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Wie du Ihr

Wie du Ihr

Titel: Wie du Ihr Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bernard Beckett
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vorhin so versagt hatte. »Na gut. Wen soll ich als Nächstes wecken?«
    »Danke, Marko.« Sie streckte die Hand aus und berührte meinen Unterarm. Am liebsten hätte ich mich an ihr festgeklammert und geweint. »Ich übernehme dann die nächste Schicht.«
    »Ist gut.«
    Ich sah zu, wie sie sich zu den anderen legte. Die Fläche reichte gerade für die drei. Lisa lag in Embryohaltung am Rand. Jonathan lag in der Mitte auf dem Rücken und Rebecca auf der anderen Seite, den Kopf auf seiner Schulter. Sie schliefen schon. Der Anblick, wie die drei im Morgengrauen schlafend nebeneinanderlagen, berührte mich so sehr, dass ich am liebsten ein Foto davon gemacht hätte, um ihn nie mehr zu vergessen. In diesem Moment liebte ich sie alle drei. Und dieses Gefühl war beinahe zu viel für mich.
    Ich hatte keine Ahnung, wie ich es schaffen sollte, mich noch drei Stunden wach zu halten. Wir befanden uns auf einem Vorsprung über dem Bach mit einem Steilhang über uns. Ich musste also nur den Abschnitt am Wasser unter uns im Auge behalten. Ich kauerte auf einem abgebrochenen Ast und versuchte, mir alles genau anzusehen. Zum Beispiel das exakte Muster eines Farnwedels vor mir. Ich lauschte auf die Geräusche des Bachs und versuchte, mir vorzustellen, wie er an verschiedenen Stellen aussah. Wie er leise durch das seichte Bachbett plätscherte, sich in breiten Becken sammelte und kleine Wasserfälle hinunterfloss. Doch meine Gedanken schweiften immer wieder ab. Mein Kopf sehnte sich danach, hinter geschlossenen Lidern endlich abzuschalten. Ich versuchte, aufzustehen und auf und ab zu gehen, aber ich war zu schwach und außerdem war sowieso kein Platz.
    Schließlich griff ich auf die einzige Möglichkeit zurück, die mir noch einfiel, mich vom Schlafen abzuhalten: Ich zerrte die Bilder aus meinem Unterbewusstsein hervor, die mein Verstand verzweifelt verdrängt hatte. Ms Jenkins' letzte Momente und wie wir später ihre Leiche fanden. Und all die Gedanken, die mit diesen Bildern verbunden waren. Wie ich kläglich versagt und zweimal alle im Stich gelassen hatte. Ich dachte an all die Dinge, die ich hätte sagen oder tun können, anstatt mich zu verstecken und stumm zuzusehen. Was für ein Feigling ich war, dass ich es nicht einmal geschafft hatte, sie mit den anderen wegzutragen! Es zerriss mir die Seele, aber es hielt mich wach.
    Dann entdeckte ich etwas Neues. Etwas, was den Schmerz linderte. Ich stellte mir vor, was ich tun würde, wenn ich diesen Mann jemals wiedersähe. Ich kannte zwar nur seine Stimme, aber ich hatte eine Vorstellung von ihm, die genügte, um mir in Gedanken verschiedene Racheszenarien auszumalen. Ein Szenario grausamer als das andere und mit jedem düsteren Bild wurde meine Last ein bisschen leichter.

17
    Immer noch 23. April
    Mein Raum ist fünf Schritt lang und vier Schritt breit. Fast ein Quadrat. Inzwischen habe ich herausgefunden, dass die Wände hinter den Gipskartonplatten aus massivem Beton sind. Es sollte wohl eine Art Schutzraum oder Tresor werden. Jetzt wird es mein Grab.
    Ich bin hier, um zu sterben. So einfach ist das. Ich war so dumm. Falls irgendjemand diese Notizen jemals findet, hat er es vielleicht längst vermutet. Nur mir war es nicht klar. Weil ich zu vertrauensselig oder zu verzweifelt war. Ich bin überhaupt nicht auf die Idee gekommen. Ich hatte keine Ahnung, wie naiv ich noch immer bin und wie leicht es für sie gewesen sein muss, mich reinzulegen.
    Man könnte fast darüber lachen, wenn es nicht so schrecklich wäre. Die ganze Zeit habe ich geschwiegen und gedacht, ich könnte das perfekte Verbrechen planen. Dabei war das perfekte Verbrechen längst geplant. Wenn sie mich finden, wird alles ganz einfach aussehen: Ein Patient mit falschem Namen, den eine Naturkatastrophe aus der Bahn geworfen hat, samt sorgfältig aufgezeichneter Diagnose. Der aus unerfindlichen Gründen abgehauen ist und zusammengekrümmt in einem leer stehenden Gebäudeteil aufgefunden wird. Wenn ich tot bin, braucht der Arzt nur noch schnell zurückzukommen und die Tür wieder aufzuschließen. Das ist alles. Dann wird die Situation ganz klar erscheinen. Ein verrückter Junge, der in seinem kranken Kopf beschlossen hat, freiwillig zu verhungern. Kein Kratzer an meinem Körper. Kein einziges Indiz. Ganz abgesehen davon, dass sie sowieso keinen Verdacht schöpfen und deshalb nicht groß nachfragen werden. Der Arzt ist schlauer als ich. Der Arzt hat gewonnen.
    Ich war so stolz darauf, wie ich mit Andrew umgegangen war

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