Wie der Vater so der Tod
Unterwäsche, aber ihr scheint es überhaupt nichts auszumachen. Klar, sie könnte auch gut auf der nächsten Titelseite von Teen Vogue erscheinen.
»Was für ein Jammer, dass du letztes Jahr nicht in der Mannschaft warst. Aber he, heute Abend haben wir ein Spiel. Komm und sieh es dir an! Du könntest nächstes Jahr dazugehören.«
Lieber halte ich meine Hände in einen Schredder, als mir ein Volleyballspiel anzusehen. »Für heute Abend habe ich schon was vor«, sage ich. Will heißen: Das war’s. Tschüs. Ich wünsche dir ein gutes Leben.
»Oh.« Jamie klingt echt enttäuscht.
Mrs. Koster marschiert durch den Umkleideraum. »Denkt daran, Mädchen, heute beginnen wir mit Schwimmen. In die Badeanzüge, schnell!«
Jamie geht zu ihrem eigenen Spind.
Ich sollte erleichtert sein, dass ich nicht die Demütigung eines Volleyballspiels ertragen muss. Schwimmen mag ich, aber nicht im Becken. Ich schwimme lieber in Seen oder im Ausable River bei Ramonas Ruhesitz.
Mrs. Koster hat uns die Badeanzüge schon vor einer Woche mitbringen lassen. In dieser Hinsicht gibt es also keine Ausreden. Ich sehe in den Spind und hoffe, dass jemand meinen Anzug geklaut hat. Nichts dergleichen. Ich ziehe mich so schnell um, wie es menschenmöglich ist, und stopfe das Haar unter die Badekappe.
Als wir alle fertig sind, stellen wir uns für die Reise zur Mittelschule auf, wo sich das Becken befindet. Ein überdachter Gang verbindet Scottsfields Highschool mit Scottsfields Mittelschule, die ihrerseits mit Scottsfields Grundschule verbunden ist.
Die Fenster der Halle mit dem Schwimmbecken sehen aus, als wären sie seit Jahrzehnten nicht geputzt worden, und es riecht so sehr nach Chlor, dass mir fast die Sinne schwinden. In den fünf Minuten, die Mrs. Koster über die Regeln predigt, ersticke ich fast in der Hitze.
Wir beginnen mit freier Zeit im Becken. Einige der Mädchen sitzen am Rand, die Füße im Wasser. Das sind diejenigen, die keine nassen Haare bekommen wollen. Andere springen hinein und bespritzen sich wie Drittklässler. Was mich betrifft … Ich gehe langsam durchs Wasser und versuche, einen Sinn in den bunten Schlieren zu erkennen, die ich ohne meine Brille sehe.
»Alle aus dem Becken und hierher!«, ruft Mrs. Koster gegen Ende der Stunde.
Ich ziehe mich über den Rand und folge den anderen Mädchen.
»Bildet zwei Reihen!«, befiehlt Mrs. Koster. Die Sportskanonen unter uns versuchen alle, einen Platz in der ersten Reihe zu kriegen. Ich geselle mich zu den Mädchen, die am Ende der Reihe um den letzten Platz ringen. Wir hoffen, dass die Stunde vorbei ist, bevor wir dran sind.
In der fünften Klasse – kurz nach unserem Umzug hierher, als ich es noch nicht besser wusste – gehörte ich zu den ersten Mädchen in der Reihe. Mit einem leicht abgewandelten Bauchklatscher sprang ich ins Wasser und schwamm ungeheuer schnell, wie ich glaubte. Als ich die andere Seite erreichte, war ich mir meines Siegs so sicher, dass ich mich aus dem Wasser zog und nach meiner Rivalin Ausschau hielt. Sie war nirgends zu sehen, und ich befürchtete schon, dass sie unterwegs ertrunken war. Die Wahrheit lautet: Ich war so langsam gewesen, dass sich das andere Mädchen bereits abgetrocknet hatte.
Heute bin ich bereit für eine weitere peinliche Niederlage. Wenn man die Sache von der positiven Seite sieht: Vielleicht hört Jamie auf, mich zum Volleyball einzuladen, wenn sie sieht, wie jämmerlich ich schwimme. Ich habe die Uhr vorher abgenommen und daher keinen Beweis für meine Vermutung, dass uns Mrs. Koster bis in die dritte Stunde behält. »Auf die Plätze, fertig, los!«, ruft sie, als ich an der Reihe bin, und sie klingt dabei ebenso begeistert wie bei den Superschwimmerinnen.
Ich springe ins Wasser und erinnere mich dabei an meinen ersten Schwimmunterricht in Philly. Meine Mom brachte nie eine Zeitschrift für den Unterricht mit, so wie die anderen Mütter. Sie sah sich immer alles an, saß vorgebeugt da, das Kinn auf die Hände gestützt, und strahlte. Sie verlor ihren Enthusiasmus nie, selbst dann nicht, als ich den Anfängerkurs dreimal wiederholen musste. Ich stelle mir vor, wie sie heute am anderen Ende des Beckens steht, wie sie auf mich wartet, damit sie mit mir losfahren kann. Aber als ich aus dem Wasser komme, steht nur Mrs. Koster da. Alle anderen haben sich bereits auf den Rückweg zur Highschool gemacht, auch das Mädchen, gegen das ich angetreten bin.
Als es für die Englischstunde läutet und Mrs. Monroe die Tür schließt,
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