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Wie ein dunkler Fluch

Wie ein dunkler Fluch

Titel: Wie ein dunkler Fluch Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: D Webb
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Tür zu seinem Hotelzimmer wandte Grace sich, statt die Schlüsselkarte in das Schloss zu stecken, zu ihm um. »Wagen Sie es ja nicht, mich so anzuschauen, McBride.« Ihr Blick warnte ihn, dass sie genau wusste, was er gedacht hatte.
    Er erinnerte sich daran, dass Pratt direkt hinter ihm stand. »Entschuldigen Sie, Grace. Ich hatte nur Ihre … Schuhe bewundert.«

    Pratt kicherte.
    Grace nahm es einigermaßen sportlich. Sie hob eine Braue und sagte: »Halten Sie den Mund, McBride.« Sie blickte an ihm vorbei. »Und Sie auch, Pratt.«
    Sie schloss die Tür auf und ging durchs Zimmer in das angrenzende Bad, während McBride den Jack Daniels aus der braunen Papiertüte zog und sich nach einem Whiskyglas umsah. »Von euch beiden möchte sich mir keiner anschließen?«
    »Sie wissen ja, wie das ist«, sagte Pratt und zuckte halbherzig die Schultern.
    Grace warf ihre Handtasche auf einen Stuhl. »Wollen Sie ihn pur trinken, oder brauchen Sie eine Cola dazu?«
    Er nahm ein Glas vom Silbertablett auf dem Tisch und schenkte sich ein ordentliches Quantum ein. »Offenbar kennen Sie sich in den Whiskysorten nicht aus, Grace.« Er genoss einen langsamen, beruhigenden Schluck, dann drehte er sich zu Grace um, die ihn böse ansah. »Sonst hätten Sie nicht gefragt.«
    »Ich übernehme die erste Wache«, bot Pratt an.
    Er schnappte sich einen der Stühle, die am Tisch standen, und ging auf die Tür zu.
    McBride sah sich um. Ausgeschlossen, dass er in diesem Zimmer offen reden konnte; seine Freunde vom Bureau hatten hier möglicherweise zahllose Wanzen installiert. Aber er musste Grace bestimmte Dinge erzählen. Er öffnete die Balkontür und trat hinaus, stellte sein Glas auf das Geländer und steckte sich eine Zigarette an. Er schaute hinaus auf die Stadt, in der Grace aufgewachsen war. Ob sie wohl erkannte, dass es bei ihrer kopflosen Flucht in diesen großen Auftrag eher
darum ging davonzulaufen, als sich etwas zu beweisen? Wenn sie die Vergangenheit von sich fernhielt, musste sie diese auch nicht annehmen. Musste sie nicht einmal anerkennen, es sei denn, jemand, er zum Beispiel, nötigte sie dazu.
    Die Vergangenheit existierte als schwärende Wunde weiterhin. Und irgendwann, wenn sie am wenigsten damit rechnete, würde Grace aufwachen und entdecken, dass sich die Infektion ausgebreitet hatte und ihre gesamte Existenz verschlang.
    Dann wäre sie dasselbe wie er … ein Nichts.
    Schließlich kam sie nach draußen geschlendert und gesellte sich ihm zu, wie er es vorausgeahnt hatte. Sosehr sie auch vorgab, auf deren Seite zu stehen – so stand sie doch auf seiner Seite. Auch das gehörte zu den Dingen, die sie noch nicht begriffen hatte.
    Er richtete seine Aufmerksamkeit auf die Lichter der Stadt und die in den Himmel ragenden Wolkenkratzer mit den düster drohenden Bergen im Hintergrund. Hübscher Ausblick. Dort draußen und neben ihm. Er musste noch nicht einmal den Kopf drehen, um zu ahnen, wie sie heute Abend aussah. Dunkelsmaragdgrüner Rock mit passender Jacke, die die kleinen grünen Flecken in ihren dunkelbraunen Augen hervorhoben. Darunter trug sie eine schwarze Bluse, die gerade so viel Dekolleté zeigte, um Appetit auf mehr zu machen. Und die sexy schwarzen Schuhe, die er bereits bewundert hatte.
    Am meisten Aufmerksamkeit aber verdiente ihr Haar. Sie trug es offen. Vielleicht weil sie keine Zeit gehabt hatte, es aufzustecken. Sie hatten auf ihrer Terrasse gestanden, mit einem Glas Wein in der Hand, und über ihre Vergangenheit gesprochen, und im nächsten Moment
waren sie losgeeilt, um ins Büro in der 18. Straße zu kommen.
    Meist war es ihm gelungen, die »Beeil dich und warte«-Mentalität des Bureaus aus dem Kopf zu bekommen. Spring höher, lauf schneller. Halt dich an die Spielregeln. Sorge dafür, dass das Bureau nie in schlechtem Licht dasteht. Keine Risiken. Keine Grauzonen. Nur Schwarz oder Weiß. Tu, was man dir sagt .
    Grace lehnte sich mit dem Rücken ans Geländer und fragte nonchalant: »Haben Sie eine Idee, wer die Informationen nach draußen gegeben haben könnte?«
    So lässig sie die Frage gestellt hatte, er erkannte ihre Anspannung an der Körperhaltung. Er hatte sie bis zu einem gewissen Grad für sich eingenommen, und jetzt wollte sie ignorieren können, dass er eventuell etwas Unrechtes getan haben konnte.
    »Keinen Schimmer.« Er trank einen kleinen Schluck. Keinen blassen Schimmer .
    Sie drehte sich um, musterte sein Profil. »Nachdem ich Sie an jenem ersten Abend hier allein gelassen habe, sind

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