Wie ein boser Traum
Feuer interessiert war als daran, herauszufinden, ob Emily Wallace Brandstiftung begangen hatte.
»Ich sag dir, wer es nicht getan hat«, sagte Clint, der sich dazu entschlossen hatte, genau das zu sagen, was er dachte. »All diese redlichen Bürger, die glauben, dass ich Heather Baker ermordet habe, und die wollen, dass der Gerechtigkeit Genüge getan wird.«
Ray unterbrach ihn nicht.
»Keiner dieser Leute ist ein Krimineller.« Clint kannte Kriminelle. Immerhin hatte er die letzten zehn Jahre mit den schlimmsten ihrer Art verbracht.
»Also«, wagte Ray sich aus der Reserve, »was willst du mir sagen?«
Das war der letzte Anstoß. »Was ich sage, ist, dass der, der das getan hat, der Mörder von Heather Baker ist.«
Das Schweigen dehnte sich – aus einigen Sekunden wurde eine volle Minute höchster Anspannung, bevor Ray reagierte.
»Das kannst du doch gar nicht wissen.«
Clints Blick verdunkelte sich. »Ich weiß, dass ich sie nicht getötet habe.«
Wieder dieses Schweigen, das einem die Kehle zuschnürte.
»Clint, du musst die Sache auf sich beruhen lassen. Sonst wird alles nur noch schlimmer. Wir haben doch schon darüber gesprochen. In der Vergangenheit herumzustochern wird dir nichts bringen. Die Leute hier haben genug gelitten. Es wird Zeit, voranzugehen.«
Vielleicht lag es daran, dass Ray ohne jede Emotion sprach, oder an seinem stumpfen, gelangweilten Blick. Aber was er sagte, bestärkte Clint in einer Sache. »Ich werde die Wahrheit herausfinden. Niemand, nicht einmal du, wird mich davon abhalten.«
Ray gähnte erneut ausgiebigst. »Pass auf, was du und
Emily hier macht. Ihre Familie ist vollkommen fertig. Und den Bakers hängt sie zum Hals raus. Sie wollen einfach nur, dass sie aufhört. Die ganze Stadt ist in Aufruhr, Clint. Es ist meine Aufgabe, dafür zu sorgen, dass es hier friedlich zugeht, und ich muss mich um die Bürger von Pine Bluff kümmern. Aber du machst es mir verflucht schwer. Du musst die Vergangenheit endlich hinter dir lassen und damit aufhören, Dinge geradebiegen zu wollen. Es kann nie wieder geradegebogen werden, egal, was du auch tust – das ist die verdammte Wahrheit!«
Clint lachte, aber es hörte sich wie die Imitation eines fröhlichen Lachens an. »Ich soll also einfach so tun, als ob das alles nicht passiert wäre. Mich ruhig zurücklehnen und zulassen, dass der, der es getan hat, es wieder tun wird?« Er blickte zu dem Haufen Schutt, der einst sein Elternhaus gewesen war.
»Wir werden der Sache auf den Grund gehen«, versprach Ray. »Und wir werden verhindern, dass so etwas noch mal passiert. Darauf hast du mein Wort.«
Ray war nicht bereit, seine Meinung zu ändern. Das ließ Clint nur eine Möglichkeit. Er blickte Ray direkt in die Augen und weihte ihn in seinen Plan ein: »Ich will die Ermittlungsakten des Falles einsehen.«
Ray rang sich ein Lachen ab: »Wie bitte?« »Du hast doch gehört, was ich gesagt habe. Ich will die Ermittlungsakten des Mordes an Heather Baker einsehen. Ich habe das Recht, Einsicht zu beantragen.« Das hatte er im Gefängnis gelernt. Rechtlich konnte Ray ihm das nicht verweigern. Er konnte die Genehmigung zwar verzögern, aber nicht verweigern.
»Und was, um alles in der Welt, willst du damit erreichen, Clint? Sag mir das mal. Du weißt doch, dass es nicht
die Spur eines Beweises dafür gab, dass sonst noch jemand in dem Zimmer war. In den Akten wirst du nicht finden, wonach du suchst.« Ray streckte seine Hände mit den Handflächen nach oben aus. »Und was ist, wenn du tatsächlich etwas findest?«, presste er heraus. »Etwas, was Ledbetter übersehen hat, was – wie du weißt – nicht wahrscheinlich ist. Selbst wenn du deine Unschuld beweisen könntest, du weißt doch so gut wie ich, dass die Leute in dieser Stadt in dir immer den Schuldigen sehen werden. Du bekommst deine Jahre nicht zurück, Clint. Du kannst nichts anderes machen, als mit dieser Geschichte zu leben. Mit der Zeit wird es schon besser werden; die Leute werden es langsam vergessen … wenn du sie nur lässt.«
»Das hört sich eher an, als wenn es dabei um dich geht, Ray.« Clint ließ Ray mit einem Blick wissen, dass er es absolut ernst meinte. »Ich will selbst sehen, wie sehr du und deine Leute das vermurkst haben. Ich denke doch, auch du solltest die Wahrheit wissen wollen. Ich bin unschuldig. Und das heißt, dass hier ein Mörder frei herumläuft.«
19
Motel Valley Inn
12.30 Uhr
Jemand hatte versucht, Clint Austin umzubringen.
Zu dieser
Weitere Kostenlose Bücher