Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Wie viel kann eine Frau ertragen

Wie viel kann eine Frau ertragen

Titel: Wie viel kann eine Frau ertragen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anni Schwarz
Vom Netzwerk:
Wie immer hatte ich auch jetzt Angst, etwas gegen meinen Vater zu sagen.
     
    So ging ich zu dieser Aussiedlerschule und mein jüngerer Bruder Waldemar auch.
    Da ich in Estland die neunte Klasse beendet hatte, konnte ich in der Aussiedlerschule mehrere Klassen überspringen. An dieser Schule war ich drei lange Jahre. Mit neunzehn Jahren ging ich von der Schule ab. Ich war die Beste in unserer Klasse, mit einer 1,9-Durchschnittsnote. Für meine Leistungen wurde ich ausgezeichnet mit einem sehr guten Buch. Die Besten aus jeder Klasse wurden ausgezeichnet. Das hat unser Rektor jedem Einzelnen überreicht, mit persönlichen Wünschen für den besten Schüler. Ich war so stolz auf mich! Meine Anerkennung habe ich mir mit meinen Leistungen geholt. Mein Ehrgeiz war mein Begleiter, mein Leben lang.
     
    Aber bevor ich die Schule verlassen sollte, hat unser Rektor mit mir gesprochen. Er sagte zu mir, dass ich noch die zehnte Klasse machen sollte bei diesem Durchschnitt, dann hätte ich meinen Realschulabschluss. Aber mein Vater hatte beschlossen, ich war damals neunzehn Jahre jung, dass ich Näherin werden sollte, weil ich ja sowieso heiraten und Kinder bekommen würde. Bei diesen „Voraussetzungen“, da muss doch die Frau nähen können. Ja, auch hier hat er über mein Leben bestimmt, ohne mit mir zu reden, nur weil er meinte, dass es für mich das Beste war. Dass mir mein Realschulabschluss irgendwann fehlen und ich es bereuen würde, ihn nicht gemacht zu haben, war mir damals noch nicht klar. Aber 1992 würde es mir sehr klar werden.
     
    Meine beiden Brüder sind dann nach Krefeld gefahren zu den Sprachkursen. Sie kamen dann zwischendurch auch mal nach Hause. Die Sprachkurse haben Rudi und Jakob sechs Monate lang besucht.
     
     
     
     

Unvergessliche Erlebnisse
     
     
    Unsere Stiefmutter war mit ihren Kindern zu Hause. Morgens ist sie mit unserem Vater nicht aufgestanden, geschweige denn mit uns. Aber wir waren ja auch nicht mehr klein. Es gab kaum warmes Essen, wenn wir von der Schule nach Hause kamen. Es gab fast immer mittags Brot mit Bierwurst. Oh Mann, irgendwann konnte ich es nicht mehr riechen. Gekocht wurde immer nur abends, weil mein Vater dann zu Hause war.
    Sehr oft musste ich auch Essen kochen, obwohl sie zu Hause war. Wir haben noch immer unsere Nudeln selbst gemacht, Teig für Pelemenis (so ähnlich wie Tortellini) mit Hackfleisch gefüllt, für alle anderen Teiggerichte musste immer ich den Teig machen.
     
    Eines Nachmittags musste ich wieder das Essen kochen. Es sollten Pelemenis zum Abendbrot sein. Ich kam von der Schule um ca. 13:30 Uhr nach Hause. Mittags gab es wie immer nur Brot mit Bierwurst oder Fleischwurst. Nach dem Mittagessen musste ich das Geschirr spülen, Hausaufgaben machen und danach Abendbrot kochen. Ich war so sauer, dass ich wieder den Teig machen sollte, Hackfleisch zubereiten und das ganz alleine. Meine Stiefmutter hat sich nur mit ihren Töchtern beschäftigt. Das habe ich mir nicht gefallen lassen und habe ihr meine Meinung gesagt. Ich habe zu ihr gesagt, dass ich es nicht in Ordnung finde, dass ich immer alleine kochen muss und sie mir dabei nicht hilft. Sie wäre ja zu Hause und könnte schon damit anfangen. Aber es war ihr so was von egal, sie sagte nur zu mir, dass mich keiner haben will, weil ich meckern würde und so wie ich bin. Und noch mal wörtlich: „Wer wird dich lecken!“ Ich fing zu weinen an und sagte dann zu ihr, dass wenn unser Vater nicht in dieses Dorf gefahren wäre und sie geheiratet hätte, würde sie noch immer in dem Dorf sitzen. Plötzlich stand mein Vater in der Tür. Er hatte es mitgekriegt, dass wir Stress hatten, und fragte, warum. Dann habe ich zu ihm gesagt: „Warum sagt sie zu mir, wer mich lecken wird!“ Oh Gott, ich war doch erst siebzehn Jahre jung. Danach bin ich in mein Zimmer und habe mich ausgeheult. In solchen Momenten fehlte mir meine Mutter.
    Mein Vater hat mit der Stiefmutter gesprochen, ich weiß auch nicht, was er zu ihr gesagt hat. Aber da sie ja die Hosen anhatte, hat es wohl auch nicht viel gebracht. Wenn es um die Arbeit im Haushalt ging, hat sie sich immer auf ihre Töchter bezogen, dass sie sie brauchen würden. So konnte sie sich immer aus der „Affäre“ ziehen.
    Später musste ich trotzdem alleine unser Abendbrot machen.
     
    An ein Erlebnis in der Schule kann ich mich auch sehr gut erinnern. Und schon wieder hatte ich meine Tage und musste damit zur Schule. Die anderen Mädchen hatten ihre Binden und ich musste

Weitere Kostenlose Bücher