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Wie ich nach Santiago de Compostela ging und ganz woanders ankam

Wie ich nach Santiago de Compostela ging und ganz woanders ankam

Titel: Wie ich nach Santiago de Compostela ging und ganz woanders ankam Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: HanneLore Hallek
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sich tatsächlich besser. „Wahrscheinlich bist du die letzten Tage zu viel und zu schnell gegangen. Bestimmt hilft dir Ruhe und morgen ist es besser. Langsames Gehen passt auch besser zu dir. So wie du angezogen bist und dich gibst erinnerst du mich an die kleinen, grauen Mäuse, die ich früh morgens häufig an den Wegen sehe. Doch mit deinem Rucksack siehst du auch ein bisschen wie eine Schildkröte aus. Und wenn du jetzt so langsam gehst, bist du eine echte ,mouseturtle’.“
    Mauseschildkröte! Süß! Wer heißt schon so? Jetzt lache ich wieder und versuche die Schmerzen zu ignorieren, die werden schon wieder verschwinden. Wir gehen langsam, brauchen lange und sind halbverhungert, als wir endlich nach El Burgo Ranero kommen. Ein kleines Kaff. Und das einzige Restaurant öffnet — wie überall — erst um 20 Uhr. Aber es gibt im einzigen Laden saftigen Thunfisch-Blätterteigkuchen, den wir auf einer Bank am Dorfplatz kleckernd, krümelnd und gackernd verschlingen.
    „Gut, dass ich mit dir gegangen bin, und danke fürs Rucksacktragen Eric.“ „Kein Problem. Und jetzt ruh dich aus, ich sorg dafür, dass wir bald Abendessen bekommen. Wegen morgen mach dir keine Gedanken, ich kümmere mich um dich. Du hast zwar meine Frage nicht beantwortet, doch wenn du magst, begleite ich dich. Ich bin nicht gern allein.“

    Unser Zusammensein hatte mir gut getan, ich tendierte zu Ja. Warum sollte ich reserviert und distanziert bleiben wie sonst? Warum immer denken und planen? Wie leicht es ist Ja zu sagen, und wie gut es sich anfühlte, nicht immer die Kontrolle zu haben, hatte ich heute gespürt.
    Und ich konnte jederzeit wieder allein meiner Wege gehen...
    Doch wer weiß, was morgen sein würde. Jetzt interessierten mich nur noch mein knurrender Magen und mein Bett.

Tendinitis
El Burgo Ranero — Mansillas de las Mulas > 20 km

    Eric, mein Held, was wäre ohne dich aus mir geworden!

    Deprimiert und mutlos hocke ich vor meinem Frühstück. Meine Beine schmerzen nach dieser unruhigen Nacht, kaum konnte ich die Treppe hinuntergehen, jeder Schritt tut weh. Was nun?
    Da erscheint mein Ritter und entscheidet für mich: „Du musst zu einem Arzt. Ich werde dich begleiten und deinen Rucksack tragen. Geh, so weit du es schaffst, aber vielleicht müssen wir bis Mansillas.“ — Nein, das kann ich nicht annehmen. Der Arme kann doch nicht seine Zeit opfern und schon gar nicht zwei Rucksäcke tragen, er kann doch selbst kaum laufen. Es braucht einen Moment, bis ich durchschaue, dass ich den erwachsenen Menschen, der mir Hilfe anbietet, nicht ernst nehme. Und die Realität sehe: Allein kann ich nicht weiter. „Willst du das wirklich auf dich nehmen?“ „Wenn ich’s dir sage! Ich hab schon mal einen ganzen Tag lang zwei Rucksäcke getragen, mach dir um mich keine Sorgen.“ Gut. Ich sage: „Ja gern, Danke für dein Angebot, lass es uns versuchen.“
    20 Kilometer ist Mansillas de las Mulas entfernt. Ob ich das schaffe? Auf dem harten Untergrund des Sandwegs, wo mir bei jedem Schritt ein schneidender Schmerz durch meine Schienbeine sticht? Es muss gehen, langsam und behutsam. Ohne lachen heute, ohne singen, ich beiße die Zähne zusammen, hab’s in den letzten Jahren gelernt. Aber das hilft nicht, ich muss doch stöhnen und jammern. Auch die Notfallschmerztablette wirkt kaum. Ich quäle mich schrecklich.
    „Du bist sehr tapfer und stark und tust mir Leid.“ Danke, Eric. „Versuch’s doch mal mit ,suggestiver Körperteilabspaltung’, das kenn ich vom Tanzen. Konzentriere dich auf einen Teil deines Körpers und ignoriere die Beine, lass sie mechanisch gehen.“ Er fasst meine Hand und drückt sie ganz stark, und ich versuche an nichts anderes als an diesen Druck zu denken, meine Beine zu vergessen und einfach nur zu gehen. „Es funktioniert nicht!“ Ich bin am verzweifeln. „Doch es geht, reiß dich zusammen!“ Eric terrorisiert mich unerbittlich und ich leide, aber er lässt nicht locker und zwingt mich zu Disziplin. Immer weiter, doch die Schmerzen beherrschen mich, höhlen mich aus und machen mich gereizt. Ich möchte allein sein und auch wieder nicht, will weinen und traue mich nicht. Aber ich muss weinen. „Eric, geh bitte vor mir.“ Er soll meine Tränen nicht sehen.
    Verzweifelt senke ich den Kopf, und meine Wahrnehmung reduziert sich auf Erics Füße — meine Beine bewegen sich wie automatisch in seinem ruhigen, gleichförmigen Rhythmus, Schritt für Schritt. Wir sind ein Vierfüßler. Ich bin der hintere Teil

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