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Wie es Euch gefaellt, Mylady

Wie es Euch gefaellt, Mylady

Titel: Wie es Euch gefaellt, Mylady Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jillian Hunter
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und erklärte mit lauter Stimme: „Oh seht nur, Lord Boscastle. Er kommt gewiss, um Modell zu stehen für unseren Apoll. Wir wollen ihn ganz herzlich begrüßen.“
    Er machte auf dem Absatz kehrt und wollte fliehen. Aber Lady Dalrymple sprang auf, bekam ihn an den langen Schößen seines Frackes zu fassen und zog ihn gnadenlos ins Atelier zurück wie einen Fisch an der Angel.
    „Seien Sie nicht so schüchtern, Boscastle.“
    „Schüchtern? Ich bin nicht schüchtern. Ich lasse mich nur nicht öffentlich zur Schau stellen.“
    Julia räusperte sich. „Es ist keine Schande, seinen Körper für künstlerische Zwecke zur Verfügung zu stellen.“
    „Ganz zu schweigen von den Waisenkindern, die davon profitieren“, erklärte eine Matrone mit piepsender Stimme hinter einer riesigen Staffelei. „Würden Sie freundlicherweise Ihr Hemd ablegen? Für künstlerische Zwecke.“
    Heath blinzelte verständnislos. „Wie bitte?“
    „Es wäre ja nicht das erste Mal“, bemerkte eine der Schwestern Darlington zu seiner Rechten.
    „Hoffentlich nicht vor einem allzu großen Publikum“, murmelte eine vertraute Stimme.
    Heath stöhnte innerlich. Die spöttische Stimme gehörte keiner anderen als seiner geistreichen Schwägerin Jane, der Marchioness of Sedgecroft, Gemahlin seines ältesten Bruders Grayson. Das hatte ihm grade noch gefehlt: ein Mitglied seiner Familie als Zeuge dieser überaus peinlichen Situation. Das Hohngelächter seiner Familie würde ihm jahrelang in den Ohren klingen.
    Er warf Jane einen erbitterten Blick zu. „Das erste - und letzte - Mal, als ich Modell gestanden bin, war in deinem Haus. Und ich erinnere mich daran als höchst unliebsame Erfahrung.“
    Jane lächelte ein wenig schadenfroh. „Nur weil unsere Haushälterin dich mit der Künstlerin - Miss Summers, wenn ich mich recht entsinne - in einer verfänglichen Position ertappte.“
    „Das entspricht nicht der Wahrheit“, verteidigte er sich und spürte Julias Blick. „Meine Toga war verrutscht, und Miss Summers hatte sich lediglich erboten, sie zu ordnen.“
    „Mein lieber Schwager“, fuhr Jane honigsüß fort, „denke bitte an den hohen Erlös, den dein Konterfei bei unserem Wohltätigkeitsbasar erzielen wird. Ich hätte dich selbst als Modell vorgeschlagen.“
    Er bedachte sie mit einem grimmigen Blick. „Ich bin gerne bereit, eine hohe Summe zu spenden, Jane. Ich veranlasse meinen Sekretär umgehend, einen Scheck …“
    „Wenn du für Eloise Summers posierst“, fiel Julia ihm ins Wort, „kannst du auch für uns Modell stehen. Sei kein Spielverderber, Heath.“
    „Und den Scheck können Sie auch später ausstellen lassen“, fügte Lady Dalrymple hinzu.
    Unvermittelt verloren die anwesenden Damen ihre Contenance. Aufgeregtes Stimmengewirr brach plötzlich über ihn herein wie ein Gewittersturm.
    „Ich kann es kaum fassen: ein Boscastle in unserer Mitte.“
    „Haben Sie seine Augen gesehen? Diese verschiedenen Blautöne. Faszinierend. Hoffentlich gelingt es mir, diesen Blick einzufangen.“
    „Steht er uns tatsächlich Modell? Wie werde ich nur seiner Männlichkeit, seiner Vitalität gerecht? Meine Damen, ich fürchte, ich kann den Pinsel nicht ruhig halten, so sehr zittern mir die Finger.“
    Heath trat den Rückzug an. „Es tut mir leid. Ich habe völlig vergessen, dass Ihr Malclub sich heute trifft. Verzeihen Sie die Störung. Fahren Sie fort. Ohne mich.“
    „Störung?“, kreischte eine der Amateurkünstlerinnen und fuchtelte mit einem Dachshaarpinsel in der Luft herum. „Heißt das etwa, er will nicht bleiben?“
    „Natürlich bleibt er“, beschwichtigte Lady Dalrymple die aufgebrachte Künstlerin und stellte sich ihm in den Weg. „Er hat es Julia gestern zugesagt.“
    Heath furchte die Stirn. War es möglich, eine Frau in Hermias Alter beiseitezustoßen, ohne ihr weh zu tun? „Ich habe nichts dergleichen zugesagt. Julia, hast du mich etwa falsch verstanden?“
    Sie strichelte mit dem Kohlestift auf ihrem Zeichenblock. „Ich verewige dich als griechische Gottheit. Du solltest dich geschmeichelt fühlen.“
    Es gelang ihm, sich an Hermia vorbeizudrängeln. „Nehmt den Butler.“
    „Den Butler haben wir bereits gemalt“, stellte eine ältere Dame mit zu viel Rouge auf den Wangen fest. „Wir waren uns darin einig, ihn als Hermes einzusetzen.“
    Julia lächelte versonnen auf ihren Zeichenblock. „Weil er so flink auf den Beinen ist.“
    Heath erreichte rückwärtsgehend die Tür. Plötzlich stand der silbergraue

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