Wie ein Hauch von Zauberblüten
Oppermann resignierend. »Nur ramponieren Sie im Notfall Prusius nicht zu sehr! Sie müssen ja wieder zurückfliegen.«
»Das kann auch ich!« Mooslachner klopfte an seine Brusttasche. »Ich habe meinen Flugschein!«
»Ich werde Gott bitten, sich nicht durch Sie provozieren zu lassen!«
»Sie sind ein hundsgemeiner Mensch, Doktor«, sagte Pater Mooslachner dumpf. »Aber gerade deshalb mag ich Sie.«
Als sich Luba von Dr. Oppermann verabschiedete, empfanden beide wieder dieses unerklärbare Gefühl der Zusammengehörigkeit. Sie standen sich gegenüber, wie bereit, sich dem anderen in die Arme zu werfen, aber sie sagten mit diesem verdammt unterkühlten Ton, der beiden wehtat:
»Ich wünsche Ihnen einen guten Flug, Luba.«
»Danke, Doktor.«
»Rufen Sie mich über Funk an, wenn Sie gut gelandet sind?«
»Wenn es möglich ist.«
»Es muß möglich sein. Ich könnte sonst nicht schlafen.«
»Warum?«
»Weil ich Angst um Sie habe, Luba.«
»Angst um mich?«
»Ja! Sie erlauben mir doch, daß ich einen winzigen Teil Ihres Lebens auch zu dem meinen mache?«
Ich gehöre ganz dir, hätte sie jetzt sagen wollen. Ganz, ganz! Nimm mich in dir auf, sei mit mir eins, ich will nicht mehr ein einzelner, einsamer, verlorener Mensch sein. Ich kann es gar nicht mehr.
Aber sie sagte nüchtern: »Es sind nur drei Tage, Doktor. Ich frage mich nur, ob ich Sie allein lassen kann mit der ganzen Arbeit.«
Du sollst mich überhaupt nicht mehr allein lassen, dachte er. Du weißt gar nicht, wie ich dich brauche. Wie ich morgens hinter der Gardine am Fenster stehe und darauf warte, daß du von der Mission herüberkommst. Und dann holt Urulele dich, wie jeden Morgen ab, und ich sehe dich aus dem alten Auto steigen, sehe dein Haar im Wind wehen, sehe dein Lächeln, deine leuchtenden Augen, sehe, wie du schwerelos auf das Haus zukommst und die vor der Ambulanz wartenden Kranken begrüßt, sehe, wie du deinen Körper bewegst, wie du den Kopf hältst, wie deine bronzene Haut glänzt … Und ich weiß: Auch dieser Tag wird wieder ein schöner Tag werden. Sie ist ja da! Sie wird jetzt stundenlang neben mir sein. Ich höre ihr Lachen, ihre Stimme, ihre Schritte. Ich kann in ihre Augen blicken, und ihr Körper ist oft so nah, daß ich meine, seine Wärme an meiner Haut zu spüren. Einen ganzen Tag lang habe ich dich jetzt! Luba, wenn du ahntest, wie es in mir brennt, wenn wir uns zufällig berühren …
Aber Dr. Oppermann sagte nur leichthin: »Es wird schon gehen, Luba. Urulele und die beiden Jungen helfen für Sie mit. Sie haben Recht, es sind ja nur drei Tage. Erholen Sie sich gut!«
Sie sah ihn an und nickte. Erholen ohne dich? Eine Qual werden die drei Tage sein. Ich werde immer nur denken: Was tut er jetzt? Es ist zehn Uhr dreißig: Die Ambulanz ist in vollem Gang. Ein Uhr mittags: Jetzt müßte er essen. Ich habe ein Sandhuhn vorgebacken, das braucht Urulele nur aufzuwärmen. Auch die Kartoffeln habe ich geschält, sie stehen in einem Topf mit Salzwasser. Und die Soße ist in der blauen Kanne. Ob Urulele alles richtig macht? Wenn er das Huhn nun anbrennen läßt? Und morgen? Da habe ich vorgekocht: Bohnengemüse, Gulasch von Springbockfleisch und einen Vanillepudding mit Himbeersoße. Nur den Mais muß Urulele noch kochen. Alles steht bereit im Kühlschrank. Und übermorgen soll Urulele die frische Bratwurst machen, ich habe sie in Outjo beim Fleischer gekauft, und dazu das Möhrengemüse in der Porzellanschüssel, links im Kühlschrank, alles ist kochfertig vorgerichtet, ich habe Urulele genau erklärt, wie man die Bratwurst brät und daß sie in der Pfanne nicht aufplatzen darf. Ob er alles richtig macht? Oh, meine Seele, ich hätte nicht von dir wegfahren dürfen …
»Es wird wirklich interessant sein«, sagte sie. »Wer kommt schon in diese Gegend am Rande der Kalahari? Nur, wer dazu gezwungen wird oder – wie Mr. Luther – dort eine Farm gebaut hat.«
Dann gaben sie sich die Hand, waren stark genug, ihrem Drang nach einander nicht zu folgen, und zuckten zusammen, als vor dem Haus Pater Mooslachner ungeduldig hupte.
»Ich muß gehen«, sagte sie mit ganz kleiner, kindlicher Stimme.
»Ja.« Er ging voraus, riß die Tür auf und trat vor die Station. Der Ovambojunge nahm die Reisetasche in Empfang. Dr. Oppermann ging so schnell zum Wagen, daß Luba erst nachkommen konnte, als Oppermann bereits zu Mooslachner gesagt hatte: »Pater, wenn ihr etwas passiert, müssen Sie bei den Buschmännern bleiben! Ihre Soutane rettet Sie
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