Wie Blüten im Wind: Roman (German Edition)
und Form eines Papptabletts. Lexi packte vorsichtig die Schachtel aus und hob den Deckel an.
Sie sah eine bunte Broschüre für einen Apartmentkomplex in Pompano Beach, Florida. Fun in the Sun , versprach sie in großen, schrägen Lettern. Darunter lag ein Vorlesungsverzeichnis des Broward Community Colleges.
»Das ist das Haus, in dem Barbara wohnt«, erklärte Eva und beugte sich vor. »Deine Zukunft wollte mir einfach nicht aus dem Kopf gehen, und da dachte ich, warum kommt sie nicht einfach mit mir nach Florida? Barbara hat zwei Schlafzimmer, und sie und ich haben uns schon früher eins geteilt. Also hättest du ein eigenes Zimmer und könntest tagsüber studieren. Du müsstest keinen Cent Miete bezahlen.«
Lexi blickte über den Tisch hinweg zu der Frau, die so viel für sie getan hatte, und spürte einen Kloß im Hals. »Sieht großartig aus.«
»Ich hätte wissen müssen, dass du nicht auf die Kosmetikschule willst. Barbara hat’s mir gleich gesagt. Du bist die Erste aus unserer Familie, die aufs College geht. Aufs College«, wiederholte Eva ehrfürchtig. »Wir sind so stolz auf dich. Und du musst deine andere Tante kennenlernen. Ihre Kinder und Enkel wollen dich unbedingt kennenlernen.« Sie tätschelte Lexis Hand. »Ich weiß, du denkst an deinen Freund, aber der studiert irgendwo mit seiner Schwester. Du solltest wissen, dass ich mir auch darüber Gedanken gemacht habe. Du bist nicht mehr allein, Alexa. Es sei denn, du möchtest es. Aber jetzt lass uns die Donuts essen. Ich muss bald zur Arbeit. Blas die Kerze aus, und wünsch dir was.«
Wünsch dir was.
Lexi starrte in die kleine Flamme über der blauen Kerze.
Sie hatte nur einen Wunsch, und der würde nicht wahr werden. Trotzdem versuchte sie es.
»Viel Glück, Lexi. Ich hoffe, dein Geburtstagswunsch geht in Erfüllung.«
Danach aßen sie Donuts, prosteten sich noch einmal mit einem Glas Milch zu und gingen getrennte Wege: Eva zu ihrer Samstagsschicht bei Walmarts, Lexi zur Eisdiele. Den Rest des Tages war Lexi ständig in Bewegung. An einem sonnigen Wochenende wie diesem wimmelte es vor Kunden.
Erst am Abend, als Zach und Mia sie von der Arbeit abholten, kam sie zur Ruhe.
Lexi versuchte, sich in ihrer Gegenwart fröhlich zu geben. Beim Abendessen lachte, scherzte und plauderte sie, doch als Jude einen Kuchen mit Kerzen zum Tisch brachte, begann ihre Fassade zu bröckeln, und sie musste alle Selbstbeherrschung aufbieten, um nicht zu weinen oder davonzurennen.
Im nächsten Jahr würde sie ganz allein ihren Geburtstag feiern. Mia und Zach würden dann im sonnigen Kalifornien ihren College-Traum leben. Sie wünschte ihnen wirklich alles Glück der Welt. Doch ihre eigene Zukunft hing so bedrohlich vor ihr wie eine dunkle Sturmwolke am Himmel. Natürlich versprachen sie sich, in Kontakt zu bleiben und für immer befreundet zu sein, und ihre Vorsätze waren sicher so aufrichtig wie ihre Gefühle, aber das würde nicht ausreichen. Als sie ihnen von Evas Angebot erzählte, stöhnten beide laut auf und flehten sie an, nicht so weit wegzuziehen. Sie wollten sie in den Semesterferien sehen.
Sie hatten gut reden. Aber sie selbst wollte es ja auch.
»Wie wird es wohl werden?«, fragte Mia, als sie später zusammen auf einer Decke am Strand lagen. Es war das erste Mal, das einer von ihnen sich traute, die Frage laut auszusprechen.
Sie hielten sich an den Händen und blickten hinauf in die Sterne.
»Ich hab schon so lange davon geträumt«, sagte Mia. »Aber jetzt, wo es bald so weit ist, habe ich Angst.«
Lexi hörte Zach neben sich seufzen. Weil sie ihn liebte, wusste sie, was das bedeutete: Er steckte in einem Dilemma. Er liebte Lexi – sie wusste das, glaubte es mit jeder Faser ihres Herzens –, aber Mia und er waren auf ganz besondere Weise miteinander verbunden. Sie waren Zwillinge, mit allem, was dazugehörte. Sie konnten miteinander kommunizieren, ohne miteinander zu sprechen. Und eine der Eigenschaften, die Lexi am meisten an Zach liebte, war seine Fürsorge gegenüber Menschen, die er liebte. Er wollte niemanden verletzen. Am wenigsten Mia.
Deshalb würde er zur USC gehen. Ganz gleich, wie sehr er Lexi liebte – Mia und seine Eltern liebte er mehr. Er konnte sie nicht enttäuschen. Und er hatte Angst, dass Mia zu schüchtern war, um es allein an der USC zu schaffen.
»Wir können trotzdem für immer Freunde bleiben«, sagte Lexi. Daran wollte sie glauben, sie musste es.
Sie hörte, wie Mia neben ihr tief Luft holte und dann leise anfing
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