Wie ein boser Traum
Händen, sie fand die Muskeln, die sich unter dem dünnen Stoff des T-Shirts abzeichneten, erregend. Sein warmer Körper, der ihrem so nahe war, machte sie unruhig … ängstlich. Sie hätte weglaufen müssen. Aber sie rührte sich nicht, sie konnte nichts anderes, als in diese durchdringenden Augen zu blicken.
In der Ferne aufwirbelnder Staub zog ihren Blick auf die Kreuzung zwischen Straße und Highway. Ein Streifenwagen. Blaues Licht fiel auf das Armaturenbrett.
Die Polizei.
Gott sei Dank.
Der Streifenwagen kam schwungvoll neben ihrem Wagen zum Stehen; die Fahrertür flog auf.
Chief Ray Hale kam um die Motorhaube herum. »In den Wagen, Clint.«
Austin bewegte sich nicht vom Fleck, wendete den unerbittlichen Blick nicht von ihr ab. Sein Atem streichelte ihr Gesicht; und was sie empfand, war keinesfalls Angst.
»Clint«, wiederholte Ray, »steig in den Wagen. Sofort .«
Austin sah Ray erstmals an. Sein Gesicht war wie eine steife, ausdruckslose Maske, er sagte kein Wort, trat lediglich von Emily zurück, ging hinüber zu Rays Wagen und stieg ein.
»Alles in Ordnung mit Ihnen?«, Ray stand jetzt ganz nah bei ihr.
»Ja.« Ihre Stimme bebte. »Er …« Sie zuckte mit den Schultern, weil ihr die rechten Worte fehlten. »Ich weiß nicht, was passiert ist. Er ist ins Haus gegangen und dann wieder herausgekommen … einfach so.«
»Könnten Sie mir sagen«, fragte Ray behutsam, »was Sie hier draußen machen? Meine Leute haben mir berichtet, dass sie Ihren Wagen hier einige Male gesehen haben.«
Austin saß vollkommen ruhig auf Rays Beifahrersitz. Aber er sah sie weiterhin an – mit einem forschenden, durchdringenden Blick, so, als hätte sie ein unvorstellbares Verbrechen begangen.
»Emily?«
Sie wandte ihre Aufmerksamkeit von Austin ab und sah Ray an. »Verzeihung. Was haben Sie gesagt?«
»Was machen Sie hier draußen?« Er sah eher besorgt als verwundert aus. Also hielt er sie für verrückt, so wie ihre Eltern. Vermutlich hatten sie ihn vorgewarnt. »Ich …« Es hatte keinen Sinn, zu lügen. Er war der Chef der örtlichen Polizei. Er würde dahinterkommen, selbst wenn Austin es ihm nicht erzählte. »Ich beobachte ihn.«
Ray sah sie intensiv an, dann nickte er. »Aha.« Er blickte hinüber zu seinem Wagen, dann zu Austins Haus. »Sie sollten nach Hause fahren. Wir können dann später miteinander reden. Jetzt muss ich erst mal herausfinden, was mit Clint los ist.«
Ray beschuldigte sie mit keinem Wort, Austin gegen sich aufgebracht zu haben. Das war auch gar nicht nötig. Die Andeutung allein hatte genügt.
»Danke, dass Sie gekommen sind.« Sie wich Rays forschendem Blick aus, stieg ins Auto und startete den Motor,
fuhr aber nicht sofort los. Sie wartete, bis er neben Austins Wagen in der Auffahrt geparkt hatte und beide Männer ausgestiegen und ins Haus gegangen waren.
Mechanisch stellte sie den Motor ab. Sie würde hier stehen bleiben, bis sie erfahren hätte, was um alles in der Welt da drinnen passiert war. Wenn irgendetwas Austins Bewährung gefährdete, dann musste sie es wissen.
Wild entschlossen stieg sie aus dem Auto und ging schnurstracks auf die Auffahrt zu. Da setzte ihre Vernunft ein. Als sie neben Rays Wagen ankam, blieb sie kurz stehen. Genaugenommen beging sie gerade Hausfriedensbruch.
Mit laut klopfendem Herz und immer noch auf unsicheren Beinen ging sie weiter in Richtung Veranda. Die Haustür öffnete sich. Ray trat heraus und ertappte sie auf frischer Tat, unten an der Treppe.
»Was ist da drinnen passiert?«
Sie wunderte sich selbst, dass sie diese Frage stellte.
»Emily, Sie sollten jetzt lieber nach Hause gehen.«
Sie schüttelte den Kopf, ging die Stufen hoch und folgte ihm auf den Fersen. »Ich möchte wissen, was da drinnen los ist.« Sie hatte ein Recht, es zu erfahren. Das stimmte vielleicht nicht so ganz, aber sie beanspruchte es einfach. Sie bestand auf einer Antwort.
Ray nahm seinen Hut ab und seufzte. »Jemand hat da drinnen alles demoliert. Das reine Chaos.«
»Was soll das heißen?«
Ray blickte sich um, als wollte er nicht, dass jemand hörte, was er sagte. »Okay. Clint ist hinten herausgegangen. Kommen Sie kurz rein, und schauen Sie selbst. Ich würde es Ihnen ja eigentlich nicht erlauben, aber ich möchte, dass Sie sehen, in welchem Zustand alles ist.«
Bevor sie seine Motive hinterfragen oder darüber nachdenken konnte, ob sie jemals irgendetwas von Austin verstanden hatte, nahm Ray sie am Arm. Er führte sie ins Haus wie ein Kind, auf das man
Weitere Kostenlose Bücher