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Wie der Vater so der Tod

Wie der Vater so der Tod

Titel: Wie der Vater so der Tod Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tracy Bilen
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Wind. »Wie sieht dein Plan aus?«, frage ich.
    »Wie wär’s, wenn du hier anfängst und dich geradeaus vorarbeitest? Ich beginne sechs oder sieben Schritte von dir entfernt mit der Suche. Wenn wir das Ende des Felds erreicht haben, wiederholen wir den Vorgang und suchen in entgegengesetzter Richtung, ein wenig zur Seite versetzt.«
    Es fühlt sich gut an, wenn ein anderer die Entscheidungen trifft, obwohl ich durchaus imstande gewesen wäre, selbst ein solches Suchmuster zu entwickeln. Ich richte die Arme nach vorn, wie beim Schwimmen, teile damit das hohe Gras und versuche, möglichst wenig Spuren zu hinterlassen. Nichts soll meinen Vater darauf hinweisen, dass jemand über sein Feld getrampelt ist.
    »Wie kommst du voran?«, ruft Zach.
    »Ganz gut, denke ich.«
    Am liebsten hätte ich mich zu Boden geworfen und geschrien.
    Wir finden nichts, was vermutlich eine frohe Botschaft ist. Nichts deutet darauf hin, dass hier irgendwo eine Leiche über den Boden gezogen und vergraben wurde. Aber wir haben uns noch nicht den Wald und das Feld vor dem Haus angesehen.
    »Das vordere Feld ist zu offen«, sagt Zach. »Keiner, der noch alle Sinne beisammen hat, würde dort …« Er spricht nicht weiter.
    Ja, genau. Aber ich muss Zach recht geben, wir sollten uns auf den Wald konzentrieren. Er gehört dem Farmer hinter uns, aber ebenso gut könnte er niemandem gehören, denn ich habe dort noch nie einen Menschen gesehen.
    Als ich den Wald betrete, entsteht ein Knoten in meinem Bauch. Die hohen Bäume – bei einigen verfärben sich die Blätter bereits – halten das Sonnenlicht fern, und es wird kühl. Der Wind frischt auf, und das Rauschen in den Wipfeln erinnert mich an einen rasch strömenden Fluss. Immer wieder knackt es über mir, als könnte gleich ein Baum umstürzen oder ein dicker Ast auf mich herabfallen. Ich ducke mich unwillkürlich, muss immer neuen Hindernissen ausweichen und suche mir einen Weg. Ständig bekomme ich Zweige ins Gesicht. Nach einer Weile blicke ich zurück, um mich zu vergewissern, dass ich in einer einigermaßen geraden Linie gehe, aber ich kann unser Haus nicht mehr sehen – was sich außerhalb des Walds befindet, bleibt mir verborgen. Ich schaudere bei der Vorstellung, dass mein Vater Mom durch diesen Wald getragen und dann vor dem Baum dort abgelegt hat, überzeugt davon, nicht beobachtet zu werden.
    Ich strauchle, schreie, kneife die Augen zu und glaube, über das Bein meiner Mutter gestolpert zu sein. Zweige knacken, welkes Laub raschelt und knistert, als Zach mir entgegenläuft. Als ich seine Hand auf der Schulter fühle, wage ich die Augen zu öffnen. Erleichtert stelle ich fest, dass es nur eine Wurzel ist.
    Zach umarmt mich, und wir setzen die Suche fort, aber diesmal bleibt er in meiner Nähe. Wir kommen zum sumpfigen Teil des Walds, und Unbehagen breitet sich in mir aus. Schlammiges Wasser reicht mir bis über die Fußknöchel, und jeder Schritt führt ins Ungewisse. Im Gegensatz zum Feld vor dem Haus wäre dies ein geeigneter Ort, um eine Leiche zu verstecken. Ein Zittern überläuft mich. So stark, dass Zach es bemerkt.
    »Du brauchst nicht weiterzugehen«, sagt er. »Du kannst dort drüben auf trockenem Boden warten und es mir überlassen. Oder wir rufen die Polizei.«
    »Ich komme schon klar.« Wenn ich die Polizei rufe, machen sich Jack Reynolds und seine Leute wieder in unserem Leben breit. Mein Vater wird sie davon überzeugen, dass Mom im Urlaub ist. Anschließend bin ich dann mit Dad allein, und dem ist klar, dass ich Bescheid weiß.
    Der Schlamm klebt mir an den Schuhen. Jedes Mal, wenn ich den Fuß hebe, hört es sich an, als säße ein Strumpf im Rohr eines Staubsaugers fest. Schmutziges Wasser spritzt mir auf Jeans und Shirt. Ich zerbreche einen Rohrkolben und verteile das flauschige weiße Zeug im Wasser, um mich von dem wahren Grund abzulenken, der mich hergeführt hat. Zehn Schritte. Ein weiterer Rohrkolben. Noch einmal zehn Schritte. Und so weiter. Siebenundzwanzig Rohrkolben später haben wir es durch den Sumpf geschafft.
    »Es ist fast fünf«, sagt Zach. »Ich sollte mich besser auf den Weg machen, bevor dein Vater auftaucht.« Er reicht mir die Hand, und wir stapfen gemeinsam zum Haus.
    Wir durchqueren die Garage und gehen einige vorsichtige Schritte in Richtung Wäscheraum. »Mist. Ich fürchte, die Schuhe sind hin. Und deine ebenfalls.« Ich ziehe Schuhe und Socken aus. »Warte eine Sekunde!«, bitte ich. »Ich hole uns trockene Sachen.«
    In meinem Zimmer ziehe

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