Wie ein Prinz aus dem Maerchen
bis über die Schultern.
Zum ersten Mal bemerkte Nikolas die warmen braunen Augen, aus denen man auf ein mitfühlendes Wesen und wache Intelligenz schließen konnte.
Das also war sie … seine Frau!
„Ich bin so weit, wir können aufbrechen“, verkündete sie und wies auf eine abgewetzte lila Reisetasche, neben einem blauen Rucksack ihr einziges Gepäck. Die Brautschatulle hatte Jovan bereits zum Flughafen mitgenommen. „Ich fürchte allerdings, meine Kleidung ist nicht geeignet für einen Auftritt bei Hof.“
„Ich werde veranlassen, dass Sie direkt nach unserer Ankunft in Veronia eine Gelegenheit zum Einkaufen bekommen. Die Kosten übernehme selbstverständlich ich als Ihr Ehemann.“
Wie sie wohl in Designerkleidung aussieht, mit Juwelen geschmückt? überlegte er. Und wie würde es sein, ihr alles wieder auszuziehen? Zu schade, dass er das nicht erleben würde!
„Der sind Sie nicht mehr lange!“
„Bis zur Annullierung ist es meine Aufgabe, für Sie zu sorgen.“
Trotzig hob sie das Kinn. „Ich kann mich gut um mich selbst kümmern!“
„Verzeihen Sie die ungeschickte Wortwahl“, entschuldigte er sich. Die meisten Frauen seiner Bekanntschaft hätten seine Fürsorge genossen!
„Vergeben und vergessen.“
Sie schenkte ihm ein hinreißendes Lächeln, und ihm stockte der Atem, als er begriff, dass er sie begehrte. Das darf doch nicht wahr sein, ärgerte er sich über die unerwünschte Komplikation. Er war so gut wie verlobt mit Juliana und sollte sich nicht zu einer anderen hingezogen fühlen.
Nicht einmal zu deiner eigenen Frau? machte er sich über sich selbst lustig.
Sein Vater hatte ihm beigebracht, seine Gefühle stets zu beherrschen, damit niemand sie gegen ihn verwenden konnte. Also beschloss er, sich wieder auf praktische Dinge zu konzentrieren. „Ist das alles, was Sie mitnehmen?“
„Ich werde ja nicht lange in Veronia bleiben.“
„Vielleicht gefällt es Ihnen dort.“
„Hier ist mein Zuhause. Onkel Frank hat den Camper gekauft, als ich sechs Jahre alt war. Er meinte, jetzt müssten wir nie wieder umziehen, wir nehmen unser Heim einfach mit!“
Sie holte eine Packung Milch aus dem Kühlschrank und leerte sie in die Spüle.
„Es gibt auch andere Arten zu leben.“ Mit kritischem Blick sah Nikolas sich in der schäbigen Behausung um.
„Sicher. Einige Wohnmobile sind wesentlich luxuriöser, doch ich war hier immer glücklich.“
„Für Sie brechen neue Zeiten an!“
„Zuvor muss ich Frieden mit meinem alten Leben machen! Manches ergibt erst jetzt einen Sinn: das Fehlen von Familienfotos, dass ich Selbstverteidigung lernen musste … Wir haben immer ganz unauffällig gelebt, und Frank hat mich sehr behütet. Er war alles an Familie, was ich je hatte.“
„Wir sind ihm auf ewig dankbar, dass er Sie gerettet und für Sie gesorgt hat.“
„Danke. Sein Land muss ihm viel bedeutet haben, sonst hätte er nicht sein Leben dort aufgegeben, um mich zu retten. Ich dachte immer, er wäre glücklich. Jetzt weiß ich, dass er eines Tages … nach Hause zurückkehren wollte.“
„Mit dem Erbe Ihres Vaters können Sie sich niederlassen, wo immer Sie wollen.“
Sie seufzte tief. „Auf mich kommen so viele Entscheidungen zu! Das jagt mir ein wenig Angst ein.“
„Fällen Sie immer eine nach der anderen, so behalten Sie den Überblick.“
„Ein ausgezeichneter Rat. Vielen Dank.“
Ihr zu helfen bereitete ihm Freude. „Kann ich noch etwas für Sie tun?“
Sie sah sich kurz um. „Ich glaube nicht. Boyd wird hier nach dem Rechten sehen, solange ich fort bin.“
Nikolas erinnerte sich an den großen Mann aus der Werkstatt, der sie nicht aus den Augen gelassen hatte. Attraktiv, wie sie war, zog sie unweigerlich Verehrer an. „Ist er Ihr Freund?“
„Eher so etwas wie mein großer Bruder.“
Darüber war Nikolas seltsamerweise erleichtert. Doch Boyd war nicht der einzige Mann in Charlotte. „Haben Sie derzeit einen Freund?“
„Nein.“
„Aber Sie gehen gelegentlich aus?“
„Nicht oft genug. Ich mache mehr Überstunden, als einer ernsthaften Beziehung gut tut. Und wenn mich gelegentlich ein Mann von der Werkstatt zu einem Rendezvous abholt, schüchtern meine Kollegen ihn ein.“
Auch diese Information gefiel ihm besser, als sie sollte.
„Was ist mit Ihnen?“, drehte sie den Spieß um.
„Ich habe auch keinen Freund.“
Sie lachte. „Und eine Freundin?“
Auf eine umständlichen Erklärung seiner Beziehung zu Juliana hatte Nikolas keine Lust, daher sagte er
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