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Wie Blueten Am Fluss

Wie Blueten Am Fluss

Titel: Wie Blueten Am Fluss Kostenlos Bücher Online Lesen
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während
    sie den Mann betrachtete, eine lebhafte Neugier. Er hatte die Ärmel bis über die Ellbogen aufgerollt,
    als habe er eine wichtige Arbeit liegenlassen, um hierher zu kommen; andererseits legte seine
    tiefgefurchte Stirn und sein angespanntes Kinn die starke Vermutung nahe, daß ihm der Grund für
    seine Anwesenheit hier zuwider war, vor allem jetzt, da man den Eindruck gewinnen mußte, daß er
    sich schon bald inmitten einer heftigen Rauferei wiederfinden würde. Schmutzstarrende Finger
    klammerten sich an sein Hemd aus gesponnener Wolle und an seine Fellhosen, während einige Frauen
    mit bewundernden Ahs und Ohs tatsächlich die Kühnheit besaßen, mit den Fingern über die schlaffe
    Rundung zu streichen, die unter dem hautengen, ledernen Kleidungsstück zu erkennen war.
    »Meine Damen!« ermahnte Harper sie gereizt. »Laßt die Finger von dem Käufer, bitte!«
    »Oooh, na komm schon, Meister«, brummte ein zahnlückiges Flittchen mit übertriebener
    Enttäuschung. »Das ist der hübscheste Bursche, den wir seit langer Zeit zu Gesicht gekriegt haben!
    Außerdem wird ihm ein bißchen Streicheln schon nichts schaden. Bei allen Heiligen! Wir brauchen es
    mehr als er!«
    Drei Monate in einer Zelle mit diesen Frauen hatten nicht annähernd genügt, um Shemaines Gefühl für
    Schicklichkeit und Anstand abstumpfen zu lassen. Sie schämte sich zutiefst für ihr Geschlecht und
    spürte außerdem noch den Ärger des Kolonisten, als er für eine Sekunde den Blick himmelwärts hob.
    Wenn er es plötzlich bedauerte, überhaupt an Bord der London Pride gekommen zu sein, oder wenn dieser Blick gen Himmel ein lautloses Gebet um ein Eingreifen von oben war, so war es doch nun für beides zu spät. Er stand weiterhin im Mittelpunkt der Aufmerksamkeit ihrer Leidensgenossinnen, und
    das mit gutem Grund, wie Shemaine zugeben mußte. '
    Sein Gesicht war von gemeißelter Schönheit und goldbraun von der Sonne. Seine Augen glitzerten wie
    warme, braune Kristalle, die mit bernsteinfarbenen Blitzen durchsetzt waren. Überschattet von finster
    zusammengezogenen, klargeschnittenen Brauen, waren
    diese dunkelbewimperten Augen geradezu durchscheinend. Seine Nase war schmal und wies eine
    feine, aristokratische Wölbung auf, um die jeder vornehme Grieche ihn hätte beneiden können. Seine
    hohen schmalen Wangenknochen wären gleichermaßen Gegenstand des Neids gewesen. Das bartlose
    Kinn unter der bronzefarbenen Haut hatte starke, klare Konturen - kurzum, das Gesicht war - wie der
    ganze Körper - durch und durch männlich.
    Er war fast einen Kopf größer als der untersetzte Mr. Harper. Wenn er auch weder von massigem
    Körperbau war noch gewaltige Muskeln zur Schau stellte, wurden seine breiten Schultern doch von
    einer kräftigen Männerbrust getragen, die sich zu einer schlanken Taille und zu schmalen Hüften hin
    verjüngte. Wenn die sehnigen Arme irgendwelche Rückschlüsse auf den Rest seines Körpers zuließen,
    mußte er am ganzen Leib so hart wie Stahl sein.
    Während der Siedler seine Blicke nun langsam über die Frauen wandern ließ, die um ihn
    herumstanden, trat ein gequälter Ausdruck in seine Augen. Als sich Morrisa schließlich mit den
    Ellbogen zu ihm vorkämpfte und eine andere Frau mit einem bösartigen Stoß ihrer Hüften zur Seite
    fegte, zogen sich seine dunklen Augenbrauen mit der Heftigkeit eines Donnerschlags zusammen. Er
    schien nicht im mindesten gefesselt zu sein von dem durchsichtigen Stoff ihrer dürftigen Bluse,
    sondern nur verärgert über ihre Dreistigkeit.
    »Na, wenn mir das nicht mal 'n hübscher Kerl ist«, gurrte das Flittchen. Während sie affektiert einen
    Finger über seinen Unterarm gleiten ließ, lächelte sie zu ihm auf. »Mein Name ist Morrisa Hatcher,
    Meister, und ich würd' vor Freude einen Luftsprung machen, wenn ich Ihren kleinen Fratz versorgen
    dürfte.«
    Gage Thornton war jetzt vollends davon überzeugt, daß sein Vorhaben von Anfang an reine Narretei
    gewesen war. Gerade noch hatte er sich entschlossen, die unvermeidliche Unverfrorenheit der
    weiblichen Gefangenen auf die winzige Chance hin zu ignorieren, daß er unter ihnen vielleicht doch
    die eine finden würde, die seinen Ansprüchen genügte, aber nun erschien ihm diese ganze
    abenteuerliche Idee völlig verrückt. Wie konnte er selbst in seinen kühnsten Phantasien je gehofft
    haben, ausgerechnet hier eine solche Rarität

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    zu finden, wie er sie suchte? Er mußte verzweifelter sein, als er selbst es bisher geahnt

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