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Wie deutsch ist das denn?!

Wie deutsch ist das denn?!

Titel: Wie deutsch ist das denn?! Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jürgen Ahrens
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Das Thema Mülltrennung dagegen ist so international wie zeitlos– es beschäftigt die Menschen schon seit der Antike, auch wenn es damals begreiflicherweise nicht die ökologische Brisanz besaß wie heute.
    Bevor die Zeit der industriellen Wegwerfgesellschaft anbrach, waren es weitgehend organische Abfälle, die vor sich hin stanken und irgendwie weggeschafft werden mussten. So entstand zum Beispiel schon um 500 v. Chr. vor den Toren Athens die erste öffentliche Müllkippe– bekanntlich nicht der Weisheit letzter Schluss, aber mangels besserer Lösungen jahrtausendelang fast die einzige Möglichkeit einer halbwegs sozial- und gesundheitsverträglichen Entsorgung. Inzwischen kommen auch Schwellenländer langsam davon ab. In Mexiko-Stadt etwa hat man es Ende 2011 geschafft, mit dem Bordo Poniente die übelste Abfallhölle des Planeten zu schließen und stattdessen ein Mülltrennungs- und Recyclingsystem einzuführen.
    Erste Alternativen zum gewohnten Wegkippen, sei es auf die Deponie oder einfach in die Gosse, kamen im 19. Jahrhundert auf– beispielsweise das Verfeuern von Müll zwecks Wärme- und Energiegewinnung. Das Zeitalter der Müllverbrennung begann 1876 im englischen Nottingham mit der weltweit ersten Anlage dieser Art. Auch in den USA setzte sich die neue Erfindung schnell durch; 1908 arbeiteten dort landesweit bereits 180 Anlagen. Parallel dazu wurden ab dem beginnenden 20.Jahrhundert systematisch Schweinefarmen (piggeries) genutzt, um Lebensmittelabfälle zu beseitigen. Allerdings produzieren Schweine wiederum neuen Dreck, der seinerseits entsorgt werden musste. Eine Patentlösung sieht anders aus.
    Klarer Fall: Der ideale Lebenszweck von Müll besteht in der Wiederverwertung, und diese Erkenntnis ist alles andere als neu. So wurden zum Beispiel schon im alten Rom Exkremente gesammelt und an die Bauern im Umland als Dünger verkauft. Weniger anrüchige Abfälle hatten zu fast allen Zeiten Konjunktur: Metalle wurden eingeschmolzen und neu geschmiedet, ab dem 12. Jahrhundert verkauften Lumpensammler verschlissene Kleidung an Papiermühlen, und in Großbritannien diente Kaminasche als Zutat für Ziegelsteine. In Germantown im heutigen US -Bundesstaat Pennsylvania soll der gebürtige Deutsche Wilhelm Rittenhausen 1690 erstmals Papier aus einer Fasermasse hergestellt haben, der neben Hadern auch Altpapier beigemischt war. 1774 beschrieb der Göttinger Professor Justus Claproth ein Experiment, bei dem er Druckerschwärze mit Terpentinöl vollständig aus dem Papiermüll herauswaschen konnte. Und im englischen Batley entwickelte der Fabrikant Benjamin Law 1813 ein Verfahren, mit dem sich fein geschredderte alte Wollkleidung zu einem Recycling-Material verarbeiten ließ– der shoddy wool (Reißwolle).
    Kurz, die Zweitverwertung brauchbarer Abfälle war im Grunde schon immer relevant– auch weil sich ein Großteil der Gesellschaft bis ins 19. Jahrhundert hinein schnödes Wegwerfen ganz einfach nicht leisten konnte. Erst mit dem rasant fortschreitenden Industriezeitalter änderte sich das nach und nach: Immer mehr Einwegartikel, Kunststoffe und Verpackungsmaterialien wurden entwickelt, verbunden mit immer neuen Müllproblemen, weil mit leeren Konservendosen oder Plastiktüten eben nicht viel anzufangen ist. Parallel dazu wuchs der Bedarf an Rohstoffen, sodass Recycling zunehmend wirtschaftlich notwendig wurde. Das aber setzt konsequente Mülltrennung voraus– am besten schon an der Quelle, also in den Haushalten und Unternehmen, wie es bei uns inzwischen allgemeine Gepflogenheit ist.
    Der Vorreiter dieser Idee war allerdings kein Deutscher, sondern ein Franzose. Eugène Poubelle (1831 – 1907), Präfekt des Départements Seine, führte 1884 in Paris das erste Drei-Tonnen-System ein: eine Tonne für verrottbare Materialien (heute » Biotonne « genannt), die zweite für Papier und Lumpen, die dritte für Glas, Geschirr und (man ist ja in Frankreich!) Austernschalen. Auch das Fassungsvermögen der Tonnen, 40 bis 120 Liter, war bereits reglementiert. Zwar wurde Poubelle dafür heftig angefeindet, weil den Parisern die Abfallklauberei lästig war– doch letzten Endes hat seine Idee überlebt und sich als weltweiter Goldstandard durchgesetzt. Der NamePoubelle ist sogar als Vokabel in den französischen Sprachschatz eingegangen– er bedeutet » Mülleimer « oder » Abfalltonne « .
    Auch in den USA bemühte man sich schon im 19. Jahrhundert, Abfällen durch Trennen und Wiederverwerten ein zweites Leben zu

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