Wie Fackeln im Sturm
Genesung sehr gelegen, denn deine Tiere wagen sich jeden Tag näher an die Burg heran. Vergangene Nacht zeigten sie sich auf der Lichtung und versetzten die Wachen in Angst und Schrecken.“
„Du liebe Güte!“ Willa kletterte aus dem Bett und eilte zur Tür.
„Moment!“ rief Hugh ihr nach, wurde jedoch von Eada übertönt. „Deine Schuhe!“ schrie sie.
Willa wirbelte herum und suchte sogleich ihre Schuhe. Obwohl sie sich jeden Tag angezogen hatte, hatte sie sich nicht um ihr Schuhwerk gekümmert, das sie bereits am Abend der verspäteten Hochzeitsnacht abgelegt hatte. Hugh war nicht überrascht, dass sie nicht gleich auffindbar waren. Er sah, wie Willa sich im Raum umschaute; dann tauchte sie an der anderen Seite des Betts ab. Mit gerunzelter Stirn ging er um das Bett herum und blieb verblüfft stehen, als sein Blick auf ihr ausgestrecktes Hinterteil fiel, denn Willa war halb unter das Bett gekrochen. Schließlich gab sie einen zufriedenen Laut von sich und richtete sich wieder auf, die Schuhe in der Hand.
„Da sind sie!“ Sie schlüpfte hinein und lächelte Hugh und Eada an.
Hugh wollte etwas sagen, doch die Alte kam ihm wieder zuvor. „Gut, jetzt läufst du runter in die Küche und guckst nach, ob Alsneta etwas für die Tiere hat. Und versuch, sie zurück zu der Lichtung bei der Waldhütte zu locken.“
„Ich werde mir Mühe geben!“ rief Willa und eilte erneut zur Tür.
„Warte doch einen Augenblick“, meinte Hugh, als sie schon die Tür öffnete. Auf der Türschwelle hielt sie inne und drehte sich überrascht um.
„Ja, mein Gemahl?“
„Du wirst die Burg nicht allein verlassen, um deine Wölfe zu suchen“, begann er. Weiter kam er nicht, denn seine hübsche Frau lachte unbekümmert und schüttelte den Kopf.
„Natürlich nicht, Hugh. Ich werde Baldulf mitnehmen.“ Schon war sie zur Tür hinaus und zog sie hinter sich zu, ehe er etwas erwidern konnte.
Mit einem Fluchen durchquerte er den Raum, um ihr zu folgen. Er konnte es nicht zulassen, dass sie sich nur in Begleitung von Baldulf auf die Suche begab. Der alte Mann war ein trefflicher Wächter hier im Burgfried, doch Hugh wollte sie einfach nicht mit nur einem Beschützer aus der Burg lassen.
„Mylord!“ rief Eada ihm nach.
„Was gibt es noch?“ Hugh verlangsamte seine Schritte und drehte sich genau in dem Augenblick voller Ungeduld um, als die Alte ihm vom Bett aus ein Stoffbündel ins Gesicht schleuderte. Hugh fing es auf und erkannte, dass es seine Tunika war. Er rang sich sogar ein „Habt Dank“ ab, bevor er auf dem Absatz kehrtmachte und zur Tür hinauseilte. Im Laufen streifte er sich das Kleidungsstück über und holte Willa und Baldulf schließlich auf der Treppe ein.
„Willa“, sagte er ungeduldig. Doch Willa schien von seiner Verstimmung wenig beeindruckt zu sein.
Über die Schulter warf sie ihm ein bezauberndes Lächeln zu und ging unbeirrt weiter. „Ist es nicht herrlich, wieder auf den Beinen zu sein?“
Hugh verzog gequält den Mund. Obgleich er dankbar war, dass seine Beschwerden merklich nachgelassen hatten und seine Gemahlin sich von ihrer Erkältung erholt hatte, hatte er die unbeschwerte Zeit genossen, die sie gemeinsam im Krankenbett verbracht hatten. Zwar war Willa zu Anfang ein wenig gereizt gewesen – offenbar konnte sie es nicht ertragen, krank zu sein –, aber dann hatten sie sich ausgiebig unterhalten, viel gelacht und Schach gespielt.
Zum ersten Mal nach langer Zeit war Hugh zur Ruhe gekommen, und Willa hatte sich so weit entspannt, dass ihr Hang zur Redseligkeit wieder die Oberhand gewonnen hatte. Doch Hugh hatte auch das genossen. Ihre Stimme klang lieblich und angenehm; ganz gleich, ob Willa sang oder sprach, er hatte ihr gern zugehört. Manchmal hatte er jedoch nur auf die Bewegungen ihrer Lippen geachtet und den melodischen Klang ihrer Stimme auf sich wirken lassen, ohne genau zu verstehen, was sie sagte. Nun bedauerte er es beinahe, dass ihre gemeinsame Zeit in der Abgeschiedenheit des Schlafgemachs vorüber war. Wie gerne hätte er noch eine Stunde zur Verfügung gehabt, um das zu Ende zu bringen, was er begonnen hatte. Er war sich sicher, dass er ihr jetzt das Schwatzen entlockt hätte, da sie ihm nicht mehr länger unsicher vorkam. Aber seine Gemahlin schien da anderer Ansicht zu sein. Offenbar fand sie es wundervoll, den erzwungenen Aufenthalt im Schlafgemach beenden zu können. Hugh fühlte sich durch diese offensichtliche Freude nicht gerade geschmeichelt.
Als er merkte, dass
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