Wie angelt man sich einen Earl
es auch fühlte. Und wenn Angel es mit einem Wort hätte benennen müssen, würde sie auf Hoffnung tippen.
Über zwei Wochen waren vergangen, bevor Angel wieder daran dachte, ihre E-Mails zu checken, um zu erfahren, ob sich die Welt da draußen auch ohne ihre Beteiligung weitergedreht hatte. Die Antwort lautete: absolut problemlos.
Angel lag bäuchlings auf dem Bett, klappte ihren Laptop auf und hatte Mühe, sich in den gewohnt flippigen Tonfall der E-Mails einzulesen, die Allegra und sie sich seit Ewigkeiten schickten. Plötzlich erschien ihr die ganze Welt fremd neben dem alles beherrschenden Gefühl, als Rafes Frau auf Pembroke Manor zu leben – so, als wären sie ein ganz normales Ehepaar.
… bin ich mir nicht sicher, ob du das überhaupt hören willst, während du mit deinem Earl die schottische Wildnis durchstreifst …
Nach etlichen E-Mails, in denen Allegra inquisitorisch verlangt hatte, mehr über Rafe und die genauen Umstände ihrer überstürzten Heirat zu hören, waren das die ersten Zeilen, an denen Angel hängen blieb. Mit einem unguten Gefühl, das sich leider bald bestätigen sollte, las sie weiter.
Chantelle hat mir einen Besuch abgestattet und mir mit großer Geste einen Riesenscheck über die sagenhafte Summe von fünfzehntausend Pfund in die Hand gedrückt. Sag bitte nicht, dass sie das Geld …
Die alte Angel hätte sich als Antwort ganz sicher über die ungeheure Dreistigkeit ihrer Mutter und deren unverbesserlichen Opportunismus ausgelassen, doch die neue Countess of Pembroke interessierte das alles nicht mehr. Weder würde sich etwas ändern noch würde sie sich besser fühlen, wenn sie Allegra über die genauen Umstände aufklärte.
Behalte das Geld ruhig , mailte sie zurück, ich bin sicher, dass Chantelle dir mindestens so viel schuldet. Ich habe damit absolut kein Problem.
Dann ging es noch um Izzy, die nach einer Szene, die sie offenbar auf Allegras Verlobungsparty inszeniert hatte, von aller Welt geschnitten wurde, und darum, dass London ohne Angel nur halb so interessant und aufregend war.
Angel lächelte etwas wehmütig, schüttelte das Gefühl aber gleich wieder ab. Wie nett von Allegra! Beim Gedanken an Izzy schwand ihr Lächeln jedoch gleich wieder. War sie ihr wirklich eine gute große Schwester gewesen? Sie bezweifelte es. Da sie keine Ahnung hatte, worauf Allegra in ihrer Mail anspielte, und ehrlich gesagt auch lieber nichts von Izzys verrückten Eskapaden wissen wollte, entschloss sie sich zu einer unverbindlich klingenden Antwort.
Izzy ist eine Überlebenskünstlerin. Wie eine Katze fällt sie stets auf die Füße … offenbar eine Art Familientradition. Man kann ja über Chantelle sagen, was man will, aber bisher hat sie es immer geschafft, alles zu ihrer eigenen Zufriedenheit zu regeln. Und Izzy ist quasi ihr Abziehbild.
Wohl fühlte sich Angel allerdings nicht beim Gedanken an ihre leichtsinnige kleine Schwester. Und das hielt auch noch lange an, nachdem sie die Mail abgeschickt hatte. Aber was konnte sie von hier aus schon ausrichten? Besonders da Izzy auch schon nicht auf sie gehört hatte, solange sie noch in London gelebt hatte. Aber wer weiß, wenn es ihr gelungen war, anlässlich Allegras Verlobungsparty ein neues Kapitel ihres Lebens zu schreiben, warum sollte es Izzy dann nicht genauso ergehen?
„Na, wie läuft’s draußen in der Welt?“, fragte Rafe von der Tür.
Angel drehte sich auf den Rücken und lächelte ihrem Mann zu, sie konnte gar nicht anders. Jedes Mal, wenn sie ihn auch nur nach ein, zwei Stunden wiedersah, erschien er ihr noch anziehender als zuvor.
„Wie es aussieht, kommt sie auch ohne mich ganz gut zurecht.“ Sie klappte ihren Laptop zu und streckte verlangend die Arme aus.
Und Rafe ließ sich nicht zweimal bitten, er überbrückte die Distanz bis zum Bett mit langen Schritten und beugte sich zu seiner Frau hinunter. „Aber ich nicht …“, raunte er an ihren weichen Lippen, bevor er sie in einem stürmischen Kuss eroberte. Sekunden später waren seine Hände überall auf ihrem Körper, und Angel hörte auf zu denken.
Er konnte nicht genug von ihr bekommen.
Rafe wartete darauf, dass die erste wilde Begierde abflaute, doch es wurde immer schlimmer. Je mehr er von ihr bekam, desto mehr verlangte es ihn nach seiner Frau. Sie liebten sich überall: auf dem Esstisch im Speisezimmer, wie er es sich in seinen kühnsten Fantasien ausgemalt hatte, im Wald und am See, wo er Angel gefunden hatte, als sie ihn verlassen wollte, und
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