Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Wie Blueten Am Fluss

Wie Blueten Am Fluss

Titel: Wie Blueten Am Fluss Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: authors_sort
Vom Netzwerk:
hinüber.
    Ausnahmsweise einmal mußte er Morrisa Hatcher recht geben. Der kleinwüchsige Mann war genauso
    abscheulich wie die widerwärtigste Ratte. Der Gedanke, Annie in seiner Obhut zurückzulassen, ohne
    nicht wenigstens den Versuch zu machen, ihr zu helfen, behagte ihm irgendwie nicht. »Würden Sie es
    in Erwägung ziehen, ihre Vertragssklavin gegen eine Gebühr zu verleihen, Mr. Myers?«
    Mr. Myers machte keinen Hehl aus seiner Belustigung. Er schob sich seine Brille noch ein Stück
    höher auf seine breite Nase und

274
    nahm Gage mit einem zweifelnden Grinsen näher in Augenschein. »Was ist los, Mister Thornton?
    Reicht Ihnen ein Weibsbild nicht aus? Müssen Sie zwei in Ihrem Bett haben?«
    Wenn der Mann die Absicht gehabt hatte, Gage zu erzürnen, dann hatte er sein Ziel gewiß erreicht,
    denn Gage konnte förmlich spüren, wie seine Abneigung gegen den Mann ins Unermeßliche wuchs.
    Dennoch erwiderte er den unverschämten Hohn des anderen nur mit einem steinernen Blick. Myers
    hatte augenscheinlich ziemlich viele Gerüchte über ihn gehört, während Gage nur wußte, daß sein
    Gegenüber ein Geschäft für Herrenbekleidung führte. In Anbetracht des Eifers, mit dem die
    Lästermäuler im Dorf sich mühten, seinen Ruf zu beschmutzen, hätte es ihn nicht überrascht, wenn
    Samuel Myers ihn für einen gefährlichen Mann hielt. Deshalb führte die Art, wie Myers seinen rechten
    Arm vorsichtig hinter seinem Rücken hielt, zu der Annahme, daß der Mann eine Pistole geladen und
    gespannt in der Hand hielt. Er konnte sich einfach nicht vorstellen, daß der abstoßende kleine Mann
    vor ihm ansonsten so kühn gewesen wäre, schon gar nicht, wenn er all den Gerüchten Glauben
    schenkte, die zu berichten wußten, wie gefährlich Gage war.
    »Ich habe einen Angestellten, dessen Frau nahe dran ist, eine Fehlgeburt zu erleiden«, erwiderte Gage
    mit wohlerwogener Vorsicht. Es war nicht die Drohung einer Pistole, die ihn zur Besonnenheit
    mahnte, sondern die Erkenntnis, daß er mit jeder deutlich zu Schau gestellten Feindseligkeit vielleicht all seine Chancen zunichte machte, Shemaines Freundin zu helfen. »Annie sagte, sie könne Mrs. Täte möglicherweise behilflich sein, wenn sie die Erlaubnis bekäme. Wenn Sie sie also mit mir gehen
    ließen, wäre ich bereit, für die Zeit Ihrer Arbeiterin zu zahlen. Der Arzt wird möglicherweise noch
    eine ganze Weile fort sein, und im Augenblick ist niemand bei den Tates, der sich in diesen Dingen
    auskennt.«
    »Warum bringen Sie nicht Ihre eigene Arbeiterin rüber, Mister Thornton«, schlug Myers mit höhnisch verzerrten Lippen vor. »Es sei denn natürlich, Sie könnten sich nicht so lange von dem Weibsbild trennen. Sie ist ja auch mächtig hübsch für eine irische Dirne, und ich frage mich, ob sie im Bett
    genauso ein erfreulicher Anblick ist wie außerhalb.«
    275
    »Sie gehen für meinen Geschmack ein wenig zu freizügig mit dem Wort Dirne um, Mr. Myers, und
    ziehen voreilige Schlüsse, was den Charakter einer Dame betrifft«, erwiderte Gage, dessen Zorn
    immer mehr anstieg. Er hielt einen Augenblick inne, um sich wieder unter Kontrolle zu bekommen,
    bevor er weitersprach. »Das Mädchen tut dort oben bereits, was sie kann, aber sie versteht nicht genug von diesen Dingen, um Mrs. Täte darin eine große Hilfe zu sein.«
    Samuel Myers war stets bereit, sich auf die eine oder andere Weise ein paar Münzen zu verdienen, und
    es gab wohl keine einfachere Weise, sich in den Besitz eines hübschen Sümmchens zu bringen, als
    seiner Vertragsarbeiterin zu gestatten, es für ihn zu verdienen. »Woher weiß ich, daß Sie die Annie
    auch wirklich zurückbringen?«
    Gage wurde klar, daß er eine großzügige Kaution anbieten mußte, um das Interesse des Mannes zu
    wecken. »Wenn Sie wollen, lasse ich Ihnen als Rückversicherung dieselbe Summe da, die Sie für
    Annie bezahlt haben. Sie brauchen mir lediglich einen Beweis dafür zu zeigen, wie hoch die Summe
    war, und dann eine Quittung zu unterzeichnen. Ich muß natürlich meinerseits sicher sein können, daß
    ich mein Geld zurückbekomme, sobald ich Annie wieder hier abliefere.«
    »Sie hat mich fünfzehn Pfund gekostet«, entgegnete der Mann mit einem sarkastischen Schnauben.
    »Aber Sie wird's noch mal fünf kosten, wenn Sie sie ausleihen wollen.«
    »Fünf Pfund! Gütiger Himmel, Mann! Ich will das Mädchen doch nicht ein ganzes Jahr behalten!«
    »Ich kriege fünf Pfund von Ihnen, oder es passiert überhaupt nichts.«

Weitere Kostenlose Bücher