Wie Blueten Am Fluss

uns besucht, und eine Zeitlang sah es so aus, als hättest du mir verziehen. In der Nacht, als Andrew geboren wurde, bist du mit einigen anderen Frauen zu uns gekommen, um zu helfen. Du warst diejenige, die mir versichert hat, daß mit Victoria alles gutgehen würde... daß sie zu stark sei, um im Kindbett zu sterben. Danach warst du noch viele
    Male hier und hast uns geholfen, Andrew zu versorgen. Kurz nachdem Victoria getötet wurde, hast du
    mich inständig gebeten, dir zu erlauben, mein Haus sauberzuhalten und auf Andrew aufzupassen. Du
    sagtest, es würde dir helfen, deinen eigenen Kummer zu überwinden.
    Während all dieser Zeit, Roxanne, habe ich dich niemals wissentlich ermutigt oder dir einen Grund
    gegeben, mehr von unserer Bekanntschaft zu erhoffen oder zu erwarten, als ich dir zu bieten hatte.
    Aber du wolltest durchaus mehr, du wolltest etwas, das ich nicht geben konnte. Ich weiß, daß jetzt der Zeitpunkt gekommen ist, da ich diese Dinge mit aller Deutlichkeit aussprechen muß, damit es in Zukunft keine weiteren Irrtümer geben kann. Wenn du dir je vorgestellt hast, zwischen uns könne mehr sein als Freundschaft, dann hast du dich geirrt, Roxanne, und bist von falschen Voraussetzungen ausgegangen.«
    Seine so gelassen vorgebrachte Zurückweisung preßte alles Leben aus Roxannes Herzen. All die
    Liebe, die sie früher für ihn gehabt hatte, verwandelte sich in schwelenden Haß. »Du bist von falschen Voraussetzungen ausgegangen, Gage Thornton, wenn du glaubst, ich würde weiter Schweigen bewahren, was Victoria betrifft...«
    Gage verspürte plötzlich ein kaltes Prickeln im Nacken und einen Knoten in der Magengrube. Sie
    hatte ihm seit Victorias Tod nie offen gedroht, aber nach dem Kauf Shemaines hatte er mit etwas
    Derartigem gerechnet. Vorsichtig fragte er nun: »Wie meinst du das?«
    »Ich habe dir vertraut...«, Roxannes Stimme brach, aber sie hielt keine Sekunde lang inne, »ich habe
    dich geliebt, und ich konnte einfach nicht glauben, daß du deine eigene Frau töten könntest, aber ich
    war eine Närrin, die Tatsachen zu ignorieren. Ich bin hierhergekommen, als Victoria bereits tot war,
    nachdem du Andrew in die Hütte gebracht hattest. Vor kurzem, als mir all diese Dinge erneut durch den Kopf gingen, bin ich selbst noch einmal auf den Schiffsbug geklettert, und da ist mir klargeworden, daß es schon eines starken Mannes bedurft hätte, um Victoria über dieses Geländer zu
    werfen - auf die unten aufgehäuften Steinbrocken, die du mit deinen Männern dort hingeschleppt hast,
    damit die Regenfälle im Frühling nicht den Sand unter den Stützen des Schiffs wegspülen konnten.
    Wenn deine Frau keinen Grund hatte, sich selbst zu töten, dann bist du der einzige, der es getan haben könnte, Gage Thornton, denn du warst der einzige Mann, der seinerzeit in der Nähe war. Vielleicht hast du sie ja wirklich in einem Wutanfall getötet, wie die Leute in der Stadt damals vermuteten, und versucht, das Ganze wie einen Unfall hinzustellen. Was auch immer die Wahrheit sein mag, ich habe keine andere Wahl, als anzunehmen, daß du, als du mich damals kommen sahst, Victoria über Bord
    geworfen hast. Dann bist du mit Andrew in die Hütte zurückgelaufen, um es mir zu überlassen, sie zu finden, weil du wußtest, wie ich für dich empfunden habe! Du wußtest, daß ich bereitwillig alles glauben würde, was du mir erzähltest! Aber heute bin ich klüger, und ich bin zu der Auffassung gekommen, daß du Victoria an jenem Tag getötet hast, auf die eine oder andere Weise!«
    »Das ist eine Lüge«, stieß Gage hervor. »Ich hörte Victoria schreien, nachdem ich die Hütte erreicht
    hatte, und als ich wieder zurückkam, standest du über ihrem Leichnam! Wenn ich auch nur einen
    Augenblick lang geglaubt hätte, daß du stark genug gewesen wärst, um Victoria auf diese Weise zu
    ermorden, hätte ich dafür gesorgt, daß man dich noch an jenem Tag verhaftete. Aber wie du schon
    sagst, es hätte eines starken Mannes bedurft, um Victoria aufs Schiff hinaufzuschleppen und sie
    hinunterzuschleudern, und bisher weiß ich niemanden, der Grund genug gehabt hätte, ihr weh tun zu
    wollen, geschweige denn, sie zu töten.«
    »Du bist derjenige, der lügt, Gage Thornton. Nicht ich. Und das werde ich jetzt auch allen erzählen!«
    Er hatte nur ein vernichtendes Lachen für ihre Drohung. »Und du denkst, irgend jemand würde dir
    noch glauben, nachdem du damals geschworen hast, du hättest Victoria schreien hören und wärest
    gerade