Wie Samt auf meiner Haut
morgen erneut versuchen und die Leute weiter ausfragen, bis er
irgendwann die Antworten auf seine Fragen bekam.
Im Inneren
des Stalls konnte er nur den schwachen Schimmer einer Laterne ausmachen. Die
Kerze hinter dem dicken Glas war so heruntergebrannt, daß sie kaum mehr als die
Andeutung einer Flamme lieferte. Nun erst bemerkte er die Konturen von Velvets
Kopf mit dem Häubchen. In der spärlich beleuchteten Box, in der sie wartete,
konnte er trotzdem feuchte Löckchen ihres dunklen Haares erkennen, die sich
unter ihrer Haube hervorringelten. Die anstrengende Arbeit hatte ihren Tribut
gefordert.
»Jason«,
rief sie in die Dunkelheit. »Ich bin hier in der Ecke.« Das hatte er schon
entdeckt. Ebenso, daß ihre vom Küchendunst feuchte Bluse verführerisch ihren
Busen nachzeichnete. Ohne den Reifrock, den sie meist unter ihren Röcken trug,
sah man die natürliche und sehr weibliche Rundung ihrer Hüften, die auf ihn
wie Blütennektar auf Bienen wirkte.
In der Box,
in der sie vor einem abgewetzten Ledersattel stand, blieb er in einiger
Entfernung von ihr stehen, da er sich selbst nicht über den Weg traute. »Nun,
hattest du Glück?«
Sie strich
mit dem Handrücken über ihre schweißnasse Stirn. »Nicht so viel, wie ich
hoffte. Zumindest noch nicht.«
Es wunderte
ihn nicht, dennoch war er ein wenig enttäuscht. »Wir wußten, daß es nicht
einfach sein würde. Morgen versuchen wir es noch einmal.« Sein Blick umfaßte
ihre anliegenden, verschwitzten Kleidungsstücke. Es war un glaublich, aber
schwere Arbeit bekam ihr gut. In diesen einfachen Sachen sah sie so attraktiv
aus, als wäre sie in Samt und Seide gekleidet.
»Ich wollte
sagen, daß ich zwar nicht so viel herausfand, wie ich gewollt hätte, aber
irgend jemand weiß hier etwas«, berichtigte sie sich. »Jemand hat in jener
Nacht etwas gesehen – ich bin meiner Sache ganz sicher. Für die Dienstboten
steht ohne Zweifel fest, daß der Mörder des alten Herzogs nicht sein ältester
Sohn war.«
Jasons Herz
schlug schneller. Er bezwang eine Aufwallung von Erregung. »Glaubst du, du
könntest herausfinden, wer derjenige ist?«
»Früher
oder später gewiß. Ich sagte zur Köchin, daß ich meinen Dienst in Carlyle Hall
erst in einigen Tagen antreten müßte, und sie meinte, sie könnte die
zusätzliche Aushilfe gebrauchen. In ein paar Tagen ...«
Jason sah
sie finster an. »In ein paar Tagen wirst du zurück in London sein. Ich kann
nicht länger als bis übermorgen bleiben, ohne Argwohn zu erregen, und ich werde
dich hier nicht allein lassen.«
Um Velvets
Mund erschien ein entschlossener Zug. »Lächerlich. Das ist die Chance, auf die
wir gewartet haben. Ich werde nicht von hier fortgehen, ehe wir nicht die
Person gefunden haben, die mithelfen kann, dich zu rehabilitieren.«
»Ich sagte,
du würdest mit mir gehen!«
Sie stützte
ihre Hände in die Hüften. »Ich bleibe, bis ich herausgefunden habe, wer von den
Leuten den Mord an deinem Vater mitangesehen hat.«
»Du gehst
mit mir.«
»Ich
bleibe.«
Seine
Kinnladen spannten sich. Die Frau war eine echte Landplage. Aber sie war auch
das aufreizendste kleine Ding, das ihm je
untergekommen war. »Wärest du wirklich meine Frau, ich würde dich verprügeln.«
Sie zog
eine Braue hoch und lächelte herausfordernd. »Das glaube ich nicht.«
Er zog
einen Mundwinkel hoch. »Nein? Wenn ich mich recht erinnere, bist du dieser
falschen Annahme schon einmal aufgesessen.«
Sie errötete
höchst anmutig und rührte sich nicht von der Stelle, von seinen Worten
keineswegs eingeschüchtert. Nun sagte er ganz ernst: »Velvet, du kennst mich
nicht. Würdest du mich kennen, wärest du deiner Sache nicht so sicher.«
Sie sah ihm
lange und wortlos ins Gesicht. »Jason, du irrst dich. Du bist derjenige, der
nicht weiß, wer du bist. Ich weiß, daß du ein guter und edler Mensch bist. Ein
Mann mit Prinzipien. Du bist gütig und anständig ...«
»Das
glaubst du von mir, Velvet? Daß ich ein Mensch mit Prinzipien bin? Gütig und
anständig?«
»Ja.«
Mit
flammendem Blick machte er einen Schritt auf sie zu. In seinen Augen brannte
ein begehrliches Licht, das sie pechschwarz aufglühen ließ. »Wenn du das
glaubst, ist es vielleicht Zeit, daß du entdeckst, wie sehr du dich täuschst.
Und jetzt sage ich dir, an was ich in diesem Moment denke.«
Sie
befeuchtete ihre Lippen, ein wenig nervös, da er nun so gefährlich dicht vor
ihr stand. Doch ihre Neugierde war stärker als irgendwelche Bedenken.
»Ich denke,
daß du
Weitere Kostenlose Bücher