Wie ein Blütenblatt im Sturm
schwach. »Vielleicht war es das, ja. Da wir einen … gemeinsamen Freund haben und Sie schon einmal freundlich zugehört haben, dachte ich, ich könnte Sie vielleicht belästigen.« Sie riß sich mit deutlicher Mühe zusammen.
»Als wir uns neulich unterhielten, sagte ich Ihnen, daß ich in meiner Ehe unglücklich bin.«
»Als ich Ihren Mann später am Abend kennengelernt habe, verstand ich auch, warum«, bemerkte Maggie ermutigend. »Warum haben Sie ihn geheiratet?«
Cynthia breitete in einer Geste der Hoffnungslosigkeit die Hände aus. »Ich dachte natürlich, ich sei verliebt. Oliver war gutaussehend und hinreißend, und verglichen mit meinem Dasein in Lincolnshire, wo ich aufgewachsen bin, führte er ein schrecklich interessantes Leben. Die Tante, die mich vorstellte, ließ sich von der Tatsache beeindruk-ken, daß er der Sohn eines Lords war, und meinte, ich hät-te eine phantastische Eroberung gemacht. Ich habe mich von seinem Stammbaum und seiner Kleidung blenden lassen.
Er sah vor sieben Jahren wirklich sehr gut aus. Dann rächten sich seine Laster. Ich war erst achtzehn, und ich war wie betäubt, daß ein Edelmann mir den Hof machte.
Es kam mir nie in den Sinn, über seinen Charakter nachzudenken.« Sie zuckte die Schultern. »Ich habe bekommen, was ich verdient habe. Es ist unfaßbar, daß man sich den Partner fürs Leben nach ein paar wenigen Begegnun-gen, die auch noch höchst unnatürlich ablaufen, wählt. Da Oliver aus guter Familie kam, sah mein Vater keinen Grund, seine Werbung abzulehnen. Ich war so bezaubert von meinem Glück, daß ich nie überlegte, was er in mir sehen mochte.«
»Sie gehen zu hart mit sich ins Gericht. Sie sind eine sehr attraktive Frau, in die sich jeder Mann verlieben kann.«
»Vielleicht«, sagte Cynthia unprätentiös. »Aber es ging eher um die Tatsache, daß ich eine anständige Aussteuer bekam. Als jüngerer Sohn mußte Oliver in jedem Fall gut heiraten, aber seine Spielschulden machten die Sache dringend.« Sie seufzte. »Ich brauchte wirklich nicht lange, bis ich erkannte, was für einen schlechten Handel ich eingegangen war. Ich entstamme dem niederen Landadel, der noch an so altmodische Werte wie Treue glaubt. Ich will Sie nicht mit Erklärungen langweilen, wie ich von seinen Affären erfahren habe, aber es hat all meine Illusio-nen zerstört. Als ich ihn zur Rede stellte, machte er sich über meine provinzielle, naive Einstellung lustig.«
Cynthias Stimme brach, und sie hörte einen Moment auf zu sprechen. Maggie, praktisch wie immer, schenkte Kaffee nach. Die junge Frau schluckte heftig, nippte an der Tasse und fuhr dann fort.
»Ich beschloß, es ihm mit gleicher Münze heimzuzah-len.« Sie wurde rot und starrte in ihre Tasse. »Das war natürlich dumm. Frauen sind nicht wie Männer gemacht, und die Art der Rache war ziemlich erbärmlich. Außer an Rafe habe ich aus dieser Zeit wenig gute Erinnerungen. Er war immer sehr freundlich und meinte einmal, ich sollte mich teurer verkaufen.«
Sie blickte wieder auf. »Ich wußte zuerst nicht, was er meinte, doch schließlich begriff ich. Ich begann mich so zu verhalten, daß ich meinem Vater keine Schande machte, wenn er davon erfahren sollte, und ich stellte fest, daß ich damit weit besser leben konnte.«
»Doch irgend etwas ist nun schiefgelaufen.«
»Ich verliebte mich und war glücklicher als je zuvor, und nun ist alles viel, viel schlimmer.« Cynthias Augen drückten Trauer aus. »Michael Brewer ist alles, was man sich für einen Ehemann nur wünschen könnte. Er ist lieb, verläßlich und ein Ehrenmann. Und das Beste: Er liebt mich trotz aller Fehler, die ich begangen ha-be.«
Maggie sah sie mitfühlend an. Kein Wunder, daß sich das Mädchen elend fühlte. In ihrer Situation gab es praktisch keine Aussicht auf dauerhaftes Glück.
Cynthia stellte ihre Tasse ab und spielte nervös mit ihrem Ehering. »Ich will heiraten und mich irgendwo mit Michael auf dem Land niederlassen, Kinder haben, dick und rund werden und meine Füße im Winter an seinem Rücken wärmen. Das ist es, was auch er will. Er verabscheut die Heimlichtuerei, die wir einhalten müssen.«
»Aber solange Ihr Mann lebt, ist das nicht möglich. In England sind Scheidungen so gut wie unmöglich. Selbst wenn Sie genug Geld und Einfluß hätten, um Ihren Schei-dungsantrag durchzubekommen, wären Sie danach eine Ausgestoßene.«
»Dazu ist ohnehin keine Zeit mehr«, erwiderte Cynthia grimmig. »Ich bekomme ein Kind.«
Maggie sog scharf die
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