kopf zurück und blickte an die Decke, als ob ich dort die Lösung finden könnte. »Als ich erfuhr, dass dein Vater wieder in die Forza zurückgekehrt war, ohne mir etwas davon zu sagen, tat das weh. Es tat sogar sehr weh. Dadurch begriff ich, wie sehr es dich verletzen würde, wenn du erfährst, dass auch ich Geheimnisse vor dir habe.«
Sie schob ihre Zungenspitze in ihre Wangenhöhle, sagte aber nichts.
»Deswegen wollte ich es dir jetzt endlich erzählen,
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