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Wie Blueten Am Fluss

Wie Blueten Am Fluss

Titel: Wie Blueten Am Fluss Kostenlos Bücher Online Lesen
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Straße schlug. Gut zwei Meter von ihnen entfernt landete Potts mit dem Gesicht nach unten in einer großen Schlammpfütze, die die vorüberreitenden Pferde in den vergangenen Stunden großzügig
    mit frischem Dung angereichert hatten. Während er einen Mundvoll Dreck ausspie, hievte er sich auf
    Hände und Knie hoch und versuchte mühsam, auf die Füße zu kommen. Aber er rutschte auf dem
    schleimigen Grund aus, bis er sich abermals mit dem Gesicht nach unten im Schlamm wiederfand und
    der Mund sich von neuem mit dem widerwärtigen Modder füllte. Sein zweiter Versuch war
    ebensowenig von Erfolg gekrönt, und sein dritter scheiterte schon in den Anfängen. Es dauerte nicht
    lange, bis lautes, schadenfrohes Gelächter seine zornigen Bemühungen, aus dem Schlammloch
    herauszukommen, begleitete. Als es ihm endlich gelang, sich aus dem stinkenden Unrat zu befreien,
    johlte die Menge förmlich vor Vergnügen. Unter schadenfrohen Zurufen trottete er stinkend die Straße
    hinunter; seinen Spitznamen
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    Schlammfresser, auf den die Menge ihn so feinsinnig getauft hatte, würde er gewiß so bald nicht wieder loswerden.
    »Hat Shiam Aua, Papa?« fragte Andrew, der seinem Vater in den Laden gefolgt war, mit kindlicher
    Bestürzung.
    Gage bettete Shemaine auf eine Lederchaiselongue und ließ sich daneben auf ein Knie nieder. Sie
    hatte das Bewußtsein noch nicht wiedererlangt, aber sie atmete, und das ließ ihm zumindest noch
    einen Funken Hoffnung. Er warf einen schnellen Blick auf seinen Sohn, in dessen Augen Tränen der
    Angst schwammen, und versuchte, das empfindsame Gemüt des Jungen zu beschwichtigen.
    »Shemaine kommt schon wieder in Ordnung, Andy. Hab' keine Angst.«
    Andrew schniefte und wischte sich die Tränen aus dem Gesicht. In diesem Augenblick öffnete sich die
    Tür, und Mary Margaret trat mit dem Krämer, Adam Foster, in den Raum. Letzterer hatte in aller Eile
    Wasser in eine Schüssel gegossen und stellte diese nun auf einen kleinen Tisch neben die
    Chaiselongue. Als er neben Gage trat, um auf das Mädchen hinabzuschauen, versperrte er dem Jungen
    unbewußt den Blick.
    »Was für eine Schande«, zeterte Mr. Foster aufgeregt. Erzürnt über den Zwischenfall, stieß er
    atemlose, unvollständige Sätze aus. »Eine Frau auf so hinterhältige Weise anzugreifen! Sollte man
    vierteilen, so was!«
    Mary Margaret seufzte kläglich. »Ein Jammer, daß uns diese Art der Bestrafung hier in den Kolonien
    nicht gestattet ist.«
    Andrew, der nun weder zu Shemaine noch zu seinem Vater gelangen konnte, sah sich ziellos im Laden
    um, bis er in der Nähe des Eingangs eine Bewegung wahrnahm. Aufmerksam spähte er in die
    Dunkelheit hinter einer Vielzahl von Hacken, Rechen und Schaufeln, die verkehrt herum in einem
    kleinen Faß neben der Tür standen. Vorsichtig näherte er sich der Tür, weil er dachte, daß sich
    vielleicht ein Hund oder eine Katze in den Laden verirrt haben mochten. Dann gewöhnten seine
    Augen sich langsam an die Finsternis hinter dem Faß. Als er nun endlich die dunkel gekleidete Gestalt
    sah, die in nachdenklichem Schweigen dort kauerte, prallte er vor Schreck zurück. Es war aber auch
    ein grausiges Wesen mit kurzen
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    Beinen, langen Armen und zotteligem, lohfarbenem Haar, das über eine vorspringende Stirn fiel. Alles
    in allem bot sich dem Jungen ein wahrlich grauenvoller Anblick, wie er einem kleinen Kind eigentlich
    erspart bleiben sollte. Mit einem entsetzten Aufkreischen fuhr Andrew herum und rannte, so schnell
    seine kleinen Beine ihn trugen, um die anderen Erwachsenen, warf sich seinem Vater in die Arme und
    klammerte sich verzweifelt an seinen Hals.
    Gage hob seinen Sohn hoch und wandte sich um, um festzustellen, was den Jungen derart erschreckt
    haben konnte. Dann fiel sein Blick auf den entstellten Mann, der taumelnd vorgetreten war, und er
    begriff den Grund für die Panik des Kleinen.
    »Was gibt es denn, Cain«, fragte Gage freundlich und stand auf. »Was möchtest du?« Die
    Anwesenheit des Buckligen im Laden verwirrte ihn ein wenig, denn für gewöhnlich hielt Cain sich
    von Fremden fern. Er kam nur in den Weiler, um mit Mr. Foster Handel zu treiben oder um sich von
    Hugh Corbin sein Maultier beschlagen zu lassen. Ansonsten bekam man den Mann selten zu Gesicht.
    Cain schlurfte, behindert von mißgestalteten Armen, Beinen und Schultern, die ihm von Geburt an
    schief am Körper hingen, wachsam herbei, aber als Andrew sich abermals vor Angst schreiend in den
    Armen seines Vaters

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