Wie ein stummer Schrei
ermorden wollen, registrierte er mit Erleichterung, weil es eine Sache weniger war, die man ihm anhängen konnte. Aber da war immer noch dieses tote Baby und der Koffer. Er hatte zwar nichts mit eigenen Augen gesehen, dennoch wusste er, wer dafür die Verantwortung trug. Aber selbst wenn er der Polizei den Namen nannte, wusste er nicht, wo sie mit der Suche beginnen sollte. Er wusste zugleich, dass man versuchen würde, ihm diese Information zu entlocken, ehe man ihn wieder auf freien Fuß ließ.
Sein verbliebenes Geld hatte er je zu einem Drittel an verschiedenen Stellen deponiert. Ein Teil steckte in seiner Tasche, ein anderer in seiner Brieftasche, der Rest war im Strumpf versteckt. In der Hosentasche trug er ein Springmesser mit sich herum, und er hatte sich den Kopf frisch rasiert, damit ihn niemand erkannte. Ein letztes Mal sah er sich im Hotelzimmer um und vergewisserte sich, dass er nichts vergessen hatte, dann ging er nach draußen und zog die Tür hinter sich zu.
Im Treppenhaus roch er auf einmal Rauch, dachte sich aber nichts dabei. Irgendjemand ließ etwas auf einer Kochplatte anbrennen, die er in seinem Zimmer angeschlossen hatte. Das war zwar verboten, aber es war sicher nicht das erste Mal, dass diese Vorschrift ignoriert wurde.
Er korrigierte den Gurt an seinem Matchbeutel, bis der richtig saß, dann ging er weiter, bis ihm ein Stockwerk tiefer Rauch entgegenschlug, der wie in einem Kamin durchs Treppenhaus zog.
“Verdammter Mist”, murmelte Foster und ging ein paar Stufen weiter, bis der Rauch so dicht wurde, dass er den Rest der Treppe nicht mehr erkennen konnte. Es dauerte nur ein paar Sekunden, dann sah er, wie der dunkle Qualm ihn bereits bis zu den Knien umgab.
“Oh Gott, nein! Nein!” rief er, dann schrie er los: “Feuer! Feuer! Hilfe, es brennt!”
Wie angewurzelt stand er da, bis ihm bewusst wurde, dass die Temperatur im Treppenhaus rasch anstieg. Sofort machte er kehrt und lief nach oben. Irgendwo musste es doch eine zweite Nottreppe geben!
Als er wieder Halt machte, stand er vor der Tür, die aufs Dach führte. Von unten waren Schritte, Rufe und Schreie zu hören, und der Rauch drang immer weiter vor.
Er trat die Tür ein und lief hinaus aufs Dach, einen Moment von dem Wunschdenken angetrieben, er könnte dem Feuer davonlaufen. Doch dann stürmten hinter ihm die anderen Hotelgäste ins Freie und eilten zur Brüstung, beugten sich vor und schrien um Hilfe, während sich vor dem Gebäude die ersten Schaulustigen versammelten.
Foster konnte in weiter Ferne bereits die heulenden Sirenen der Feuerwehrwagen hören, die auf dem Weg hierher waren. Er sah, dass die Flammen den zweiten und dritten Stock erfasst hatten und Rauch auch aus den Fenstern im vierten Stock quoll.
Würde er etwa so enden? überlegte Foster in Panik. Sollte er so in Rauch aufgehen wie das Geld, das er sich vor einem Vierteljahrhundert ergaunert hatte? Das konnte nicht sein, auch wenn es wie eine grausame, fast schon gerechte Ironie des Schicksals wirkte.
So schnell er konnte, lief er an der Brüstung entlang auf dem Dach umher, um nach einem Fluchtweg zu suchen. Der Qualm stieg aber nun zu allen Seiten auf, was die anderen Hotelgäste ebenfalls in Panik ausbrechen ließ. Zwei von ihnen entdeckten einen Stapel Holzbohlen und begannen, sie über die Dachkante zu schieben, um einen Übergang zum nächsten Gebäude zu schaffen. Doch im nächsten Augenblick mussten sie einsehen, dass ihnen gut ein Meter bis zur rettenden anderen Seite fehlte.
Die Menge stieß einen entsetzten Aufschrei aus, da die einzige Fluchtmöglichkeit sich als Sackgasse erwiesen hatte.
“Die Feuerwehr! Sie ist da!” rief jemand und zeigte auf den Löschzug, der um die Ecke gefahren kam.
“Wir sind gerettet!” rief ein anderer.
Foster war davon allerdings nicht so überzeugt. Er konnte sich nicht vorstellen, wie man sie retten sollte, wenn die Feuerwehrleute wegen des Qualms von den Menschen auf dem Dach nichts sehen konnten. So wie er die Situation beurteilte, würden sie alle bei lebendigem Leib geröstet werden.
Gerade war er im Begriff, seine Sünden zu beichten und Gott um Vergebung zu bitten, als er vom Gebäude nördlich des Hotels Rufe hörte. Das Haus war mindestens sechs Stockwerke höher als das Hotel, doch als er an der Dachkante mehrere Feuerwehrleute sah, die ihre Rettungsausrüstung anlegten, wurde ihm klar, was sie versuchen wollten.
“Da!” brüllte er und zeigte auf den gerade eintreffenden Hubschrauber, der
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