Wie Blueten Am Fluss
betrachten dich wahrscheinlich immer noch als ihr kleines Mädchen.«
Shemaine lachte leise, und ihre folgenden Worte waren allein für seine Ohren bestimmt. »Wenn sie
wüßten, zu welch lüsternem Geschöpf ich mich entwickelt habe, mein Liebster. Wahrhaftig, sie wären
fest davon überzeugt, daß man mich irgendwie verzaubert haben müsse.«
Gages Lippen zuckten. »Mit welcher Belohnung darf ich denn rechnen, wenn ich deine Geheimnisse
für mich behalte, mein Herz?«
Shemaine dachte mit ernster Miene über seine Frage nach und spielte das arme Mädchen, das ein
Opfer der Umstände geworden war. »Alles, was Sie wollen, mein vornehmer Herr. Es sieht wohl so
aus, als hätten Sie mich da beim Wickel, denn wenn ich mich Ihren Wünschen nicht unterwerfe,
werden Sie gewiß meinen guten Namen schänden.«
»Alles?« Gages Augen glühten.
»Ich bin Ihnen auf Gedeih und Verderb ausgeliefert, Sir. Sie können verlangen, was Sie wollen«,
antwortete sie und senkte dann unterwürfig den strahlenden Blick, während sie in Wirklichkeit
versuchte, ein Lachen zu unterdrücken. »Ich kann nur beten, daß Sie nicht allzu roh mit mir umgehen
werden.«
»Ah, nein, roh niemals, meine Geliebte«, versprach Gage. »Sonst würde ich am Ende die Schätze
zerstören, nach denen es mich so sehr verlangt.«
Shemaine konnte gar nicht genug von diesem Spiel bekommen. »Von welchen Schätzen mögen Sie
wohl sprechen, Mylord?«
»Von deiner Liebe... und deiner umgehenden Antwort auf die leiseste meiner Berührungen.«
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»Ist das so auffällig?«
Gage versank tief im durchscheinenden Ozean ihrer lächelnden grünen Augen. »Ja, aber ich würde es
nicht anders wollen, meine Geliebte.«
»Ich auch nicht«, hauchte sie. »Wie Sie ganz richtig geschlossen haben, läßt mich die leichteste
Liebkosung von Ihrer Hand vor Verlangen erbeben. Sie haben mich wirklich und wahrhaftig zu Ihrer
Sklavin gemacht, Sir.«
»Ah, nicht zur Sklavin«, versicherte er ihr, »sondern zu einer warmen und willigen Gattin. Mir sind
unsere ungestörten, gemeinsamen Stunden unendlich teuer, wenn wir an Körper und Seele vereint
sind.«
Shemaine wäre am liebsten in seine Arme gesunken, wußte aber, daß Maurice sie genauestens im
Auge behielt und verspürte daher die Notwendigkeit, das Gespräch auf weniger anregende Dinge zu
lenken. »Sag mir doch bitte, Gage, wann wird dieser Seekapitän erwartet?«
Gage sah sich um und fragte sich, was wohl der Grund für ihren Themenwechsel sein mochte. Als sein
suchender Blick die kalten, durchdringenden Augen des Marquis streifte, verstand er sofort. Einen
Moment lang fochten ihre Augen ein unerbittliches Duell aus. Dann wandte Gage dem anderen Mann
brüsk wieder den Rücken zu und sah abermals auf seine junge Frau hinab. »Flannery meinte, sie
müßten noch vor der Mittagsstunde hier sein, mein Kätzchen.«
»Dann werde ich Bess Anweisung geben, ein Festmahl für unsere Gäste zu bereiten«, erwiderte
Shemaine, der die ganze Sache immer besser gefiel.
»So kurzfristig?« fragte Gage erstaunt.
»Natürlich, mein Liebling. Bess kann in weniger als einer Stunde wahre Wunder wirken.«
Gage wußte nicht recht, ob es nicht eine Zumutung war, von der Köchin, die eine fremde Küche
vorfand und obendrein noch so wenig Zeit zur Vorbereitung hatte, ein üppiges Mahl zu erwarten.
»Vielleicht solltest du zuerst mit Bess darüber reden, Shemaine, und sie entscheiden lassen, ob sie so etwas zuwegebringen kann oder nicht.«
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»Bess hat noch nie eine Herausforderung abgelehnt«, erwiderte Shemaine. »Also mach dir keine
Sorgen, daß meine Wünsche sie verärgern könnten. Aber wenn du möchtest, werde ich die Sache mit
ihr besprechen und ihr die Entscheidung überlassen.«
»Das wäre mir tatsächlich lieber, mein Herz.«
Shemaine sah mit einem zärtlichen Lächeln zu ihm auf. »Wer auch immer behauptet hat, du seiest ein
übellauniger Rohling, kannte dich nicht besonders gut, Gage Thornton. Deine Sorge, du könntest einer
Dienerin mehr aufbürden, als man normalerweise von ihr verlangt, läßt keinen Zweifel daran, was für
ein überaus fürsorglicher Mensch du bist. Das ist nur einer der Gründe, warum ich dich so sehr liebe.«
Die bernsteinfarbenen Augen senkten sich tief in die ihren. »Du weißt gar nicht, wie unendlich
glücklich du mich mit diesen Versicherungen machst, meine Liebste.«
»Brauchst du denn welche?« zog Shemaine ihn liebevoll auf. Ganz gleich, wer sie beobachtete, es
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