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Wie ein Blütenblatt im Sturm

Wie ein Blütenblatt im Sturm

Titel: Wie ein Blütenblatt im Sturm Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mary Jo Putney
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immer - im Augenblick war nicht der richtige Zeitpunkt für eine philosophische Diskussion.
    »Wenn Sie mich nicht töten wollen, was haben Sie dann vor?«
    »Sie sind meine Versicherung, Candover. Obwohl mein Plan exzellent ist, könnte ich natürlich trotzdem scheitern. Chaos ist von Natur aus schwer zu kontrollie-ren, selbst wenn man es erwartet. Wenn jemand anderer zur Spitze aufsteigt, werde ich sehr viel Geld benötigen.«
    »Sind Sie nicht bereits ein reicher Mann?«
    »Ich versuche, diesen Eindruck zu vermitteln. Doch Sie haben den Zustand meines Hauses ja gesehen, und Verschwörungen sind teuer. Im Augenblick bin ich fast mittellos. Wenn mein coup d’état reibungslos verläuft, werde ich wirklich reich sein, und Sie können unbescha-det nach England zurückkehren. Wenn ich scheitere«, -
    er zuckte die Achseln -, »dann, denke ich, werden Sie gerne einen angemessenen Preis für Ihr Leben und Ihre Freiheit bezahlen.«
    »Für meines und auch für das der Gräfin.«
    »Es klingt, als wären Sie in die kleine Schlampe verliebt«, bemerkte Varenne überrascht. »Ich muß wirklich herausfinden, was sie so besonders macht. Schließlich ist sie nur eine Frau.«
    Rafe stellte zum ersten Mal fest, daß der Ausdruck
    >rot sehen< nicht nur eine Metapher war. Sein Blut koch-te, und wenn nicht ein winziger verbleibender Fetzen Vernunft ihn an die Männer an der Tür hinter ihm erinnert hätte, dann hätte er sich, nach Blut dürstend, auf Varenne gestürzt.
    Es mußte in seinem Gesicht zu lesen gewesen sein, denn der Comte sagte nun: »Wenn Ihre Gefühle so stark sind, können wir sicher etwas arrangieren. Selbstverständlich werde ich Sie nicht freilassen, ohne daß Sie mir Ihr Wort als englischer Gentleman gegeben haben, sich nicht zu rächen. Das ist wirklich etwas Erfreuliches an euch Briten - ihr nehmt Versprechen immer so ernst.«
    Ein Klopfen ertönte an der Tür, und ein Kurier trat mit einer Nachricht ein. Varenne überflog sie und runzelte die Stirn. »Tut mir leid, Candover. Ich kann leider nicht mehr mit Ihnen plaudern. Gewisse Dinge verlangen meine Aufmerksamkeit. Verzeihen Sie die mangelnde Qualität Ihrer Unterkunft, aber wenn es Ihnen zu behaglich wird, möchten Sie vielleicht kein Lösegeld zahlen.« Er warf den Wachen einen Blick zu. »Bitte geleitet unseren Gast in den Kerker.«
    Rafes Gedanken rasten, als die Männer ihn aus der Bibliothek und den Flur entlang drängten. Varenne mochte verrückt sein, aber man konnte nicht leugnen, daß sein Plan verflucht gerissen war. Bei der momentanen Lage in Frankreich konnte ein gutgezielter Schlag den Comte tatsächlich bis an die Spitze katapultieren.
    Louis’ Thron war auf Sand gebaut, und ein starker An-führer, der die verschiedenen Parteien einte, war gewiß sehr willkommen.
    Zudem war es wahrscheinlich, daß der Rest Europas, wenn das Chaos erst einmal ausgebrochen war, jeden Herrscher akzeptieren würde, der sich wenigstens den Anschein von Solidität gab. Ja, Varennes Plan mochte sehr wohl funktionieren, und dann läge Frankreich in den Händen eines neuen Napoleon. Eine erschreckende Aussicht.
    Nachdem sie einige gewundene Treppen hinabgestie-gen waren, erreichten sie das unterste Stockwerk des Schlosses. Schon die oberen Etagen waren feucht und modrig gewesen, doch der Keller war noch schlimmer.
    Hier stank es nach Tod und dem Bösen vergangener Jahrhunderte.
    Schließlich betraten sie einen kleinen Vorraum, von dem eine eisenbeschlagene, massive Tür abging. Lavisse nahm einen Schlüsselring von einem Haken an der Wand und schob einen riesigen Schlüssel in das antike Schloß. Sein Gefährte paßte auf Rafe auf, während Lavisse sich mit dem alten Mechanismus abmühte, bis sich der Schlüssel endlich drehte.
    Die Tür wurde gerade so weit aufgezogen, daß ein Mann durchpaßte. »Genießen Sie Ihren Aufenthalt, Eu-er verfluchte Hoheit«, sagte Lavisse mit beißendem Spott. Dann stieß er Rafe heftig in den Rücken, so daß dieser mit dem Kopf voran in die Zelle stolperte.
    Noch bevor er auf dem Steinboden aufschlug, spürte Rafe, daß er nicht allein war.

    Kapitel 20
    AFE VERHARRTE IN wachsamer, geduckter Haltung, R während er seine Umgebung kritisch musterte. Die Zelle war würfelförmig, hatte eine Ausdehnung von knapp ein Dutzend Fuß in jede Richtung. Die Wände und der Boden bestanden aus grobbehauenem Stein. Das einzige
    >Mobiliar< war ein Eimer für Exkremente und ein Stapel Stroh mit ein paar Decken darauf.
    Licht drang aus einem

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