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Wie Blueten Am Fluss

Wie Blueten Am Fluss

Titel: Wie Blueten Am Fluss Kostenlos Bücher Online Lesen
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Carver?« Aus der Nähe sahen die Gesichtsverletzungen noch schlimmer aus, und er konnte
    eine Nachfrage nicht unterdrücken. »Gütiger Himmel, Frau, was ist mit dir passiert?«
    Verblüfft hob Annie eine schmutzverkrustete Hand, um die Augen gegen das Blenden der Sonne zu
    schützen und den Fremden besser sehen zu können. »Wer sind Sie denn?«
    »Gage Thornton. Ich habe Shemaine O'Hearn gekauft, weißt du nicht mehr?«
    Die Frau stieß einen schrillen Schrei aus und schlug sich mit der Hand gegen ihre magere Wange.
    »Heiliger Bimbam! Ob ich mich
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    an Sie erinnere? Wie könnte ich einen wie Sie vergessen? Ich hab' Sie vorher nur nicht richtig sehen
    können, wo mir doch die Sonne in die Augen stach und so. Wie geht es Sh'maine?« Plötzlich trat ein
    ängstlicher Ausdruck in ihre Augen. »Sie ist doch nicht verletzt, oder? Wär's möglich, daß Sie den
    Doc für sie brauchen?«
    »Nein, Shemaine geht es gut, Annie. Ich bin wegen eines Freundes hier. Seine Frau erwartet gegen
    Ende des Frühjahrs ein Kind, aber sie hat plötzlich Probleme... wird das Kleine vielleicht sogar
    verlieren.«
    »Ich versteh' ein bißchen was von Geburten«, eröffnete Annie ihm scheu. »Meine Ma war Hebamme,
    bevor sie krank wurde und starb, aber sie hat mir beigebracht, wie man einer Frau ein klein wenig
    helfen kann. Aber was mein Herr ist, Samuel Myers, der wird mich bestimmt nicht mit Ihnen gehen
    lassen.«
    »Hat dein Herr dir das angetan?« fragte Gage sanft und deutete auf ihre dunkel verfärbte Wange.
    Verlegen und mutlos zuckte Annie mit den Schultern. »Mr. Myers hat bestimmt gedacht, ich würd' ein
    paar hinter die Ohren verdienen, wo ich ihm doch das Abendessen angebrannt hab'. Er hat mich zum
    Holzhacken rausgeschickt, weil es ihm im Salon zu kalt war. Und ich hab' eben etwas länger
    gebraucht, als ich gedacht hätt'.« Sie sah Gage fragend an. »Und was ist mit Ihnen, Herr? Kriegen Sie
    denn genug zu essen, jetzt, wo Sh'maine das Kochen für Sie besorgt?«
    »Ich bin glücklich, sagen zu dürfen, daß sie eine außergewöhnlich gute Köchin ist, Annie. Ich hätte
    keine bessere finden können, und wenn ich bis nach London gegangen wäre.«
    Annie sah ihn unauffällig von der Seite an. »Gestern abend ist diese Mrs. Pettycomb rübergekommen,
    um mit meinem Herrn zu reden, Samuel Myers... Sie hat erzählt, Sie hätten sich einen Sträfling für
    Ihre männlichen Begierden gekauft und daß Sie den Bootsmann von der London Pride beinahe
    umgebracht hätten, weil er versucht hat, den Verkauf zu verhindern.«
    Langsam ärgerte Gage sich doch ein wenig über den ungebrochenen Elan, mit dem die geschwätzige
    Alte ihre boshaften Gerüchte im Dorf ausstreute. »Mrs. Pettycomb bläht für gewöhn—
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    lieh alles, was sie hört, kräftig auf, Annie. Also würde ich an deiner Stelle nicht allzuviel auf ihr
    Gerede geben. Sie scheint Vergnügen daran zu finden, die Tatsachen mit Bedacht zu verzerren, um
    ihre Geschichten lebendiger zu machen.«
    Annie hoffte, daß er sich noch deutlicher ausdrücken würde, aber Gage bewahrte hartnäckiges
    Schweigen, was seine Gründe für den Kauf Shemaines betraf. Schließlich hatte er nicht die Absicht,
    sich vor jedem zu rechtfertigen, der sein Ohr den Schauergeschichten lieh, die über ihn erzählt
    wurden. Wenn er das jemals versuchte, würde er gewiß nie zum Ende kommen, vor allem, da die
    Matrone und ihre klatschsüchtigen Busenfreundinnen anscheinend die Absicht hatten, sich unablässig
    das Maul über ihn zu zerreißen.
    In diesem Augenblick wurde die Haustür aufgerissen, und Samuel Myers kam auf die Veranda
    herausstolziert, wo er, einen Arm hinter dem Rücken verborgen, stehenblieb. Mit zorngerötetem
    Gesicht nahm er die Pose eines aufgebrachten Diktators an. »Du faules Miststück!« zischte er Annie
    an. »Ich habe deine Papiere nicht gekauft, damit du dich mit jedem Niemand unterhalten kannst, der
    an meinem Tor vorbeigeht. Mach dich wieder an die Arbeit, bevor auch deine andere Wange meine
    Faust zu spüren bekommt. Und ich warne dich, wenn du weißt, was gut für dich ist, hältst du dich auch
    in meiner Abwesenheit an der Arbeit, sonst lasse ich meine Peitsche auf deinem erbärmlichen Rücken
    tanzen. Ich kann nicht jede Stunde meinen Laden allein lassen, nur um dir auf die Finger zu sehen.
    Meine Kunden würden sich ärgern und denken, ich hätte die Stadt verlassen.«
    Mit unwillig hochgezogenen Brauen blickte Gage quer über den Hof zu dem Mann

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