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Wie Tau Auf Meiner Haut

Titel: Wie Tau Auf Meiner Haut Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Linda Howard
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kleine und feine Stiche zu
    nähen.
    Mit der Wahl ihrer Kleidung hatte sie einen Fehler begangen. Baumwolle würde
    erst viel später auf den Markt kommen, und Samt war ein Privileg der
    Königshäuser. Kein Wunder, dass Huwe von ihrem Samtumhang derart
    begeistert gewesen war! Er hatte sie vermutlich für eine ausländische Prinzessin
    gehalten und eine riesige Lösegeldsumme erwartet. Immerhin war ihr
    Baumwollkleid ungebleicht und der Stoff nicht veredelt, so dass sie keinen
    reichen Eindruck machte. Grace kam offensichtlich nicht aus Schottland, aber ihr
    Kleid hatte keinerlei Misstrauen bei Alice oder bei der Waschfrau ausgelöst. Den
    Samtmantel würde sie jedoch weiterhin verbergen. Sie wollte eigentlich
    nachsehen, ob ihre Tasche immer noch sicher versteckt war, beruhigte sich aber,

    dass sie sonst wohl schon lange davon erfahren hätte und es besser wäre,
    keinerlei Aufmerksamkeit zu erregen.
    Tagsüber schulte Niall seine Männer, ging auf die Jagd oder patrouillierte das
    Gelände um die Burg. Falls er mittags auf der Burg essen sollte, so hatte ihn
    Grace jedenfalls nicht gesehen. Sie hörte das Klirren der Schwerter, wollte die
    Männer jedoch nicht beobachten. Seinen halbentblößten, verschwitzten und
    muskulösen Körper zu sehen würde ihr kaum helfen, ihrem Entschluss treu zu
    bleiben.
    Ein solch umfassendes und heftiges Verlangen hatte sie bisher nicht gekannt.
    Obwohl Alice sie den ganzen Tag über beschäftigt hielt, wanderten ihre
    Gedanken doch immer wieder zu der teuflisch erfahrenen Berührung ihres
    Nackens, zu seinen Küssen, zu dem seidigen Gefühl seiner Haare auf ihrem
    Gesicht. Er war einerseits wunderbar wild und ungezähmt, andererseits jedoch
    erstaunlich gebildet. Sie konnte dank ihrer Ausbildung und ihres Wissens in
    seiner Zeit überleben; er aber würde vermutlich auch ohne diese Vorteile, nur
    durch die Stärke seiner Persönlichkeit und der Kraft seines Intellekts in ihrer Zeit
    überleben können.
    Sie versuchte, an Ford zu denken, aber er schien ihr unendlich weit entfernt. Ein
    Jahr war vergangen, in dem sie keines seiner Dinge hatte berühren und Tränen
    darüber vergießen können. Sie hatte sich nicht zugestanden, oft an ihn zu
    denken. Nun aber, da sie an ihn denken sollte, fiel es ihr schwer, sich sein
    Gesicht vor Augen zu führen und sich an seine Stimme zu erinnern.
    Vor ihrer Zeitreise war es ihr leichter gefallen, geradeso, als ob der Zeitabstand
    ihr früheres Leben vernebelte und es ihr wie ein Traum vorkam. Dieses Leben
    hier erschien ihr jetzt ganz und gar wirklich. Niall war eine absolute, lebendige
    Tatsache, vital und dominierend. Jeder auf der Burg fügte sich seinen Wünschen
    und führte auf die kleinste Andeutung hin seine Anordnungen aus.
    Die Männer kamen zum Abendessen zurück und störten die friedliche
    Betriebsamkeit mit ihrer angeberischen Männlichkeit. Man hörte Rufe, Flüche,
    tiefe Stimmen, das Klirren von Schwertern und Schildern, Getrampel,
    Hundegebell und den scharfen Geruch männlichen Schweißes. Als Niall erschien,
    wandten sich ihm alle Köpfe zu. Sich umblickend entdeckte er sofort Grace und
    nickte in Richtung seines Tisches.

    Sie zögerte, aber Alice stieß sie in die Rippen. »Er möchte, dass du bei ihm
    sitzt«, bemerkte die alte Frau, eine Tatsache, die auch so offensichtlich genug
    war. »Am besten, du machst, was er sagt.«
    Grace wollte sich ihm gar nicht widersetzen, aber sie schreckte vor seiner Nähe
    zurück. Denn nach ebendieser Nähe sehnte sie sich auch, und genau darin lag
    die Gefahr. Langsam ging sie durch die Halle auf den gedeckten Haupttisch zu.
    Niall stand erwartungsvoll neben seinem Stuhl.
    Entweder hatte er seinen Kopf in eine Wassertonne gesteckt, oder aber er hatte
    sich die Zeit genommen, seine Haare zu waschen, denn sie fielen ihm nass und
    nach hinten gekämmt über die Schultern. Sein einfaches Leinenhemd war
    sauber, sein Karotuch war um seine schlanke Taille befestigt. Ein Messer steckte
    in seinem Rockbund, ein zweites in seinem rechten Stiefel. Das riesige Schwert
    hing in einer Lederhülle über seinem Rücken. Er nahm es ab und befestigte es
    über der Stuhllehne. Sogar an diesem Ort, in seiner eigenen Halle, trug er seine
    furchterregenden Waffen ständig bei sich.
    Bei genauerem Hinsehen bemerkte Grace, dass ihm dies alle anderen Männer
    nachtaten. Niall hatte sie als gebrochene Männer, als Abtrünnige bezeichnet. Sie
    waren hartgesottene Männer, die ein hartes Leben lebten, aber

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