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Wie Blueten Am Fluss

Wie Blueten Am Fluss

Titel: Wie Blueten Am Fluss Kostenlos Bücher Online Lesen
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Kolonie, daß sie mir alles mögliche angedroht hat, wenn ich sie nicht
    herumführte.« Während er seine Verstimmung hinter einem kurzen, humorlosen Auflachen verbarg,
    wippte er auf den Absätzen vor und zurück und warf einen verdrießlichen Blick die Hauptstraße
    hinunter. Er wußte nur allzugut, daß Gertrude gehofft hatte, Berichte über Shemaines grausames Los
    zu hören, daher bereitete es ihm nun diebisches Vergnügen, sich weiter in versteckten Andeutungen zu
    ergehen. »Ich habe ihr natürlich versichert, daß es hier wahrscheinlich nichts Sehenswertes geben
    würde, aber sie hat wohl gehofft, irgendeine hübsche Kleinigkeit zu finden oder Neuigkeiten zu hören,
    die ihr Freude bereiten würden.«
    Everette Fitch saugte seinen Blick für einen Moment an Shemaine fest. Jetzt, da sie ihr Haar gekämmt
    und zu einem geflochtenen Knoten im Nacken gebändigt hatte, sah das Mädchen genauso adrett und
    husch aus, wie er sich einst vorgestellt hatte, daß sie
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    unter besseren Umständen aussehen würde. In Anbetracht der haßerfüllten Erwartungen Gertrudes
    konnte er nur erahnen, daß seine Frau mittlerweile vor Bitterkeit kaum mehr atmen konnte.
    Gage entging der Blick, mit dem Kapitän Fitch Shemaine bedachte, keineswegs, genausowenig wie
    die gierige Sehnsucht, die in den grauen Augen brannte. Er hatte auch mit feinem Gespür den
    verborgenen Hintersinn in den Worten des Mannes aufgefangen und gab ihm die entsprechende
    Antwort. »Jawohl, es gibt noch Schätze hier, aber in ihrer wahren Gestalt gefallen sie dem, der so eifrig nach ihnen sucht, möglicherweise gar nicht. Andere dagegen wissen sie von Herzen zu schätzen.
    In der Tat würden wohl einige Männer alles aufs Spiel setzen, um sie an sich zu bringen.«
    Diese listigen Andeutungen ärgerten Everette so sehr, daß er es kaum wagte, in die
    bernsteingesprenkelten Augen zu blicken. Erst recht hatte er das Gefühl, seiner Stimme nicht trauen zu können, um etwas darauf zu erwidern. Es erfüllte ihn noch immer mit heißem Groll, daß er Shemaine verloren hatte. Aber noch mehr grämte er sich darüber, daß dieser unverschämte Eindringling seine
    Autorität als Kapitän des Schiffs in Frage gestellt hatte, indem er sich gerissen an Gertrude wandte: Er hatte seine Frau gebeten, sein Angebot für Shemaine zu erwägen, als hätte er scharfsinnig erkannt, daß sie diejenige war, die letztendlich das Sagen hatte. Daß es diesem Burschen gelungen war, ihm das Mädchen unter den Händen wegzustehlen, wäre für den Stolz eines jeden Mannes ein böser Schlag
    gewesen, aber für Everette Fitch kam noch etwas viel Schmerzlicheres hinzu. Er hegte den Verdacht,
    daß J. Horace Turnbull die Dinge bewußt so geordnet hatte, daß Gertrude in jeder Situation die Zügel
    in Händen hielt, vielleicht zu keinem anderen Zweck als dem, seinen Schwiegersohn zutiefst zu
    demütigen.
    Gertrude nahm nichts von dem wahr, was die beiden Männer da in Wirklichkeit miteinander
    ausfochten. Während ihres Gesprächs hatte sie den Blick über die schlammbespritzte Hauptstraße und
    die Holzhäuser gleiten lassen, die den Gehsteig säumten, und ihre eigenen Schlüsse gezogen. Mit
    höhnischem Auflachen machte sie ihrem Abscheu Luft. »Ich sehe nichts in dieser Siedlung, das in mir
    den Wunsch wecken könnte, jemals hierher zurückzukehren.«
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    Gage rang sich ein duldsames Lächeln ab. »Newportes Newes ist im Vergleich zu London gewiß nur
    ein Säugling, Madam. Dennoch gibt es andere Städte in diesem Land, die bereits in der Entwicklung
    zu beeindrucken vermögen. Williamsburg zum Beispiel. Der Palast des Gouverneurs steht für eine bei
    weitem elegantere Lebensart, als Sie sie hier in dieser Hafenstadt finden werden. Was mich betrifft,
    ich lebe gern am Fluß, und ich weiß den Raum und die Freiheit dieser Gegend zu schätzen. In diesem
    Land gedeiht noch der Geist des Abenteuers, und dieser Geist kommt meiner eigenen Lebensart sehr
    entgegen.«
    Gertrude hatte nicht viel übrig für die Anschauungen eines hinterwäldlerischen Siedlers, den sie
    obendrein noch für einen Mann niedriger Herkunft hielt. »Ich bin sicher, daß die Abenteuer in dieser
    ungezähmten Wildnis geradezu überwältigend für Sie sein müssen, Sir, aber ich ziehe die zivilisierte
    Kultur Englands diesem kleinen, schmutzigen Nest doch bei weitem vor. Natürlich weiß nur ein
    gebildeter Engländer sein kulturelles Erbe wirklich zu würdigen.«
    Ihr höhnischer, schriller Tonfall machte Andrew angst.

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