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Wie ein Blütenblatt im Sturm

Wie ein Blütenblatt im Sturm

Titel: Wie ein Blütenblatt im Sturm Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mary Jo Putney
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höchster Ruhe. Als Samson die Ohren anlegte und den Kopf zurückwarf, murmelte Rafe eine Reihe von Worten, die nichts bedeuteten, aber das Pferd dazu brachten, sich langsam zu entspannen. Bald senkte es den Kopf, um ge-streichelt zu werden.
    Nach ein paar Minuten Liebkosungen pustete Rafe ihm sanft in die Nüstern - noch ein uralter Trick. Die rauhe Atmung des Pferdes wurde ruhiger, und schließ-
    lich stand das Tier still. Rafe hatte eine Handvoll Hafer genommen, und nun begann Samson ihm buchstäblich aus der Hand zu fressen.
    Langsam und behutsam entfernte Rafe das Zaunzeug und fand, was er vermutet hatte: Das Gebiß des Zaums war schartig, und der geringste Druck mußte Samson heftige Schmerzen im Maul bereitet haben.
    Der junge Stallbursche starrte mit großen ungläubigen Augen auf das Zaumzeug, dann auf Rafe. »Wer tut so was denn einem freundlichen Pferd an? So’n Ding ist sogar bei ‘nem Wildfang ‘ne gemeine Sache.«
    »Ich könnte Vermutungen anstellen, aber ich tu es besser nicht.« Rafe sah sich den Hengst erneut an. »Das Gebiß erklärt, warum Samson gestiegen ist, aber sein heftiges Ausschlagen muß noch einen anderen Grund haben. Sehen wir nach, was wir noch finden.«
    Behutsam lösten sie den Gurt und hoben dann Sattel und Decke von Samsons Rücken. Das Pferd zitterte heftig, also streichelte Rafe ihn wieder, bis er sich beruhigte.
    Rafe untersuchte den Rücken an der Stelle, wo der Sattel gelegen hatte, und war nicht überrascht, als er ein kleines Metallstück entdeckte, das dem Tier in der Haut steckte. Als er es herauszog, scheute Samson erneut, und Blut tropfte über die braune Flanke.
    Das Objekt hatte Stacheln und sah wie eine winzige Distel aus. Er zeigte es dem Stallburschen, dessen Überraschung sich zu Zorn wandelte.
    »Jemand wollte Seiner Lordschaft etwas antun.« Die Lippen des Jungen preßten sich zusammen. Der Bursche war kein Narr, er mußte etwas über die angespannte politische Lage in Paris wissen.
    »Wer kümmert sich normalerweise um die Pferde von Lord Castlereagh?«
    »Der Stallmeister, Mr. Anthony, aber der is’ im Augenblick nicht hier. Er ist heute morgen nach Saint Denis gegangen.«
    »Weißt du, wer Samson heute gesattelt hat?«
    Der Junge dachte nach und schüttelte dann den Kopf.
    »Nicht genau, Sir. Ich hab’ Zaumzeug saubergemacht und nich’ gesehen, wer es gemacht hat. Hab’ nicht gewußt, daß was nicht in Ordnung war, bis Samson loswieherte.«
    »Hast du eine Vermutung? Einen Verdacht vielleicht?«
    »Kann’s nicht beschwören, aber wir haben hier einen französischen Stallburschen, weil wir knapp besetzt sind«, antwortete der Bursche. »Einer von unseren Stall-jungen mußte zurück nach England, weil sein Vater gestorben is’, und n anderer hat bei ‘nem Straßenkampf was abgekriegt, so daß er ein paar Tage nicht arbeiten kann. Wahrscheinlich war’s der Franzose, der Samson gesattelt hat.«
    »Wie sah er aus?«
    »Mittelgroß, dunkel, ‘ne Narbe im Gesicht.« Der Junge dachte intensiv nach. »Braune Augen, glaub’ ich. Is’ für sich geblieben, hab’ nie richtig mit ihm geredet. Er heißt Jean Blanc.«
    Die Beschreibung paßte auf Capitaine Henri Lemercier. Rafe sah den jungen Burschen mit einem harten Blick an, um seine ernsten Worte zu unterstreichen. »Sei nicht überrascht, wenn du Jean Blanc nicht wiedersiehst.
    Vor allem, sag niemandem, was wir entdeckt haben. Ich werde selbst mit Lord Castlereagh sprechen. Hast du verstanden?«
    Der Junge nickte, und Rafe verließ den Stall, um zu Maggie und dem Außenminister zu gehen.
    Erst eine Stunde später konnte der Arzt ihnen sagen, wie es um Castlereagh stand. Obwohl der Minister einige Rippen gebrochen und eine leichte Gehirnerschütterung hatte, war er wieder bei Bewußtsein und plante zur Verzweiflung seiner Frau bereits wieder Verabredungen in seinem Schlafzimmer.
    Lady Castlereagh dankte Maggie und Rafe aus tiefstem Herzen dafür, daß sie beide größeres Unglück verhindert hatten. Anschließend führte Rafe seine staubige und erschöpfte Lady zur Kutsche.
    Anfangs sagte Maggie gar nichts, sie lehnte sich einfach nur in die Polster zurück und schloß die Augen. Sie waren schon halb zu Hause, als sie die Augen wieder aufschlug und sagte: »Er hätte direkt vor unseren Augen um-kommen können.«
    »Ich weiß«, gab Rafe zurück. »Das spricht nicht gerade für unsere Qualitäten als Spione und Leibwächter.«
    »Was hast du im Stall entdeckt?«
    Rafe beschrieb ihr das Gebiß, den Dorn

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