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Wie Fackeln im Sturm

Wie Fackeln im Sturm

Titel: Wie Fackeln im Sturm Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lynsay Sands
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fröhliche Gesicht war schmal geworden und von Gram gezeichnet. Und doch veränderte sich die kummervolle Miene, als die Frau lächelte.
    „Du erinnerst dich an mich.“ Sie klang überrascht und zufrieden zugleich. Das unvermutete Lächeln ließ ihre Züge weicher erscheinen.
    „Natürlich erinnere ich mich“, murmelte Willa. Das Gewand glitt zurück auf das Bett, als Willa zur Tür eilte und die Frau in die Arme schloss. Die Köchin versteifte sich erst, entspannte sich dann aber und erwiderte die Umarmung. Willa ließ sie los und sprach: „Du hast mich großgezogen. Du und Eada, ihr habt euch beide um mich gekümmert, als ich klein war, bis …“ Sie brach den Satz abrupt ab und schaute beklommen zum Bett, da sie den Tod ihrer Spielgefährtin aus Kindheitstagen nicht heraufbeschwören wollte. Als ihr Blick auf das Gewand fiel, ergriff sie die Hand der Köchin und zog die Frau freudig mit sich fort. „Hast du schon das Gewand gesehen, das Lord Wynekyn mir mitgebracht hat? Es soll mein Hochzeitskleid sein“, verkündete sie schnell, um das Thema zu wechseln.
    Doch im Gemach herrschte mit einem Mal betrübtes Schweigen. Unsicher musterte Willa die ältere Frau und biss sich auf die Lippe, als sie merkte, dass Alsneta mit leidvollen Erinnerungen kämpfte. Willa begriff, dass ihre Anwesenheit eine uralte Trauer geweckt hatte, drehte sich wieder zu dem Gewand und berührte es zaghaft. „Es tut mir Leid, Alsneta. Es war nicht meine Absicht …“
    „Was für ein herrliches Kleid!“ entgegnete die ältere Frau mit aufgesetzter Fröhlichkeit. „Es wird dir ausgezeichnet stehen.“ Sie nahm das Gewand und hob es hoch. „Lord Wynekyn bat mich, jemanden zu dir zu schicken, der dir beim Ankleiden hilft. Ich hatte zwar viel mit den Essensvorbereitungen für das Fest zu tun, aber nun ist alles fertig, und da dachte ich, es würde dir vielleicht gefallen, wenn du ein vertrautes Gesicht siehst. Meine Güte, wie weich dieser Stoff doch ist!“
    Die ältere Dienstmagd plauderte ungehemmt weiter, während der Badezuber hereingetragen und mit Wasser gefüllt wurde. Sie redete auch weiter, als sie Willa beim Entkleiden und beim Baden behilflich war und diese ihr Haar vor dem Kaminfeuer trocknete. Alsneta sprach auch dann noch, als sie Willa in das neue Gewand half. Das meiste, was sie von sich gab, war Geschwätz: Klatsch über andere Bedienstete, die Willa nicht kannte, Geschichten über ihre Schwester, die das Jahr zuvor verstorben war, sowie Klagen über ihren Neffen, der ihrer Meinung nach seine arme Mutter mit seinem unmöglichen Lebenswandel ins Grab gebracht habe. Willa hörte ihr geduldig zu, während sie den Luxus ihres neuen Lebens genoss. Ihr war gar nicht richtig klar gewesen, dass sie derartige Vorzüge überhaupt nicht vermisst hatte: wohltemperiertes Badewasser, weiche Gewänder und jemanden, der ihr beim An- und Ausziehen behilflich war – sie kam sich wie im siebten Himmel vor. Beinahe bedauerte Willa es, als Alsneta das Gemach verließ, um Lord Wynekyn zu suchen.
    „Oh“, staunte ihr Patenonkel Augenblicke später und blieb auf der Türschwelle stehen. Zum ersten Mal schien es Lord Wynekyn die Sprache verschlagen zu haben. Er stand einfach nur da, und in seinem Gesicht lag stilles Erstaunen.
    Willa strahlte ihn an und fühlte sich so hübsch wie noch nie in ihrem Leben. „Ist es nicht herrlich?“ fragte sie und strich mit einer Hand über das blaugraue Gewebe ihrer Röcke. Nichts von dem, was sie je ihr Eigen genannt hatte -auch nicht als sie noch ein verhätscheltes Kind gewesen war –, hatte die Schönheit dieses Gewandes besessen.
    „Ja, nun …“ Er runzelte leicht die Stirn. „Hoffen wir, dass es Hugh gefällt. Mir war nicht bewusst, wie eng es anliegen würde. Ich war mir sicher, die Tochter der Schneiderin habe deine Größe, aber da habe ich mich offensichtlich geirrt.“
    „Es liegt nicht zu eng an. Es sitzt ausgezeichnet, Onkel“, versicherte Willa ihm. Begeistert strich sie sich mit den Händen über die Hüften.
    Lord Wynekyn folgte der Bewegung mit einigem Entsetzen. „Du bist eine Frau geworden! Seltsam, für mich warst du immer das schlanke Kind. Gertenschlank und anmutig. Aber irgendwie bist du … gewachsen.“ Er hielt inne und deutete zaghaft auf ihre Rundungen, die sich unter dem feinen Gewebe abzeichneten.
    Bei diesen Worten lachte Willa ein wenig unsicher auf, doch dann zog sie die Stirn kraus, als sie auf die langen Ärmel schaute. „Sind die Ärmel nicht ein wenig zu

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