Wie Tau Auf Meiner Haut
trockener Wein. Sein Gastgeber Bayard
»Skip« Saunders hielt sich selbst für einen ausgesprochenen Weinkenner und
gab sich alle Mühe, Parrish zu beeindrucken, indem er seine besten Flaschen
hervorholte.
Parrish war es gewöhnt, dass Stiftungsmitglieder bei seinem Besuch etwas
unruhig wurden. Er hätte zwar einen guten Champagner oder einen bitteren
Martini, ja sogar einen gut gealterten Bourbon bevorzugt, dennoch zeigte er sich
immer sehr angetan von den Bemühungen seiner Gastgeber.
Skip - ein geradezu lächerlicher Kosename für einen erwachsenen Mann - war
einer der wohlhabendsten und einflussreichsten Stiftungsmitglieder. Er lebte in
Chicago, der eigentliche Grund für Parrishs Besuch. Obwohl Conrad keine weitere
Spur von Grace gefunden hatte, war er sich doch sicher, dass sie nach Chicago
gegangen war. Und Parrish traute dem Killer. Skip Saunders würde ihn in seiner
Suche unterstützen, sowohl logistisch als auch durch seinen Einfluss. Sollte sich
Graces Gefangennahme als zu unangenehm, in anderen Worten als zu öffentlich
gestalten, dann konnte Skip ein paar Worte in dieses oder jenes Ohr flüstern,
und die Sache würde sich ganz einfach in Luft auflösen, als ob sie niemals
existiert hätte. Parrish war von dieser Aussicht sehr angetan.
Wovon er noch mehr angetan wäre, dachte er, als sein Blick sich kurz mit dem
von Saunders Frau Calla traf, wäre ein knapp bemessenes Schäferstündchen mit
der wunderschönen Frau Saunders. Was für eine Trophäe sie doch war, ein
weiterer Beweis für die Verführungskraft von Geld und Macht. Die erste Frau, die
sowohl Saunders jugendliche Kraft als auch seinen jungen Samen erhalten hatte
und ihm zwei über alle Maßen verwöhnte Kinder geboren hatte, war jetzt leider
schon an die Fünfzig und nicht mehr jung und anziehend genug, um sein Ego zu
befriedigen. Parrish hatte die Bekanntschaft der ersten Frau von Saunders
gemacht, als sie noch Frau Saunders war, und war von ihrem sprühenden Witz
und Verstand begeistert gewesen. Bei langweiligen sozialen Verpflichtungen
hätte er sie jeder anderen als Tischdame an seiner Seite vorgezogen. Wenn sich
die Position allerdings unter ihm verlagerte, dann würde er ganz eindeutig die
wunderschöne Calla vorziehen. Saunders war ein Dumpfkopf. Er hätte die erste
Frau als guten Kumpel behalten und Calla nebenbei genießen sollen. Aber
Männer, die sich von ihren Trieben leiten ließen, fällten eben oft unkluge
Entscheidungen.
Calla war wirklich sehr verführerisch. Parrishs Umgangsformen waren viel zu
formvollendet, als dass er sie offen angestarrt hätte, aber jeder Blick maß sie
doch eingehend. Sie war ungefähr ein Meter siebzig, gertenschlank und perfekt
mit einem schlichten, dunkelblauen Schlauchkleid angezogen, das jede ihrer mit
Silikon unterstützten Kurven und fettabgesaugten Rundungen abzeichnete und
genügend nackte Haut zeigte, um darauf ihre vielen Diamanten und Saphire zur
Schau zu tragen. Sie war eine auffallende Frau mit einem goldenen Teint und
großen, hellblauen Augen. Was ihn aber am meisten faszinierte, war ihr langes,
glatt den Rücken hinunterhängendes Haar. Die Frau war schlau. Sie wusste, dass
ihre Haare, die sich jeder ihrer Bewegungen anpassten, Männer magnetisch
anzogen. Sie waren zwar nicht ganz so lang wie die von Grace, dachte er
beiläufig, noch waren sie so dunkel, aber immerhin...
Sie war größer und schlanker als Grace. Vermutlich war sie seit ihrem achten
Lebensjahr nicht mehr vor Scham errötet, denn ihr Blick hatte nichts von der
Unschuld und der Vertrauensseligkeit von Grace. Ihre Lippen waren zwar nicht
schmal, aber sie hatten auch nicht die unbewusste Sinnlichkeit von Graces
Lippen. Ihre Haare jedoch... er wollte seine Faust in diese Haare winden und sie
festhalten, während er sie benutzte. Er würde die Augen schließen und sich
einbilden, sie sei kleiner, weicher und ihr Haar in seiner Hand wäre dick und
samtig wie das eines dunklen Nerzes.
Später vielleicht, dachte er und warf ihr einen ausdauernden, kühlen Blick zu,
von dem er annehmen durfte, dass sie ihn nicht missverstand. Eine ihrer elegant
geschwungenen Augenbrauen schob sich nach oben, als sie seine Absicht
registrierte. Ihre Lippen lächelten sowohl verführerisch als auch zufrieden.
Wieder einmal hatte sie den mächtigsten Mann in der Arena anzuziehen
vermocht, was sie offensichtlich befriedigte.
Nachdem er diese Nebensächlichkeit geregelt hatte, wandte sich
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