Wie du Ihr
das?«
»Vielleicht.«
»Bis dahin sind wir beim Fluss.«
»Eigentlich sollten wir dann schon hier raus sein«, maulte ich wie ein verwöhntes Kind. Genau das war ich ja auch. Ich wollte eine Welt, in der ich nur laut genug jammern musste, bis jemand nachgab und die Regeln änderte. Ich wollte eine Welt, die es nicht gab. Jemand hätte mich schlagen sollen. Jonathan hätte es beinahe getan. Er stand direkt neben mir. So nah, dass ich die letzte kostbare Zigarette in seinem Atem riechen konnte.
»Hör mir mal zu, du Versager. Wir gehen jetzt weiter und es ist mir scheißegal, ob du mitkommst oder nicht. Ich habe keine Energie, um deinen Arsch zu retten. Kapiert?« Dann zu den anderen: »Los, kommt. Wir müssen weiter, sonst fangen wir an zu frieren.«
Es funktionierte. Ich erwachte aus meinem Selbstmitleid.
»Tut mir leid«, rief ich, während wir weiterzogen. Die anderen beiden sagten nichts, aber Lisa ließ sich zurückfallen, legte den Arm um meine Schultern und drückte mich.
»Ich bin froh, dass du hier bist, Marko«, sagte sie.
Nachdem wir dem Zufluss noch eine weitere Stunde gefolgt waren, stießen wir endlich auf den Tauherenikau River. Nur dass der Fluss, den wir drei Tage zuvor überquert hatten, mittlerweile eher einem See glich. Der Wasserpegel war so gestiegen, dass der Fluss über die Ufer getreten war. Sämtliche Bäume in Ufernähe standen im Wasser und wir befanden uns mitten in einer unheimlichen Sumpflandschaft. Die Überschwemmung kam nicht vom Regen. Sondern vom Erdbeben.
»Scheiße!«, fluchte Jonathan.
»Wahrscheinlich steigt der Wasserpegel immer noch«, stellte Rebecca fest. »Flussabwärts macht der Fluss eine Biegung mitten durch die Berge. Wahrscheinlich ist eine Schlucht eingestürzt. Das macht die Sache natürlich etwas komplizierter.«
Lisa war bereits zaghaft in das seichte Wasser zwischen den Bäumen gewatet. Plötzlich schrie sie auf und machte einen Satz nach hinten.
»Was ist denn?«
»Ich weiß nicht. Da hat sich was bewegt.«
»Wo denn? Schnell, zeig es mir. Das könnte unser Abendessen sein.« Jonathan tastete sich langsam vorwärts und leuchtete mit dem Feuerzeug durch die Finsternis. »Oh Mann. Ist der lang!«
»Was ist das?«
»Ein riesiger Aal. Marko, komm mal her. Halt du das Feuerzeug.«
Ich tat, was er sagte. Der winzige Schein des Feuerzeugs war nutzlos, aber der Aal war so groß, dass man ihn auch so sah. »Halt das Feuerzeug immer über ihn drüber. Und wenn er sich bewegt, folgst du ihm.«
»Was hast du vor?«
»Ich schleudere ihn mit einem Stock aus dem Wasser. Und wehe, ihr zwei da draußen lasst ihn wieder entwischen! Dann fress ich euch zum Abendessen!«
»Und wie sollen wir ihn aufhalten?«, fragte Lisa.
»Ganz einfach. Du schnappst dir einen großen Stein und zertrümmerst ihm das Hirn.«
Jonathan schlich vorwärts. Ich sah die Konzentration auf seinem Gesicht und versuchte, mich ebenfalls zu konzentrieren. Der Aal glitt mit einem kräftigen Schwanzschlag durchs Wasser und ich watete hinter ihm her. Ich hörte, wie die Mädchen Steine aufhoben, und wir machten uns alle auf den Angriff gefasst.
Jonathan schlug zu. In der Finsternis verlor ich den Aal aus den Augen, aber er schleuderte ihn auf jeden Fall aus dem Wasser. Dann herrschte wilde Aufregung, als wir alle hektisch nach unserer Beute suchten, ehe sie wieder ins sichere Wasser entwischen konnte.
»Hier ist er! Kommt schnell her!« Lisas Stimme. Als wir zu ihr rannten, zielte sie bereits mit dem Stein auf den Kopf des Tieres.
»Ich dachte, du hättest Angst vor ihm«, sagte Jonathan.
»Er bewegt sich immer noch.«
»Schlag auf den Schwanz. Ich glaube, da sind irgendwelche Nerven drin.«
»Mach du doch.«
Rebecca kauerte sich über das Schwanzende und die beiden Mädchen schlugen erbarmungslos auf den Aal ein.
»Ich glaube, er ist tot«, sagte ich. Wir traten zurück. Er war eineinhalb Meter lang und dicker als mein Unterarm. Jede Menge zu essen.
»So, und jetzt nehmen wir das Ding aus.« Jonathan hatte bereits das Messer gezückt.
»Wie das Fleisch wohl roh schmecken wird?«, sagte ich.
»Keine Ahnung. Ist mir auch egal. Ich mach jedenfalls ein Feuer.«
»Das wirst du nicht«, widersprach Rebecca.
»Ach, komm schon. Warum denn nicht?«
»Weil sie es sehen könnten. Oder riechen.«
»Hier ist doch weit und breit keiner. Mensch, wir haben endlich was zu futtern. Wir schaffen es nie, hier rauszukommen, wenn wir nicht bald was zwischen die Kiemen kriegen.«
»Bitte«, flehte
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