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Wie ein Stein im Geroell

Wie ein Stein im Geroell

Titel: Wie ein Stein im Geroell Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Maria Barbal
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kamen, hatten wir mehr Ausgaben als sonst. Aber sie brachten uns auch Kaffee mit, eine Dose Gebäck und eine Tafel Schokolade, über die wir uns mehr freuten als über irgend etwas sonst. Ich erinnere mich noch, daß sie uns einmal eine Obstschale aus Porzellan mitbrachten; die dürfte einiges gekostet haben. Ein wunderschöner kleiner Korb war das, mit einem geflochtenen Henkel und einer gewellten Einfassung, damit das Obst nicht hinunterfallen konnte. Außen waren kleine Kugeln angebracht, die Kirschen darstellten, und jede hatte einen Stiel und zwei Blätter. An diesem Geschenk mäkelte die Tante immerzu herum. Bei der erstbesten Gelegenheit würde es zerbrechen, und dann könnten wir es sowieso vergessen. Außerdem müsse man das Obst an einem kühlen Ort aufbewahren und es nicht so auftürmen, einfach nur, damit es schöner aussieht. Und so ging es in einem fort. Ich sah aber wohl, daß die Verwandten dieses Geschenk mit der besten Absicht gemacht hatten, und das war es, was schließlichzählte. Es stimmte allerdings auch, daß ich ganz versessen auf schöne Dinge war, doch ich schwieg lieber, um Onkel und Tante nicht zu verärgern, vor allem die Tante nicht, die immer so praktisch dachte. Ein Stück trockenes Brot, sagte sie, ist mehr wert als irgendein Zierrat.

J etzt weiß ich, daß damals die glückliche Zeit meines Lebens begann, obwohl das ganze Unglück, wenn man es genau betrachtet, hinter all dem fröhlichen Lachen schon auf der Lauer lag.
    Gefeiert wurde nicht oft in jenen Jahren. Es gab ja so viel Arbeit! Daß es Sonntag war, merkte man nur daran, daß unser Tagwerk später begann, weil wir um sechs Uhr in die Frühmesse gingen. Und auch nur wir Frauen, denn weder der Onkel noch die meisten anderen Männer des Dorfes setzten je einen Fuß in die Kirche. Einmal abgesehen vom Großvater der Augustís und der Sebastiàs. Von unserer Bank aus, die sich in einer der letzten Reihen auf der rechten Seite befand, konnte ich fast alle Leute sehen. Schweigsam und ein wenig in sich zusammengesunken, weil es in der Früh noch so kalt war. Die Frauen glichen kleinen Bäumen, die mit dichten schwarzen Schleiern bedeckt waren. Beim Herausgehen gerade mal ein kurzer Gruß, und schon lief man nach Hause, um die Gerätschaften zu holen oder das Feuer anzuzünden, je nach Jahreszeit und je nachdem, ob tagsüber einer zu Hause blieb.
    Das eigentliche Fest des Jahres war das Patronatsfest im Sommer. Es fand stets an einem Sonntag statt, um keine Arbeitszeit zu vergeuden, und es fiel mit dem Ende der schweren Arbeiten auf den Wiesen zusammen. Vor ein paar Tagen erst hatten wir gemäht und gedroschen, und wenn das Wetter nicht launisch gewesen war, auch das Heu eingebracht. Nur der zweite Schnitt stand gewöhnlich noch aus.
    Der Platz war mit bunten Papiergirlanden geschmückt, weil aber die Kühe wie jeden Tag zur Weide getrieben wurdenund dabei alles schmutzig machten, mußte man ihn mehrmals fegen und mit Wasser besprengen: vor dem Hochamt, das an diesem Tag um zehn Uhr anfing, dann wieder zu Beginn der Prozession und noch einmal vor dem Tanz am Abend.
    Es vergingen ein paar Jahre, bevor mich die jungen Leute aus dem Dorf wirklich als eine der ihren ansahen und nicht als eine von auswärts, die nur zu Besuch war. Erst mit sechzehn forderten sie mich auf, beim Auszug aus der Kirche die Schale mit Basilikum zu tragen. Das bedeutete, man gehörte nun dazu und teilte miteinander all die kleinen und großen Sorgen bei den Festvorbereitungen: ob es darum ging, den Musiker auszusuchen oder die coca aufzuschneiden, die gemeinsam mit dem Basilikum, aber auf einem eigenen Teller herumgereicht wurde.
    Ich weiß nicht, ob ich von Natur aus schüchtern war, ob es mit meinem Alter zu tun hatte oder weil ich armes Ding nicht die Tochter des Hauses war, in dem ich lebte. Mir war, als hätte ich nicht wirklich ein Anrecht darauf, an diesem Ort zu sein, und so traute ich mich eigentlich nur, wie auf Zehenspitzen herumzugehen. Ich glaube, es gab zwei Gründe, weshalb mich die Dorfjugend dann aber doch akzeptierte. Zum einen hatte die Tante dem Herrn Pfarrer gegenüber eine entsprechende Bemerkung fallengelassen, und außerdem, und das sage ich höchst ungern, hieß es, in unserer Gegend gebe es nur wenige Mädchen, die einmal einen Hof erben sollten und so aufgeweckt seien wie ich. Als ich mitbekam, was die Leute so redeten, wurde ich rot bis über beide Ohren. Und als ich am nächsten Tag aus dem Haus ging, hatte ich das Gefühl, alle

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