Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Wie viel Mensch braucht ein Hund: Tierisch menschliche Geschichten (German Edition)

Wie viel Mensch braucht ein Hund: Tierisch menschliche Geschichten (German Edition)

Titel: Wie viel Mensch braucht ein Hund: Tierisch menschliche Geschichten (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Maike Maja Nowak
Vom Netzwerk:
Wiederholung eines Reizes, die das Belohnungssystem eines Hundes anspricht und eine Sucht auslöst. Auch ich selbst habe durch das wiederholte Werfen eines Stockes bei meinem Bordercollie-Mix, Mitja, eine Sucht ausgelöst und musste ihn dann wieder ›trockenlegen‹. Die Natur hätte niemals dafür gesorgt, dass regelmäßig Stöcke auf eine Wasseroberfläche fliegen.«
    »Ich habe in Bezug auf Hunde ehrlich gesagt eine andere Meinung.« Sie verschränkt die Arme noch fester vor der Brust.
    »Welche?«, frage ich.
    »Also ich finde schon, dass Wilson auf mich hört, wenn er hier die ganze Zeit im ›Platz‹ bleibt. Und dass er das nicht tut, weil er den Kong haben will.«
    »Wir können das ganz einfach herausfinden, wenn Sie wollen«, schlage ich vor, um aus der Diskussion herauszutreten, die sich im Kreis dreht.
    Die Frau zuckt mit den Schultern.
    »Ich möchte Sie dabei weder vorführen noch Recht haben. Es wäre einfach spannend zu sehen, wie Wilson sich tatsächlich verhält, wenn Sie nach da drüben gehen«, ich zeige auf einen Baum in fünfzig Meter Entfernung, »und Wilson dann rufen. Ich würde dabei den Kong in die andere Richtung werfen.«
    Die Frau blickt konzentriert auf den Boden, bevor sie sagt: »Aber ich belohne ihn ja sonst damit. Natürlich will er ihn haben und wird hinlaufen.« Sie beißt sich auf die Lippen, und ihr Ton ist ärgerlich geworden.
    »Frau L., Sie haben doch ganz sicher einen Grund gehabt, zu mir zu kommen, obwohl Sie wussten, dass ich anders an die Dinge herangehe als Sie selbst. Ich freue mich darüber, doch Sie müssten mir auch die Gelegenheit dazu geben zu zeigen, wie ich vorgehe. Danach bleibt es ganz Ihnen überlassen, ob und was Sie davon verwenden. Sie meinten ja, Wilon würde auf Sie hören, Kong hin oder her.«
    Sie atmet tief aus. »Da haben Sie allerdings Recht. Als ich einer Kollegin davon erzählte, dass ich zu Ihnen gehe, sagte sie, ich solle nur keinem anderen von der Dienststelle erzählen, dass ich Beratung bei einer suche, die ohne Kommandos arbeitet und ›Bscht‹ macht. Bei uns sind nämlich alle davon überzeugt, dass man so vielleicht bei anderen Rassen Erfolg hat, aber eben nicht bei triebstarken Schäferhunden oder Riesenschnauzern, die wir auch haben.« Sie lacht jetzt, offenbar erleichtert darüber, das losgeworden zu sein.
    »Wie schön, dass Sie dennoch gekommen sind«, sage ich ehrlich erfreut. Die verschränkten Arme der Frau lösen sich.
    »Ich brauche nicht loszugehen, wenn Sie den Kong werfen, geht er hinterher«, gibt sie plötzlich unumwunden zu.
    »Darf ich Ihnen einmal mit Wilson zeigen, was ich unter Führung und Gehorsam verstehe?«
    »Bitte.« Die Frau wirkt jetzt ehrlich interessiert, als sie einen Schritt zurücktritt und mir mit einer Handbewegung den Raum freigibt. Ich nehme den Kong in die Hand und lasse ihn über den Boden kollern. Wilson schießt blitzschnell nach vorn, um ihn zu fassen. »Ssssst.«
    Da ich mit seiner Reaktion gerechnet habe, steht mein Fuß bereits vor dem Kong. Wilson legt sich davor, um ihn zu belauern. Ich gehe mit einem dynamischen Schritt auf ihn zu, um mehr Raum für mich zu fordern. Er weicht überrascht zurück und sieht mich stark hechelnd und weiter zitternd an. Ich atme tief aus. Wenn die Erregung eines Hundes so groß ist wie bei Wilson, muss ich sie regelrecht abatmen, damit sie nicht auch in mich hineinschwappt.
    »Wenn Sie ›Aus‹ rufen, geht er auch nicht mehr dran«, sagt die Frau im Hintergrund. Ich hebe meine Hand in ihre Richtung, weil ich Ruhe brauche und ihr jetzt nicht erklären kann, dass Wilson in einem solchen Fall den Kong zwar nicht aufnimmt, aber dabei wieder nur einen erlernten Befehl ausführt und weiter Suchtdruck empfinden würde.
    Der Hund steht nun fiepend vor mir, und es kostet ihn äußerste Anstrengung, nicht an den Kong zu gehen.
    »Schhhhhhhh.« Ich stupse das Spielzeug mit dem Fuß weiter. Wilson reißt es herum in die Richtung des Kongs. Ich springe vor ihn und blocke ihn von vorn, um den Raum zwischen Wilson und dem Kong in Anspruch zu nehmen. Er setzt sich und blickt mich mit angelegten Ohren an.
    »Guter Junge«, brumme ich mit ruhiger Stimme und trete einen Schritt von ihm zurück, um die Spannung herauszunehmen und keinen Druck entstehen zu lassen. Ich will ihn nicht bedrängen, sondern nur korrigieren.
    Wilson bewegt die Augen, um seinen Blick wieder auf den Kong zu richten. »Schhhh«, stoppe ich ihn mit sanfter Bestimmtheit, denn er ist selbst mit seiner Sucht

Weitere Kostenlose Bücher