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Wie die Welt endet: Roman (German Edition)

Wie die Welt endet: Roman (German Edition)

Titel: Wie die Welt endet: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Will McIntosh
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Balkon gepflanzt haben?«, fragte sie. » Die sind alle aufgegangen. Rote, grüne, violette… richtig hübsch.«
    Das war ein guter Tag gewesen. Deirdre hatte nackt Chilis eingepflanzt, und das durch die Stufen der Feuertreppe fallende Sonnenlicht hatte helle Streifen auf die Wand gemalt.
    Für einen ganz kurzen Moment erwog ich, wieder in das chaotische Leben mit Deirde einzusteigen, mich erneut ihrem dunklen Charme hinzugeben und die Gewalt, die mich überall umgab, in mein Privatleben einzulassen. Wenigstens hätte ich dann kein schlechtes Gewissen mehr, weil ich sie verlassen hatte.
    Sobald ich mit einer Frau schlafe, fühle ich mich verantwortlich für ihr Wohlergehen. Eigentlich lebenslang. Ich habe keine Ahnung, warum das so ist. Zwei oder drei Jahre Therapie würden vermutlich die Gründe dafür aufdecken.
    Ich dachte an ihre Sammlung von Notrufen und an die Kaltblütigkeit, mit der sie mir die Anrufe vorgespielt hatte. Diese Erinnerung wirkte wie ein Beruhigungsmittel, das jeden Gedanken an Versöhnung auslöschte. Außerdem würden Colin und Jeannie kein Wort mehr mit mir sprechen, wenn ich die Beziehung zu Deirdre wieder aufnahm.
    » Es tut mir leid«, sagte ich.
    Und Deirdre war fort.
    Ich lud mir ihr Bio-Video herunter, ich konnte nicht anders. Wie würde Deirde sich einem potenziellen Partner präsentieren? Mit heißen Sex-Szenen? Oder mit Aufnahmen von ihren Flash-Konzerten? Ich war mir nicht sicher, ob sie nach dem, was bei ihrem letzten Konzert geschehen war, noch den Rockstar hervorkehren würde.
    Ich konnte es nicht abwarten, daher ließ ich das Video schon während der Sechzig-Sekunden-Pause vor meinem nächsten Date abspielen. Es begann mit einer elf- oder zwölfjährigen Deirdre, die in einem kleinen Garten neben einer Garage hockte, mit einem Holzstapel im Hintergrund. Sie hatte gerade eine große rote Tomate abgepflückt und hielt sie lächelnd hoch. Die Szene ging in eine andere über: Die achtjährige Deirdre saß mit gekreuzten Beinen im Schlafanzug auf einem Dielenboden und legte ein Puzzle, dessen Teile um sie herum verstreut waren. Dann Deirdre fast begraben unter Weihnachtsgeschenken und zerrissenem Geschenkpapier, neben meiner Schwester Jilly vor unserem Weihnachtsbaum, beide mit breitem Grinsen. Deirdre, die zum ersten Kindergartentag in meinen Schulbus einstieg und meiner Mutter zum Abschied winkte. Auf einem Dreirad, und mein Vetter Jerome stand in dem großen Korb hinten auf dem Gepäckträger, die Hände auf ihren Schultern. In den Ferien mit meiner Familie in Puerto Rico, sonnengebräunt in einem Restaurant mit einem halben Dutzend Blumenketten um den Hals. Auf der Veranda meines Elternhauses, bevor ein Hurrikan es vernichtet hatte.
    Das Video war schön gemacht, ein kurzer Moment ging in den nächsten über, glückliche, nostalgische Szenen, alle aus meinen Kinderfotos übernommen, mit Deirdre an meiner Stelle.
    Ich weinte beim Zuschauen. Es war so herzergreifend, und ich hatte solches Mitleid mit ihr. Plötzlich wünschte ich, ich könnte ihr etwas von dieser Kindheit schenken– den Garten, das Puzzle, die Ferien, es an die Stelle dessen setzen, was sie in ihrer Kindheit erlebt hatte. Das mochte ich mir gar nicht vorstellen. Einmal hatte ich sie nach der kleinen Narbe unter ihrem Kinn gefragt, und sie hatte gesagt, die stamme vom Knopfauge ihres Teddybärs, mit dem ihr Stiefvater sie geprügelt hatte. Angesichts der Erinnerungen, die Deirdre mit sich herumschleppte, mühsam in einen Winkel ihres Gedächtnisses verdrängt, ging es ihr vielleicht sogar noch verhältnismäßig gut.
    Als das letzte Bild in Schwarz überging, dachte ich wieder an mein Gespräch mit der Frau im Rollstuhl. Wie hatte sie noch geheißen? Maya. Solche Kinderjahre würde es nie mehr geben, denn heutzutage mussten Kinder Gasmasken tragen, Sicherheitskontrollen über sich ergehen lassen und vor hungrigen Straßenkötern weglaufen, aus Angst, dass ihnen vielleicht jemand eine Bombe in den Bauch implantiert hatte.
    Eine schöne, rothaarige Frau erschien. Ich war nur noch ein schluchzendes Häuflein Elend. Als ich mir die Tränen abwischte, tat sie, als bemerke sie nichts.
    » Tut mir leid«, sagte ich, » mir geht’s gerade nicht so gut. Ich mache Schluss. Nichts für ungut.«
    Ich beendete meine Sitzung.
    Nach dem virtuellen Garten wirkte die Kabine düster und schäbig. Ich weinte weiter. Ich spürte, wie ich meine Hoffnung auf eine bessere Zukunft, auf blauen Himmel und eine Freundin mit Stupsnase

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