Wie die Libelle in der Wasserwaage
und meinte, wir müssten da wohl mal einen neuen Wintermantel kaufen. Ob er dieses „ wir “ in dem gleichen Sinne meinte wie Sonja, die Stationsleiterin im Blankeneser Altenheim? Ich hoffte, nicht!
Er bestellte zwei Campari-Soda und begann, die Speisekarte zu studieren. Im gleichen Moment klingelte sein Blackberry. Mit wichtiger Miene entschuldigte er sich kurz bei mir, wandte sich ab und begann ein Gespräch auf Fachchinesisch zu führen. Gefühlt hat er sich an diesem Abend nicht nur deutlich länger mit seinem Blackberry unterhalten als mit mir, sondern auch wesentlich wortreicher. Denn es klingelte alle paar Minuten. Ich kam mir ziemlich blöde vor, während ich an meiner gegrillten Dorade herumstocherte. Wozu ging der Typ mit mir essen, wenn er doch im Grunde gar keine Zeit für mich hatte?
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Tatsächlich lud er mich am folgenden Tag zum Einkaufen am kommenden Samstag ein. Ich druckste herum, dass ich mir das nicht leisten könne, weil meine Situation doch so ungeklärt sei, aber er wiegelte meine Einwände rigoros ab. Keine Sorge, die Rechnung übernähme er.
Ich erstand nicht nur einen wirklich edlen Wintermantel, auch ein Kleid, Winterschuhe, schicke Stilettos, mehrere Shirts, Röcke und zwei kuschlige Kaschmirpullis fielen bei der Einkaufstour ab. Auch hier war Hoch-Tief-Heinz mehr mit seinem Blackberry als mit mir beschäftigt gewesen, aber das kam mir ganz gelegen. Welche Frau lässt sich schon gerne von einem Mann beim Einkaufen reinquatschen, noch dazu, wenn sie den Kerl kaum kennt? Es reicht vollkommen aus, wenn er hinterher die Rechnung zahlt.
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So liefen die Tage dahin. Wir gingen zusammen mit dem Blackberry essen und besuchten reihenweise Karnevalsveranstaltungen, bei denen das Blackberry sich allerdings diskret im Hintergrund hielt. Wir kehrten danach recht oft in einer Bar ein, der Stamm-Bar meines Mäzens, die irgendwo beim Zülpicher Platz in einer recht finsteren Ecke von Köln lag, aber dennoch ziemlich schick war. Die Cocktails waren wirklich gut.
Während Heinz vor der Türe wichtige Telefonate führte, pflegte mich der Barchef in kleine, belanglose Plaudereien zu verwickeln. Er und Heinz kannten sich schon lange, erzählte er, denn Heinz verkehre schon seit vielen, vielen Jahren in seiner Bar. Ein feiner Kerl sei das, der Heinz, und so gut aufgestellt in seinem Bauladen. Und dann redete er weiter, redete und redete.
Als Barkeeper muss man diese Fähigkeit sicherlich perfektionieren, man lebt ja nicht nur von den Flüssigkeiten, die man in die Gläser füllt, nein, auch vom gesprochenen Wort, das dem einsamen Gast ein Gefühl der Behaglichkeit und menschlichen Wärme vermittelt. Das Gefühl, ernst genommen zu werden und Zuwendung zu erhalten, auch wenn die Welt dort draußen tagsüber grau und bitter gewesen war.
Dieser Barchef, Thomas hieß er und wurde Tom genannt, war der einzige Mensch, der mir je begegnet ist, der Fragen stellen konnte, um sie sogleich im nächsten Satz selbst zu beantworten. Und so parlierte er immer weiter, in einem fort. Er bewegte sich dabei gekonnt durch die verschiedensten Bereiche, wie an einer Liane schwingend, elegant und gleichmäßig von einem Gesprächsthema zum nächsten. Es war gar nicht nötig, selbst etwas dazu zu sagen, es reichte, ab und an mal zu nicken oder kurz beizupflichten. Denn auf einen echten Dialog war Tom gar nicht aus. Noch weniger suchte er einen kontroversen Disput. Tom war nämlich ein Bescheidwisser, ein Typ von der Sorte, neben denen man sich als kleines Dummchen fühlt, weil er einfach immer alles besser wusste. Jedes Aber seines Gegenübers, das eine andere Sicht auf die Dinge hätte einleiten können, erstickte er im Keime.
Doch im Grunde war der Kerl nicht verkehrt. Ich lernte ihn ganz gut kennen und betrachtete ihn fast schon als Freund, denn Hoch-Tief-Heinz redete wie gewohnt auch hier mehr mit seinem Blackberry als mit mir.
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Tafari rief weiterhin fast täglich an. Ich hatte mir keine neue Telefonnummer zugelegt, was ich mir selbst gegenüber als Sparsamkeit rechtfertigte. Wenn ich aber ehrlich war, musste ich zugeben, dass ich mich über seine Anrufe freute, über die nicht nachlassende Treue und Zuverlässigkeit, mit der er an mich dachte. Er war ja im Grunde ein anständiger Kerl gewesen, ganz im Gegensatz zu Gianni, diesem Windhund. Und nur wegen Gianni hatte ich Tafari nicht wirklich an mich herankommen lassen. Was auf der anderen Seite auch wieder gut war. Denn was für eine Zukunft wäre das schon gewesen,
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