Wie Fackeln im Sturm
und nun hoffe ich, dass es dir gefällt.“
Mit den letzten Worten deutete er auf das Bett, auf dem ein edel geschnittenes Gewand mit weiten Ärmeln und Röcken ausgebreitet lag.
„Die Farbe des Stoffs erinnerte mich an deine Augen“,
schwärmte er, als Willa langsam an das Bett trat und das weiche, blaugraue Kleid mit faszinierten Blicken musterte.
Es schien das schönste Gewand zu sein, das sie je gesehen hatte. Willa konnte kaum glauben, dass es für sie gedacht war. Ehrfürchtig blieb sie am Fuß des Betts stehen, streckte dann zögerlich eine Hand aus und strich mit einem Finger sacht über das Gewebe. „Es fühlt sich so weich an“, hauchte sie.
Lord Wynekyn kam sogleich näher, umfasste ihre Schultern und betrachtete zusammen mit seinem Patenkind das herrliche Gewand. Seine Augen nahmen einen traurig-wehmütigen Ausdruck an. „Ja, es gibt kein weicheres Gewebe. Von nun an wird es keinen groben Bauernstoff mehr auf deiner Haut geben, Willa. Das ist vorbei. Hugh ist ein starker und fähiger Ritter. Er wird dich schützen, und du brauchst dich nie mehr irgendwo zu verstecken. Nicht, dass Richard ein schwacher Beschützer gewesen wäre“, fügte er rasch hinzu, um mit seinen Worten keinen falschen Eindruck zu erwecken. „Er war stark und mutig, aber …“
Willa unterbrach ihn, als sie sich umdrehte und ihm einen Finger auf die Lippen legte. Obwohl ihre Augen sich mit Tränen füllten, lächelte sie. „Dieser Teil meines Lebens ist jetzt vorüber. Ich werde einen Gemahl und Kinder haben und brauche mich nicht mehr zu verstecken. Dies ist ein herrliches Gewand. Hab Dank, Onkel.“
Sie schlang die Arme um ihn und drückte ihn dankbar und überglücklich an sich. Lord Wynekyn räusperte sich, erwiderte die Umarmung, wandte sich dann aber rasch zum Gehen, als Willa ihn wieder losließ. Sie vermutete, dass er sie schnell allein lassen wollte, damit sie seine Rührung nicht bemerkte.
„Nun, ich ziehe mich jetzt zurück, damit du dich in aller Ruhe vorbereiten kannst“, meinte er mit belegter Stimme, als er die Tür erreichte. „Ich sorge dafür, dass du ein Bad nehmen kannst, und schicke dir Eada hinauf, damit du Hilfe beim Ankleiden hast.“
„O nein!“ entgegnete Willa sofort. „Der Morgen war anstrengend genug für Eada. Gönnen wir ihr etwas Ruhe. Ich komme schon allein zurecht.“
„Unsinn! Du bist nunmehr eine Dame. Ich werde nachschauen, ob sich noch jemand anders finden lässt, der dir hilft.“ Er lächelte zaghaft. „Lass mich rufen, wenn du fertig bist, damit ich dich nach unten geleiten kann.“
Willa erwiderte das Lächeln und nickte. Dann sah sie, wie die Tür ins Schloss fiel, und wandte sich sogleich wieder dem Bett zu. Einen Moment lang betrachtete sie das herrliche Gewand und warf sich schließlich mit einem Freudenschrei auf das Bett. Sie vergrub die Hände in dem kostbaren Stoff, drehte sich dann auf den Rücken und drückte das Gewand an sich. Es war wunderschön. Das prachtvollste Gewand, das je angefertigt worden war, und es gehörte jetzt ihr!
Als ihr aufging, dass ihr ungestümes Verhalten womöglich den Stoff zerknitterte, sprang sie schnell wieder vom Bett auf. Sie hielt sich das Kleid an, blickte an sich herab und versuchte sich vorzustellen, wie sie darin aussehen würde. Eine Weile bestaunte sie den ausgezeichneten Zuschnitt des Kleids und wunderte sich einmal mehr, wie unendlich weich der Stoff gearbeitet war.
Verträumt rieb sie ihre Wange an dem weichen Gewebe, als sich ein Räuspern von der Tür vernehmen ließ; eine leise Stimme fragte: „Kleine Willa?“
Erschrocken drehte Willa sich zur Tür um. Es war Jahre her, dass sie jemand „kleine Willa“ genannt hatte. So hatte zuletzt Luvena sie gerufen. Verdutzt schaute sie die ältere Frau auf der Türschwelle an. Augenblicke verstrichen, bis Willa begriff, wer dort stand: Es war Luvenas Mutter. Sie und Luvena waren die einzigen Leute gewesen, die sie so genannt hatten. Die übrigen Bediensteten hatten stets „Mylady“ zu ihr gesagt, aber als Freundin hatte Luvena diesen Spitznamen ausgesucht, den dann auch ihre Mutter benutzt hatte. Willa hatte darauf bestanden.
„Alsneta.“ Unsicher hauchte sie den Namen, den sie so viele Jahre nicht mehr ausgesprochen hatte. Die Frau sah wie Luvenas Mutter aus, aber die Jahre waren nicht freundlich zu ihr gewesen. Ihr einst rotgoldenes Haar war überwiegend grau geworden, und nur noch wenige Strähnen deuteten die einstige leuchtende Pracht an. Das früher so
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