Wie ein Prinz aus dem Maerchen
„Du siehst nicht gerade glücklich aus.“
„Ich habe Angst, dass ich einem anderen Prinzen versprochen werde, sobald ich nach Aliano zurückkehre!“
Ein weiterer Blitz leuchtete auf, und die beiden nahmen eine neue Pose ein. „Bleib doch einfach hier.“
Juliana seufzte. „Das wäre schön.“
„Ich fände es herrlich, wenn du nach unseren Flitterwochen noch hier wärst“, sagte Isabel.
„Ich fürchte, mein Vater hat andere Pläne.“
„Denk wenigstens darüber nach“, drängte Isabel.
„Das mache ich. Vielen Dank.“
Wenige Stunden später ließ Isabel sich von einigen Dienstmädchen beim Entkleiden helfen. Sie wunderte sich, dass Nikolas diese Aufgabe in der Hochzeitsnacht nicht selbst übernahm.
Während ihre persönliche Zofe ihr das Haar kämmte, ließ eine andere ein Bad ein, während eine dritte das Negligé bereitlegte, einen Traum aus weißer Seide und Spitzen, ein Geschenk von Juliana.
Isabel fühlte sich unbehaglich. Ständig umsorgt und verwöhnt zu werden, war sie noch immer nicht gewohnt. Außerdem fragte sie sich, wo Nikolas blieb. Es wäre kein guter Start in ihre Ehe, wenn er die Hochzeitsnacht ausfallen ließe.
Schließlich entließ Isabel die Frauen. Vor Nervosität konnte sie niemanden mehr um sich herum ertragen. Sie badete und zog ihr Nachthemd ohne Hilfe an, doch als sie die Seidenbänder zum dritten Mal neu binden musste, bereute sie ihre Entscheidung: Die Schleife hing immer noch schief.
Barfüßig erkundete sie das ihr noch unvertraute Zimmer, das sie von nun an mit ihrem Mann bewohnen würde. Neben einem großen Bücherregal entdeckte sie in einem Schrank ein Fernsehgerät. Zu lesen oder fernzusehen hatte sie jedoch keine Lust. Nervös blickte sie auf die Uhr.
Wo bleibt er nur? fragte sie sich ungeduldig. Nach der Trauung hatte er noch behauptet, die Hochzeitsnacht nicht erwarten zu können!
Sie trat an die Fenstertüren, öffnete sie und trat auf den Balkon hinaus. Am tiefschwarzen, klaren Himmel funkelten zahllose Sterne, eine sanfte Brise trug den süßen Duft von Rosen aus dem Garten zu ihr empor und spielte mit ihrem Haar und dem Nachthemd.
Dies war ihr neues Zuhause.
Sie wollte es endlich gemeinsam mit ihrem frisch angetrauten Ehemann genießen!
10. KAPITEL
Nikolas betrat das Schlafzimmer, die Brautschatulle in seinen Händen. Sie gehörte jetzt wieder Isabel, der alten Tradition war Genüge getan. Er stellte sie auf einem Tisch ab, neben einem Kühler, in dem sich eine Flasche Champagner befand, und zwei Kristallgläsern.
Fühlt Isabel sich inzwischen als meine Ehefrau? überlegte er. Falls nicht, würde er dafür sorgen, dass sie es bis zum nächsten Morgen tat. Er jedenfalls war bereit! Der Kuss in der Kathedrale hatte sein Verlangen geweckt, am liebsten hätte er gar nicht mehr am Empfang teilgenommen.
Das Zimmer war bestens für die Hochzeitsnacht hergerichtet. Leise Musik ertönte aus der Stereoanlage, flackernde Kerzen sorgten für eine romantische Atmosphäre, das Bett war bereits aufgedeckt. Nun fehlte nur noch die Braut.
Im Bad hält sie sich nicht auf, stellte er fest, als er Gürtel, Schärpe und Jackett dort ablegte und Schuhe und Socken von den Füßen streifte. Bei seiner Rückkehr ins Schlafzimmer fand er es immer noch leer vor. Versteckt hatte sie sich gewiss nicht, das sah ihr nicht ähnlich, also blieb nur noch eine Möglichkeit.
Er ging, nein, er eilte zu den Balkontüren. Noch nie hatte er sich so sehr nach einer Frau gesehnt wie nach ihr. Sie verfolgte ihn bis in seine Träume. Das würde sich hoffentlich legen, sobald er sie einmal besessen hatte, denn sie lenkte ihn zu sehr von seiner Arbeit ab.
Leise zog er die Türen auf.
Isabel stand mit dem Rücken zu ihm auf dem Balkon, eine Vision in Weiß vor dem dunklen Sternenhimmel, und sein Herz schlug schneller als je zuvor. Der Wind spielte mit ihrem Haar auf eine Weise, wie er es gern selbst getan hätte.
Er wünschte sich aufrichtig, dass sie die Hochzeitsnacht in vollen Zügen genießen würde. Freude an der körperlichen Vereinigung würde sie die Verpflichtung, dem Königreich einen Erben zu schenken, leichter ertragen lassen und wesentlich zum Gelingen ihrer Ehe beitragen.
„Überlegst du gerade, was du dir beim Anblick der Sternschnuppen wünschen sollst, oder planst du, doch noch deinen Tod vorzutäuschen?“ Er trat zu ihr auf den Balkon.
„Die Idee, mein Ertrinken vorzutäuschen, war nicht schlecht, aber jetzt bleibe ich doch lieber hier.“ Sie wandte sich zu ihm
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