Wie ein Ruf in der Stille: Roman (German Edition)
sich über das Sofapolster zu ihr herüber, brachte sein Gesicht dicht an ihre Halsbeuge und schnupperte. »Hm, was ist das?«
»Ich … Es …« Lauri brachte vor Verlegenheit keinen vernünftigen Satz zustande. Sie schluckte und versuchte es erneut. »Es ist nichts Besonderes. Und auch gar nicht teuer. Ich kaufe den Duft im Drogeriemarkt.«
»Na, wenn schon. Dafür brauchst du dich doch nun wirklich nicht zu entschuldigen. Immerhin erfüllt er seinen Zweck.«
Seine Worte – oder war es seine Nähe? – ließen sie wohlig erschauern. Fahrig zog sie die Bürste durch ihre Haare und legte sie dann auf eines der Tischchen. Der Alkohol zeigte bereits Wirkung, obwohl sie höchstens ein halbes Glas Wein
getrunken hatte. Nach einem weiteren Schluck stellte sie das Glas auf den Tisch. Lehnte sich in das Polster zurück und stellte fest, dass Drake noch näher gerutscht war.
Sie drehte sich zu ihm. Offenbar bewunderte er ihr Haar. »Es ist wunderschön«, flüsterte er. »Und im Feuerschein schimmert es noch faszinierender.« Seine Hand streichelte beinahe andächtig über ihre rotgoldenen Locken.
Das lodernde Feuer warf zuckende Schatten auf seine markanten Züge. Seine Augen wurden von den dichten Brauen fast verdeckt, gleichwohl war Lauri intensiv bewusst, dass sie sich auf ihr Gesicht konzentrierten. Auf ihrem Mund verweilten. Drake tauchte den Zeigefinger in sein Weinglas und brachte ihn an ihre Lippen. Zeichnete mit der blassgoldenen Flüssigkeit ihren Mund nach, indem er erst lasziv über die Ober-, dann über die Unterlippe fuhr. Unter seiner zärtlicher Berührung öffneten sie sich.
Er senkte seinen Mund auf ihren, schmeckte den Wein, ehe ihre Lippen zu einem gierigen Kuss verschmolzen, der Lauri Atem und Sinne raubte.
»Du bist köstlicher als der Wein. Und tausendmal so berauschend«, hauchte Drake, als er sich endlich von ihr löste. Er stellte sein Glas neben ihres. Lauri hätte wetten mögen, dass er sie als Nächstes in seine Arme schließen würde.
Aber weit gefehlt. Er streckte sich lang auf dem Sofa aus, bettete den Kopf in ihren Schoß. Nahm ihre Hand, küsste zärtlich die Innenfläche und presste sie auf seinen Bauch.
»Einfach himmlisch«, murmelte er. »Der Blick von hier unten hat seine ganz speziellen Reize.« Augenzwinkernd fokussierte er ihre Brüste unter dem schmeichelnden Stoff des Negligés. Er lachte, weil Lauri heftig errötete. Unvermittelt
entwich ihm ein tiefer, zufriedener Seufzer. »Ich mag dieses Städtchen, du nicht auch, Lauri?« Der plötzliche Ernst in seiner Stimme überraschte sie.
»Whispers? Ja, es ist hübsch hier. Aber ich muss dir etwas gestehen, Drake. Ich bin fest davon ausgegangen, dass du es hier nicht lange aushalten würdest.«
»Bisweilen vermisse ich meine Arbeit im Studio. Ich müsste lügen, wenn es anders wäre. Andererseits graust mir davor, mich wieder in das Leben und die Liebesabenteuer von Doktor Glen Hambrick zu stürzen. Eigentlich wollte ich die Rolle nie haben.«
»Nein?«
Er musste ihre Verblüffung bemerkt haben, denn er öffnete die geschlossenen Lider und antwortete: »Nein, wirklich nicht.«
»Warum hast du sie dann bekommen – und wie?«, stammelte sie.
»Susan hat mich seinerzeit förmlich zum Casting geschleift.« Lauri zuckte unbewusst zusammen, als er den Namen seiner verstorbenen Frau erwähnte. Aber der Schmerz war bei weitem nicht mehr so schlimm wie früher.
»Ich war genau das, was sie suchten«, fuhr er fort. »Ich küsste die Schauspielerin, mit der ich jetzt immer noch spiele und die zu dem Zeitpunkt der Superstar in der Serie war. Sie fanden, wir passten toll zusammen. Augenblicklich hatte ich die Rolle.«
»Was wolltest du denn eigentlich machen, Drake?«
»Ach, das Übliche. Das, was jeder angehende ernsthafte Schauspieler will – zum Theater. Mit dem Ziel, Regisseur zu werden. Aber spätestens nach ein paar Jahren New York
weiß man, dass man regelmäßig seine Miete zahlen muss, Essen, Kleider und dergleichen braucht.« Er lachte bitter. »Ich musste also zwischendurch Jobs annehmen und konnte die entsprechenden Seminare an der Hochschule nicht besuchen.«
Abwesend glitten Lauris Finger über seine aschblonden Haare. Inzwischen kam es ihr völlig normal vor, dass sein Kopf in ihrem Schoß ruhte und sie sich einen ruhigen Abend machten. »Wo kommst du denn ursprünglich her, Drake? Hast du Familie?« Merkwürdig, das Thema hatte er bisher mit keinem Wort angeschnitten.
»Ich bin in Illinois aufgewachsen.
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