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Wie ein Stein im Geroell

Wie ein Stein im Geroell

Titel: Wie ein Stein im Geroell Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Maria Barbal
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schloß die Augen und mir war, als ob die erste Zeit meines neuen Lebens in weiter Ferne lag: die Nächte, in denen ich mich in den Schlaf weinte, nachdem ich an meine Familie daheim gedacht hatte, an jeden einzelnen dort, wie ich immer und immer wieder aus dem Schlaf schreckte und dann diese Mutlosigkeit, die mich den ganzen Tag über nicht verließ. Wie schnell ich mich an eine so große Veränderung gewöhnt hatte! Doch alles in allem war ja schon fast ein halbesJahr vergangen, und jetzt hatte ich sogar das Gefühl, nicht ganz zwar, aber doch fast, als ob ich in diesem Haus geboren wäre.
    Wenn man die Tante erst einmal besser kannte, fiel es gar nicht so schwer, sie auch gern zu haben, denn sie war ein großzügiger Mensch. Nur ihre Anweisungen, die mußte man ganz genau befolgen. Es lag in ihrer Natur, alles bestimmen zu wollen und keinen Augenblick lang untätig zu sein, und Widerworte konnte sie einfach nicht leiden. Genau wie die Mutter hatte sie kein zärtliches Wesen, aber auf ihre Art zeigte sie schon Zuneigung. Das Glas mit frisch gemolkener Milch etwa, das sie wortlos vor meinen Teller stellte. Ich wußte sehr wohl, daß die Milch eigentlich aufgespart wurde, um die Kälbchen damit großzuziehen, und gab es genug, hielt man ein paar Liter zurück und brachte sie zu den Augustís, um damit die eine oder andere Pesete zu verdienen.
    Der Onkel war sehr schweigsam, so wie am ersten Tag auf dem Rücken des Maultiers, aber unfreundlich war er nicht. Ich tat alles, um mich nützlich zu machen. Von früh bis spät war ich auf den Beinen und hatte gelernt, alle anfallenden Arbeiten zu verrichten, die im Haus und die auf dem Feld. Ganz genau so, wie sie es mir beigebracht hatten, ohne auch nur eine einzige selbständige Handbewegung hinzuzufügen, denn das wäre ihnen vielleicht als ein Mangel an Respekt erschienen.

I hnen schmeckte einfach alles: der Preßsack und die Blutwurst, die mageren Stücke vom Schinken und selbst den fetten Speck fanden sie gut. Er habe mehr Geschmack als bei ihnen da unten, sagten sie.
    Ich mochte gerne dabei zusehen, wie sie sich ihre Teller füllten und wie sie ihr Messer benutzten, fast für alles und jedes. Der Vetter der Tante schnitt sogar das kleine bißchen Fett vom Schinken ab und legte es auf den Tellerrand. Das sind ganz schöne Schleckermäuler, sagte der Onkel. Wenn ich die Teller abräumte und in die Küche brachte, nahm ich es mit zwei Fingern hoch und aß es auf, das Fett, meine ich. Das hat mir schon immer viel besser geschmeckt als das Magere, weil es nicht so fad ist, und außerdem hatte man mir beigebracht, nichts verkommen zu lassen.
    Die aus der Stadt sind nicht vom gleichen Schlag wie wir, mit dem Essen sind sie ganz schön wählerisch, und sie meinen immer gleich, sie seien etwas Besonderes. Sie brauchen bloß hinter einem Ladentisch zu stehen, und schon steigt ihnen das zu Kopf. Onkel und Tante sagten das jedenfalls, und ich glaubte ihnen aufs Wort, aber trotzdem gefiel es mir, daß die Vettern aus Barcelona jedes Jahr zu uns heraufkamen. Es war eine Freude, mit anzusehen, wie sie das Haus mit Leben füllten, Onkel und Tante umarmten, sich dabei eine Träne aus dem Auge wischten und ständig wiederholten: Dieses Mädel wird auch jedes Jahr schnuckeliger, und was für schönes und lockiges Haar sie hat! In Pallarès sagt man nicht «Mädel» oder «schnuckelig», doch ich fand diese Worte drollig, und ich verstand sie, obwohl ich sienicht gebrauchte. Ich dachte bei mir, eine Sprache ist wie ein Werkzeug, jeder hat seine eigene Art, damit umzugehen, auch wenn es für ein und dieselbe Sache gut ist.
    Arbeit machten sie uns ja genug, das schon. Manchmal schnaubte die Tante geradezu, denn schließlich sollte alles tadellos in Ordnung sein, und sie hatte nicht genügend Hände, um sich gleichermaßen um das Vieh, die Wiesen und die Küche zu kümmern. Wegen dieser Besuche fing ich mit dem Kochen an, und dadurch entlastete ich die Tante. Am Anfang erklärte sie mir noch jede Kleinigkeit, denn sie traute mir nichts zu. Nach und nach bemerkte sie aber, daß ich umsichtig war und mich geschickt anstellte, und da ließ sie mich den Salat schon ganz allein zubereiten und dann die Omelettes und das Gemüse, später auch die Schmorgerichte und schließlich sogar die Suppe. Für Onkel und Tante war die Suppe heilig, sie zuzubereiten war eine Sache des Vertrauens. Jeden Tag gab es Suppe. Sie war wie das tägliche Brot und durfte nicht fehlen.
    Wenn die Vettern aus Barcelona

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