Wie ein reißender Strom: Roman (German Edition)
waren sie dunkelgrün, aber goldene Punkte leuchteten in ihnen.
»Was?«, fragte er lachend.
»Du hast gesagt, dass deiner nicht größer sei als der von anderen Männern.«
»Nein, habe ich nicht. Ich habe gesagt, dass dich das nichts angeht.«
»Er ist riesig«, flüsterte sie.
»Mit wem vergleichst du mich denn?«, fragte er und zog ein finsteres Gesicht.
Sie lachte ungestüm, und er zuckte zusammen. Er brachte es nicht fertig, sie jetzt schon zu verlassen. Immer noch war er eng in dieser seidigen Scheide begraben. »Kein Wunder, dass die Damen über dich reden.«
Sein Gesicht wurde ernst. »Ich war noch nie zuvor bei einer Dame.«
Ihre Stimme sank zu einem bloßen Hauch. »Deine Liebeskünste sind legendär.«
Er küsste sie sanft. »Und dies war das erste Mal, bei dem ich geliebt habe.«
Mit Tränen in den Augen hob sie die Hand, um sein Gesicht, seinen Mund zu berühren. »Ist es immer so beim zweiten Mal?«
»Es war noch nie so, Banner. Niemals zuvor.«
Er senkte den Kopf, um sie wieder zu küssen, und trotz ihres protestierenden Stöhnens glitt er von ihr weg und rollte auf die Seite. Ihre Blicke trafen sich und senkten sich ineinander. Seine Finger zupften leicht an den Knöpfen ihres Hemdes. »Du bist wunderschön, Banner Coleman.«
»Du auch, Jake Langston.«
Zurückhaltend schüttelte er den Kopf. »Ich bin alt, verbraucht und dürr wie eine Vogelscheuche. Ein Landstreicher zu Pferde.«
Sie beugte sich vor und küsste ihn sanft. »Nicht für mich. Für mich bist du immer Lancelot gewesen.«
»Wer ist das denn?«, fragte er, eine Augenbraue hochgezogen.
Sie zog den Bogen der Augenbraue mit der Fingerspitze nach und lachte leise. »Eines Tages musst du einmal über ihn lesen. Aber ich kann dir versichern, dass du geschmeichelt sein wirst über den Vergleich.«
Dann verwandelte sich ihr Lächeln in ein Stirnrunzeln. Lancelot hatte die Frau des Königs geliebt. Würde Jake nach der heutigen Nacht immer noch Lydia lieben? Banner schob den Gedanken beiseite. Heute Nacht würde sie nicht zulassen, dass irgendetwas sie quälte. Jake war hier, liebte sie, akzeptierte ihre Liebe. Für den Augenblick war das genug.
Sie berührte sein glänzendes Haar. »Es macht mich ganz wütend, wenn du in dieser Weise über dich redest.«
»In welcher Weise?«
»Alt und dürr. Das bist du nicht. Du bist schön. Und warum sagst du, du seist ein Landstreicher zu Pferde?«
Unbehaglich schaute er weg. »Ich halte nicht allzu viel von mir.«
»Aber warum?«
Er bewegte sich, legte einen Arm hinter den Kopf und schaute an die Decke. »Das alles ist vor langer Zeit passiert, Banner. In einem anderen Leben. Du willst sicher nichts davon hören.«
»Doch, das möchte ich.«
Er wandte den Kopf, sah die offensichtliche Liebe in ihren Augen und seufzte. Wenn er es ihr erzählte, hielt sie möglicherweise noch weniger von ihm als er selbst, aber es war besser, ihr Bild von ihm jetzt zu zerstören als später. All die Jahre hatte er diese Dinge für sich behalten. In diesem Augenblick fühlte er sich gezwungen, sie ihr zu offenbaren, sie sich ein für allemal von der Seele zu reden.
»Ich habe meine Unschuld und meinen Bruder am selben Tag verloren. Es war meine Schuld, dass Luke getötet worden ist.«
Banner lag still da, ohne sich zu rühren. Jake erforschte ihren Gesichtsausdruck, um ihre Reaktion abzuschätzen. Als sie seinen Blick ruhig und sicher erwiderte, erläuterte er seine Worte näher.
»Priscilla hatte mich seit dem Tag, als der Wagentreck begann, an der Angel. Ich war sechzehn und so geil wie ein Bulle im Frühling.«
Ruhig, mit tonloser Stimme berichtete er, wie Priscilla ihn in jenem Sommer lockte und in Versuchung führte, bis er dem Wahnsinn nahe war. »Eines Nachmittags bestach ich Luke, meine Aufgaben zu übernehmen, und stahl mich davon, um sie zu treffen. Als ich Stunden später zurückkam, fiel Ma über mich her und fragte mich, wo Luke und ich gewesen seien. Dann kam Moses in die Wagenburg und trug meinen Bruder in seinen Armen. Man hatte ihm die Kehle durchgeschnitten.«
Banner rollte eine Träne über die Wange. Aber sie sprach kein Wort. Jake öffnete sich ihr gegenüber, wie er es noch nie bei jemandem getan hatte. Jetzt war es wichtig zu schweigen. Er brauchte jemanden, der ihm zuhörte. Nicht um ihn zu verdammen oder zu bemitleiden. Nur um ihm zuzuhören.
»Damit musste ich all die Jahre leben. Wenn ich nicht mit Priscilla herumpoussiert hätte, wäre mein Bruder wahrscheinlich noch
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