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Wie Blueten Am Fluss

Wie Blueten Am Fluss

Titel: Wie Blueten Am Fluss Kostenlos Bücher Online Lesen
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standen Männer und aufreizend gekleidete Frauen auf dem Gehsteig und gafften sie überrascht an. Obwohl das
    Scheusal sich eine Hand auf sein blutendes Ohr preßte und immer noch in ohrenbetäubendem Zorn
    heulte, wich Shemaine keinen Millimeter zurück. Statt dessen umklammerte sie ihre behelfsmäßige
    Keule mit beiden Händen und ließ sie abermals mit brutaler Entschlossenheit Niederkrachen; diesmal
    traf sie die Knöchel der Hand, mit der Potts sich sein geschundenes Ohr hielt, bevor sie das Holz noch einmal von oben auf seinen Kopf schmetterte. Hätte sie ein Messer in der Hand gehabt, wäre es Shemaine vielleicht gelungen, den Mann an Ort und Stelle zu skalpieren, aber es war ihr auch so schon
    gelungen, Potts aufs unerträglichste in seinem Stolz zu verletzen. Mit einem gigantischen Wutgebrüll
    fing er den Stock in seiner fleischigen Faust auf, entriß ihn ihren Händen und warf ihn beiseite. In
    seinen Augen loderte unsäglicher Haß, als er sich nun auf Shemaine stürzte und
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    ihre Kehle umkrallte. Er zog sie bis auf die Zehenspitzen in die Höhe und riß sie abrupt so nahe zu
    sich heran, daß sein Whiskyatem die Luft, die zu atmen sie sich mühte, schwängerte. Seine wulstigen
    Lippen verzogen sich zu einem hämischen Grinsen, als er sie endlich hilflos genau dort hatte, wo er sie haben wollte.
    »Diesmal wirst du sterben, Miststück!« geiferte er, während seine verhornten, dicken Finger sich
    langsam um ihren grazilen Hals schlössen. »Und diesmal wird kein Mistah 'arper dasein, der dich
    rettet!«
    Shemaine zerrte an seinen bulligen Händen und versuchte sie von ihrer Kehle wegzustemmen, aber sie
    konnte sich aus der Umklammerung nicht befreien. Und sie konnte auch nicht mehr atmen. Obwohl es
    vollkommen nutzlos schien, kämpfte sie heldenhaft weiter, aber langsam verließen sie die Kräfte, und
    ihre Hände erschlafften. Das häßliche, breite Gesicht vor ihr, die gaffenden Menschen um sie herum,
    ja sogar die Sonne am Himmel verwandelte sich in einen dunklen, unscharfen Nebel. Nur noch am
    Rande bekam sie mit, daß sich jemand, vielleicht der Bucklige, durch die Zuschauermenge drängte.
    Aber der Mann schien so weit fort zu sein, daß sie nicht mehr hoffen durfte, er werde sie rechtzeitig
    erreichen, um den stählernen Schraubstock um ihre Kehle zu lösen und sie vor dem Tod zu bewahren.
    Ihre Arme fielen kraftlos herunter, und sie gab ihre schwächliche Gegenwehr endlich auf. Es würde
    bald vorüber sein, sehr bald.
    Gage war aus dem Krämerladen getreten, um festzustellen, was den Aufruhr draußen verursacht hatte.
    Direkt hinter dem Ring der Zuschauer, der sich um das Geschehen gebildet hatte, blieb er stehen und
    versuchte über die Schultern und Köpfe der Menschen zu schauen. Der Anblick Shemaines in der
    Umklammerung einer riesigen Bestie von Mann entfachte maßlosen Zorn in ihm. Mit einem wilden
    Fluch auf den Lippen packte er den ihm am nächsten stehenden Zuschauer am Kragen und stieß ihn
    grob beiseite. Mit den anderen Menschen, die ihm den Weg versperrten, verfuhr er genauso, bis er sich
    in das Zentrum des Geschehens vorgedrängt hatte und den hölzernen Axtgriff zu fassen bekam, den
    Potts zuvor beiseitegeworfen hatte. An seinem Ziel angekommen, trieb er das
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    stumpfe Ende des Stockes mit solcher Wucht in den Wanst des Matrosen, daß der Mann sich mit
    einem lauten Grunzen vor Schmerz zusammenkrümmte, das Mädchen losließ und stöhnend rückwärts
    taumelte.
    Gage fuhr hastig herum, um die in sich zusammensinkende Shemaine aufzufangen. Als sie in seinen
    Armen lag, blickte er forschend in ihr Gesicht, aber ihr Körper war vollkommen erschlafft, sie war in
    die dunkle Welt der Bewußtlosigkeit hinabgeglitten. Ihr Kopf ruhte haltlos an seiner Schulter.
    Nachdem er sich mit den Ellbogen und ohne jede Rücksicht seinen Weg durch die Menge erzwungen
    hatte, eilte er beinahe im Laufschritt auf den Krämerladen zu, wo Andrew das Geschehen voller Angst
    von der Tür aus beobachtet hatte.
    Das Geräusch fliegender Schritte und ein Warnschrei von Mrs. McGee warnten Gage, so daß er gerade
    noch rechtzeitig einen geschickten Schritt zur Seite tun konnte, als der riesenhafte Seemann ihm
    nachsetzte und sich auf ihn werfen wollte. Da Potts sich jedoch nichts Festeres als Luft
    entgegenstellte, stürzte er wild mit den Armen rudernd vornüber. Um das Maß vollzumachen, half
    Gage mit einem kräftigen Tritt in das breite Hinterteil des Mannes noch nach, so daß dieser hilflos auf die

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