Wie entführt man einen Herzog?
ihr zu gratulieren?“
Darüber hatte er wahrhaftig nicht nachgedacht! Trotzdem war er als Politiker um eine Antwort nicht verlegen. „Sie ist jetzt eine Duchess. Vielleicht waren ihre Freundinnen zu schüchtern, um in Bellston House vorzusprechen.“
Hector schüttelte den Kopf. „Penny hat keine Freundinnen.“
„Das ist allerdings seltsam. Sie hat nie über Einsamkeit geklagt. Zudem ist sie ein so liebenswerter Mensch, dass es keinen Grund gibt, ihre Gesellschaft zu meiden.“
„Sie haben eben noch nicht erlebt, wie merkwürdig sie sich in der Öffentlichkeit benimmt. Damals, als sie in die Gesellschaft eingeführt werden sollte, hat sie sich schon nach kurzer Zeit geweigert, ihr Zimmer zu verlassen. Sie wollte an keinem Ball, keinem Dinner, keiner Soiree teilnehmen. Sie hat sich eingeschlossen und ist nicht einmal mehr zum Tee heruntergekommen.“
Adam hob zweifelnd die Augenbrauen.
„Menschen machen ihr Angst. Und in einer größeren Gruppe empfindet sie regelrecht Panik. Das heißt doch wohl, dass sie nicht ganz richtig im Kopf ist. Darüber kann auch ihr Vermögen nicht hinwegtäuschen.“ Ein boshaftes Lächeln spielte um Hectors Mund. „Sie wollen sicher nicht behaupten, Sie hätten Penny aus Liebe geheiratet.“
Es wäre einfach gewesen, zu lügen. Doch Adam entschied sich für eine Antwort, die der Wahrheit zumindest nahe kam. „Ich wusste nichts von Pennys Reichtum, als ich sie heiratete. Tatsächlich empfinde ich große Zuneigung zu ihr – was ich jederzeit und überall wiederholen werde.“
„Man hört, dass Sie ein geübter Redner sind“, spottete Hector, „ein Politiker eben. Nun“, er griff nach der Einladung, die vergessen auf dem Schreibtisch gelegen hatte, „gerade als Politiker sollten Sie sich natürlich auch Gedanken darüber machen, welchen Eindruck Ihre Gattin in der Öffentlichkeit hinterlässt. Wenn Sie diesen Ball erst gegeben haben, können Sie nicht mehr zurück. Es wird zu einem Skandal kommen. Deshalb erscheint es mir am klügsten, wenn Sie sich so bald wie möglich in aller Stille von Penny trennen.“
„Damit sie in Ihren Haushalt zurückkehrt und Sie sich wieder an ihrem Geld bedienen können?“
Hector reagierte nicht darauf, sondern fuhr ungerührt fort: „Noch ist es für eine Annullierung nicht zu spät. Es wäre unverantwortlich, diese Ehe fortzusetzen. Sie können doch nicht ernsthaft in Erwägung ziehen, Kinder mit einer Verrückten zu zeugen!“
Einen Moment lang war Adam versucht, seinem Gegenüber einen Kinnhaken zu versetzen. Er musste ein paar Mal tief durchatmen, ehe er seinen Zorn so weit im Griff hatte, dass er scheinbar ruhig sagen konnte: „Sie haben recht, ich beginne mir Sorgen um den Charakter der Kinder zu machen, die unserer Verbindung entspringen könnten. Wenn sie Ihnen nachschlagen würden, wäre das wahrhaftig ein Grund, kinderlos zu bleiben.“
„Wie können Sie …“
„Ich kann“, fiel Adam seinem Schwager ins Wort, „Ihnen versichern, dass ich mir mehr Gedanken um meine Zukunft gemacht habe, als Sie zu glauben scheinen. Eine Trennung von meiner Gattin kommt nicht infrage. Und ob wir nun Bälle geben oder nicht, geht Sie, Mr. Winthorpe, überhaupt nichts an.“
„Wie Sie wünschen! Aber wenn meine Schwester auf der Tanzfläche in Ohnmacht fällt oder einem Ihrer Gäste Wein über den Kopf schüttet oder sonst etwas Skandalöses tut, sagen Sie bitte nicht, ich hätte Sie nicht gewarnt.“ Damit stürmte Hector aus dem Raum.
Adam starrte ihm einen Moment lang wütend nach. Gleichzeitig verspürte er den heftigen Wunsch, Penny vor diesem Menschen und allen anderen, die ihr Böses wollten, zu schützen. Nie zuvor hatte er so gut verstanden, warum sie bereit gewesen war, ihr Schicksal eher einem Fremden anzuvertrauen als ihrem Bruder!
Unwillkürlich seufzte er auf. Fast alles, was Hector gesagt hatte, ließ sich damit erklären, dass der die Vollmacht über das Geld seiner Schwester zurückgewinnen wollte. Allerdings war es nicht völlig von der Hand zu weisen, dass Penny Angst vor Menschen hatte. Wenn sie gesellschaftlich wirklich so unerfahren und ungeschickt war, wie Hector behauptete, dann war es nicht fair, sie dazu zu zwingen, als Gastgeberin bei einem großen Ball aufzutreten.
Er musste mit ihr reden!
Entschlossen erhob er sich, ging zu ihrem Salon, klopfte und trat ein, ehe sie auch nur fragen konnte, wer da sei.
Penelope saß an dem zierlichen Damensekretär der verstorbenen Duchess. Sie trug ein hellblaues
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