Wie Fackeln im Sturm
Position und schob seinen Arm ein wenig weiter hinunter. Obwohl sie die Wärme seines Körpers genoss, drückte sein Arm langsam wie ein großer gefällter Baumstamm auf ihre Brust.
Hugh murmelte etwas im Schlaf und umschloss ihre Taille fester. Er zog sie noch näher an sich, bis ihre linke Brust gegen ihn drückte. Willa schaute erneut in das Gesicht ihres schlafenden Gemahls. Jetzt sah er überhaupt nicht mehr Furcht einflößend aus. Seine Gesichtszüge waren geradezu freundlich. Natürlich waren sie auch im wachen Zustand anziehend, aber dann lag etwas Hartes in seinem Mienenspiel. Er blickte oft düster und streng drein. Vielleicht auch verdrießlich. Im Schlaf jedoch wirkte er jung und liebenswert.
Lächelnd schmiegte sie sich enger an ihn, schloss die Augen und schlief ein.
„Schach“, sagte Hugh.
„Ich bin krank! Du müsstest mich gewinnen lassen!“ protestierte Willa mit gespielter Entrüstung.
„Ha!“ Er lachte siegessicher, lag auf dem Bauch im Bett und blickte vergnügt auf das Schachbrett. „Du gewinnst oft genug, ohne dass ich dich gewinnen lasse. Wer hat dir das Spiel beigebracht?“
„Mein Onkel.“ Sie lächelte, denn es freute sie, dass er ihre Fähigkeiten zu würdigen wusste. „Ich habe schon Baldulf, Howel und meinen Onkel besiegt. Ich liebe es, zu gewinnen.“
„Ja.“ Er musterte sie nachdenklich. „Du hast ein wetteiferndes Wesen.“
Willa öffnete den Mund, um zu widersprechen, hielt sich indes zurück. Sie vermochte nicht genau zu sagen, warum die Beschreibung sie ärgerte. Für eine Frau schien es keine bewundernswerte Tugend zu sein, dabei war Willa nicht in dem Glauben erzogen worden, sich beständig messen zu müssen. Stets hatte sie das getan, was von ihr verlangt wurde. Schon früh war ihr bewusst gewesen, dass diejenigen in ihrer Nähe sie mit ihrem Leben schützten, und daher war sie immer so gehorsam und gefügig wie möglich gewesen.
„Erzähl mir von deiner Kindheit“, forderte Hugh sie unvermutet auf, und Willa schaute ihn belustigt an.
„Ich habe dir schon ausführlich von meiner Kindheit erzählt“, erwiderte sie, und das stimmte. Die letzten drei Tage ihrer Genesung hatten sie damit verbracht, sich besser kennen zu lernen. Eada, Lucan und Gawain waren die einzigen Besucher gewesen. Die alte Frau sah zweimal am Tag nach dem Rechten, legte Hugh einen neuen Breiumschlag an und verabreichte den beiden eine Vielzahl scheußlich schmeckender Kräuter, die die Heilung beschleunigen sollten. Gawain brachte ihnen das Essen und kostete davon, bevor Willa zugreifen durfte. Und Lucan hatte sich freundlicherweise erboten, Hugh bei seinen Verwaltungsaufgaben als Vermittler behilflich zu sein, bis Hugh wieder genesen war. Er überbrachte Nachrichten von Howel und von allen anderen, die den Rat des Burgherrn ersuchten, und übermittelte wiederum Hughs Entscheidungen.
Ansonsten hatten sie sich die Zeit mit Schach, Würfelspielen und Gesprächen vertrieben. Mittlerweile hatte Willa ihre Schüchternheit in Gegenwart ihres Gemahls abgelegt. Das nicht enden wollende Mitteilungsbedürfnis, auf das Eada angespielt hatte, hatte letzten Endes die Oberhand gewonnen, und so hatte sie Hugh beinahe alles über sich erzählt. Im Gegenzug hatte Willa ihn beharrlich nach seiner Vergangenheit gefragt und war bedrückt gewesen, als sie erfuhr, dass seine Kindheit so einsam wie ihre verlaufen war. Sie hatte das Gefühl, ihm geistig verwandt zu sein.
„Ich weiß aber nicht alles über deine Kindheit“, bohrte er nach.
Willa blickte auf und fühlte sich mit einem Mal verunsichert. „Doch, ich habe dir alles erzählt.“
„Du hast mir zwar alles berichtet, was du erlebt hast, nachdem ihr in die Waldhütte bei Hillcrest gezogen seid“, räumte er ein, „aber über die Zeit auf Claymorgan hast du noch nichts verlauten lassen.“
Willa starrte auf das Schachbrett und schüttelte den Kopf. „Ich war noch sehr jung. Ich kann mich an diese Zeit nicht mehr erinnern“, wich sie aus.
„Wirklich nicht?“ Er nahm ihre Hand und begann mit den Fingern zu spielen.
„Nein“, versicherte Willa ihm und schaute auf die Hände. Sie verfolgte jede Bewegung mit den Augen, als er ihre Hand hob und ihr einen Kuss auf den Handrücken drückte. Dann strich er mit der Zungenspitze über die empfindliche Stelle zwischen Zeige- und Mittelfinger. Ein wohliges Kribbeln durchlief ihre Hand bis hinauf in den Arm.
„Nicht einmal an Luvena?“ erkundigte er sich und berührte dieselbe Stelle wieder
Weitere Kostenlose Bücher