Wie Blueten Am Fluss
entschuldigen...«
»Bei all den Frauen hier in der Gegend«, fiel ihm Roxanne ins Wort, die sich für seine Erklärungen
nicht besonders zu interessieren schien, »warum mußtest du ausgerechnet eine Gefangene für deinen
Sohn kaufen? Und erst recht so eine wie die da?« Ihre Stimme nahm einen schmeichelnden, ja,
beinahe flehenden Tonfall an. »Hast du keine Angst davor, was dieses Geschöpf Andrew antun
könnte?«
Obwohl sich bei ihrer Frage seine Nackenhaare aufstellten, brachte Gage es fertig, Roxanne mit einem
duldsamen Blick anzusehen. Es widerstrebte ihm, sie mit der Wahrheit zu verletzen, daß er nämlich
schon lange, bevor sich der Schmied das Bein gebrochen hatte, zu dem Entschluß gekommen war, sich
von ihr zurückzuziehen. Andererseits hatte er nicht die Absicht, sich weiter zusetzen zu lassen, was
seine Motive betraf, ausgerechnet Shemaine in sein Haus geholt zu haben. »Ich bin durchaus in der
Lage, ein vernünftiges Urteil zu fällen, was die Vorzüge der Frauen betrifft, die ich als
Kindermädchen engagiere, Roxanne, und ich bin zuversichtlich, daß Shemaine genau das ist, wonach
ich gesucht habe.«
Gage, der sich fragte, welche Wirkung diese Unterhaltung wohl auf das Mädchen haben mußte, ließ
seinen Blick an Roxanne vorbeiziehen. Shemaine war offenkundig bekümmert, aber der Hauptgrund
dafür schien in der Tatsache zu liegen, daß sie ihren Kampf mit Andrews Gewicht langsam zu
verlieren drohte. Ihr ganzer Körper zitterte, so sehr strengte sie es an, den Jungen weiter auf dem Arm zu halten. Tatsächlich schien nicht mehr viel zu fehlen, und sie würde mitsamt dem Jungen hinfallen.
Gage trat herbei, um seiner Dienerin zu Hilfe zu kommen, ohne lange darüber nachzudenken, wie sehr
er damit die eifersüchtige Empörung seiner Besucherin anstacheln würde. Shemaine war
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mehr als bereit, ihre Last in stärkere Arme zu legen, und beugte sich bereitwillig vor, als ihr Herr einen Arm zwischen sie und Andrew schob, um ihr seinen Sohn abzunehmen. Der Schock, seine stahlharten Muskeln an ihrer Brust zu spüren, ließ Shemaine heftig erröten, und in ihrer Qual versuchte sie einen
Schritt zurückzutreten, aber ihre Bemühungen wurden im Keim erstickt. Zu ihrem Verdruß mußte sie
feststellen, daß sie Andrews Gefangene war, denn die Finger des Kleinen hatten sich in der
abgerissenen Spitze ihres Kragens verfangen. Um sich so schnell wie möglich zu befreien vor allem
von dem Mann -, tastete Shemaine blind ihren Rückenausschnitt ab, um die kleinen Finger zu lösen.
»Laß mich das machen«, sagte Gage und schob ihre Hände beiseite. »Du machst es ja nur noch
schlimmer.«
Obwohl sie sich ihrer mißlichen Lage aufs Schmerzlichste bewußt war, stand Shemaine demütig still,
damit sie ihr Dilemma nicht noch vergrößerte. Mit Andrew zwischen sich und ihr mußte Gage sich
weit vorbeugen, um in ihren Nacken schauen zu können, während er versuchte, die Finger seines
Sohnes von der Spitze zu lösen. Shemaine, der seine Nähe schier den Atem raubte, wagte es nicht, den
Blick zu seinem markant geschnittenen Gesicht zu heben, sondern schaute nur starr Andrew an, der
die Bemühungen der beiden Erwachsenen geduldig über sich ergehen ließ.
Gage indes konnte den köstlichen Druck des weichen, fraulichen Busens an seinem Arm schwerlich
ignorieren, aber so ersprießlich er ihn auch fand, durfte er sich doch nicht von seinen Gefühlen
mitreißen lassen. Schon gar nicht, während Roxanne dabeistand und sie scharf beobachtete.
Roxanne wurde, als sie diese beiden so zusammen sah, von einer Woge vertrauter Sehnsüchte erfaßt,
die ihr während der langen Zeit, die es sie schon nach Gage Thornton verlangte, nur allzu bekannt
waren. Von ganzem Herzen sehnte sie sich danach, genau dort zu sein, wo die gekaufte Frau sich in
diesem Augenblick befand, aber sie stand abseits und war mehr oder weniger vergessen. Es war nicht
das erste Mal, daß sie, wenn eine andere Frau im Raum war, übersehen wurde. Es geschah ihr einfach
nur einmal mehr, und die Frau, die ihr das antat, hatte ein anderes Gesicht.
Als Roxanne hörte, daß sie im Hause Thornton durch eine Strafgefangene ersetzt worden war, hatte
das ihre Gefühle grausam verletzt. Aber sie hatte dennoch die Hoffnung gehegt, Alma Pettycomb
könnte die Schwierigkeiten absichtlich hochgespielt haben mit ihrer Behauptung, das Weibsbild sei
bemerkenswert hübsch, vielleicht sogar noch liebreizender als Victoria. Heiße Wut war in
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